nachruf auf dublin III oder auf schengen?

foto bernhard jenny cc licence by nc sa

zwei abkommen liegen in den letzten zügen. im wahrsten sinne des wortes. die nächsten tage werden es zeigen, welcher geist überlebt.

dublin III ist zumindest in einer heutigen VWGH urteil in bezug auf ungarn obsolet. jetzt wäre dringenst gebot der stunde, sich generell von diesem unmöglichen abkommen zu verabschieden, das die betroffenen entmündigt, in schubhaft bringt und kriminalisiert.

schengen ist seit gestern nacht an manchen grenzen ausser kraft gesetzt. während ungarn sich endgültig hinter einem neuen eisernen zaun verschanzt, hat nun deutschland nach fast zwei wochen offenheit einen riegel vorgeschoben, der in umgehend auftretender deutlichkeit zeigt, wie sehr ein solches absperren der vision eines offenen europa widerspricht.

sollte schengen sterben, ist die vision europa tot. das geld wird sich auch andere wege suchen können, da sind offene grenzen längst kein thema mehr, aber für menschen wird es dann wieder einmal eng.

europa kann nur als gesamtheit gedacht werden. europa kann nur als gesamtheit funktionieren. viele einzelstaaten würden zwar die jeweiligen nationalistischen triebe befriedigen können, aber auf kosten einer modernen, offenen gesellschaft. und auf kosten von tausenden toten, sei es in booten, auf offenem meer, auf dem landweg, in luftdichten kastenwägen.

es geht um viel mehr als um die flüchtenden menschen, deren versorgung und unterbringung. es geht darum, ob europa wegen ein paar menschen mehr scheitern muss. zur relation: die EU hat rund 507 millionen einwohner_innen, wieviele willkommene sind für 507 millionen eine überforderung?

heute hat sich europa über die verteilung von 40000 menschen geeinigt. abgesehen davon, dass die quotenverteilung auch wieder ein unsinn ist, ist diese relation eine realitätsfremde schande.

die nächsten tage und wochen werden entscheidend.
brauchen wir einen
nachruf auf dublin III oder auf schengen?

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abschiebung eines aktiven helfers ist nur mehr eine frage von stunden.

bernhard jenny

es ist eine unfassbare geschichte. und eine eilige dazu. das unfassbare: ein junger mann, der in den „zelten“ in der salzburger alpenstrasse als asylwerber lebt, einer, der in den letzten tagen und nächten auf dem salzburger hauptbahnhof tatkräftig mitgeholfen hat, in dem er die wichtigen informationen den aus ungarn eintreffenden menschen via megafon in ihrer sprache bekanntgab, ist nun plötzlich selbst von der (rück)abschiebung bedroht!

aufgrund des dublin-abkommens soll er nach ungarn zurückgeschoben werden. der bescheid ist scheinbar schon ausgestellt. er, der in den letzten tagen vielen hunderten menschen dabei geholfen hat, vertrauen zu haben, ihnen zugesprochen hat, angst abzubauen und zuversichtlich einige stunden auf die weiterreise nach deutschland zu warten, soll nun ausgerechnet selbst das gegenteil erfahren? das ist zynismus pur. der österreichische staat will ihm keinen aufenthalt gewähren, er soll nach ungarn zurück!

eilig ist die sache deshalb, weil die berühmte betreiberfirma ors.ch in fällen, wo der bescheid ausgestellt ist, die betreffenden asylwerber auf anforderung durch die polizei an diese übergibt und dann erfolgt die abschiebung.

das kann heute nacht oder morgen früh passieren, wenn nicht umgehend deutlicher widerstand gegen diese vorgangsweise entsteht. landesrätin martina berthold, der landeshauptmann wilfried haslauer aber auch alle anderen politisch verantwortlichen sind – unabhängig der offiziellen zuständigkeiten – nun dringend gebeten, gegen diesen wahnsinn aufzustehen und klartext zu sprechen: es kann nicht sein, dass wir einerseits tausende menschen durch österreich schleusen und nach deutschland weiterreisen lassen, während andere zurückgeschoben werden sollen, nur weil sie es geschafft haben, sich ein paar tage früher durchzuschlagen.

in diesen tagen wurden lobeshymnen für alljene gesungen, geschrieben und verbreitet, die sich ehrenamtlich für die flüchtenden menschen engagiert und tatkräftig geholfen hatten. nun soll einer der helfer dennoch abgeschoben werden? das wäre eine schande für unser land.

schluss mit dem dublin-wahnsinn. schluss mit rückabschiebungen!

wie gesagt es eilt.
abschiebung eines aktiven helfers ist nur mehr eine frage von stunden.

UPDATE 10.9.2015 16:45

der betreffende ist noch in salzburg und eine rechtsanwältin wird die betreuung übernehmen, nachdem sie gestern in der nacht noch schnell die unterlagen einer erstbegutachtung unterzogen hat. wir hoffen, dass es bald wieder sicherheit für ihn gibt! das ist die positive nachricht. danke für die vielen nachfragen!

allerdings musste ich im zuge der recherchen feststellen, dass es nicht um einen einzelnen geht, sondern dass mehrere personen von der rückabschiebung bedroht sind. diese muss POLITISCH verhindert werden!

niemand soll irgendwohin abgeschoben werden!!!

UPDATE: die willkommenen in alberschwende können nicht mehr abgeschoben werden!

screenshot orf alberschwende

die solidarität der alberschwender bevölkerung hat sich ausgezahlt! jene willkommenen*), die akut von der abschiebung bedroht waren, haben nun die sechmonatige frist für abschiebungen nach dublin III überwunden und können daher nun einen rechtsgültigen asylantrag in österreich stellen! das ist ein erfolg für die menschlichkeit! eine engagierte övp-bürgermeisterin stellte sich gemeinsam mit der bevölkerung gegen die grauslichkeiten ihrer parteikollegin. das muss hier nochmals deutlich gesagt werden!

wir erinnern uns:
https://bernhardjenny.wordpress.com/2015/05/13/wir-brauchen-viele-alberschwende/

es gilt weiterhin:

nur eine verhinderte abschiebung ist eine gute!

*) wir sagen willkommene statt flüchtlinge
https://bernhardjenny.wordpress.com/2015/06/17/fluchtlinge-abschaffen/

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foto: screenshot orf

dieses update wurde heute auch auf fischundfleisch.com publiziert und ist auch dort aufrufbar.

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