„die grünen sind an allem schuld“

zuerst vergrausigen sie den pilz, dann schaffen sie es nicht einmal ins parlament, jetzt geht van der bellen nichteinmal gegen einen menschenrechtsverachter als höchstrichter vor und nun marschiert noch eva glawischnig ins management des glückspielkonzerns novomatic.

da sieht mensch wie weit es die grünen gebracht haben.

solche reaktionen sind verständlich und spontan, aber sind sie auch gerechtfertigt?

es ist mit sicherheit eine schwere belastung, welche die grünen durch solche entwicklungen aushalten müssen, denn die öffentliche meinung reflektiert nicht, sie reagiert spontan und sensationslüstern.

bei genauerer betrachtung steht fest: weder alexander van der bellen noch eva glawischnig treffen ihre entscheidungen gemeinsam mit den grünen, beide handeln für sich selbst verantwortlich.

daher sind es keine grünen verantwortungen, die hier zur rechenschaft gezogen werden müssen, sondern die jeweiligen personen.

van der bellen muss sich die frage gefallen lassen, wie er es verantworten kann, dass ein rechter burschenschafter, der das menschenrecht verhöhnt, nun höchstrichter werden soll. eine solche verantwortung ist weittragend, der auftrag der vielen wähler*innen war mit sicherheit ein gänzlich anderer.

glawischnig muss sich ebenso fragen gefallen lassen. wie passt der neue job in ein weltbild, welches sie bis dato zumindest nach aussen vertreten hat? klarerweise zahlt ein glückspielkonzern einer ehemaligen grünen liebend gerne höchstgagen, wenn dadurch ein stück reinwaschung erkauft werden kann. das hat logik, ist aber längst nicht moralisch.

dramatisch. beide persönlichen entscheidungen sind aufs schärfste zu hinterfragen!
aber es sind keine grünen entscheidungen.
jene, die weiterhin ernsthafte grüne politik betreiben, haben es jetzt leider zumindest nicht leichter.

aber es wäre fatal, die geschichte unverantwortlich zu verkürzen:
„die grünen sind an allem schuld“

die majestätsbeleidigung wird bestraft

und damit mutiert eine bewegung endgültig zur altpartei. alt ausgesehen hat so manches vorher schon, aber jetzt wurde es zementiert. sicher mit organisch-biologisch verträglichem zement. aber nicht minder beton.

fortschrittliche, moderne communities, so wie die jungen es sich vorstellen – mit aller dynamik und viel freigeist – sind einer bundespartei im weg. das mag logisch klingen, ist aber der direkte weg in den abgrund. time over.

wer es nicht schafft, kritik – berechtigte oder auch unberechtigte – als chance zu begreifen, wer grantig und genervt reagiert und die machtkarte ausspielt, wer mehrere tausend junger „green minded“ menschen rauswirft, mag sich für die nächsten tage und wochen in sicherheit wiegen.

aber jedes bauwerk ist nur dann tragfähig, wenn es entsprechend bewegungselastisch und flexibel ist. starre systeme krachen im nu.

der sturm im grünen teich hat vorerst nicht die dynamik erreicht, die bei der spö werner faymann gehen hat lassen und christian kern geholt hat.

der sturm im grünen teich ist abgesagt. oder zumindest ist der deckel drauf. da entsteht druck. und unter druck muss wasser noch heisser als 100 grad werden um zu kochen. dafür ist alles schneller durch. wir werden sehen.

der reflex der macht hat vorerst funktioniert
die majestätsbeleidigung wird bestraft

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ps. auf mehrfachen wunsch hier der anlass (aus derStandard.at) zu diesem artikel zum nachlesen.

pps. danke walter f. für den hinweis, dass das ursprüngliche bild, wasser würde unter druck früher kochen, falsch war. dabei war physik ein lieblingsfach. aber lang ist´s her. 😉

jetzt: green new deal!

bei der wahl in graz ist für die grünen einiges nicht so gelaufen, wie erwartet. dabei bekommt vermutlich ausgerechnet eine junge spitzenkandidatin die folgen eines versäumnisses ab, für das sie nichts kann.

das versäumnis ist eines auf bundesebene. was faymann für die spö war, ist längst glawischnig für die grünen. sie müsste einsehen, dass die erfolge rund um van der bellen keine grünen erfolge waren, keine wegen ihrer funktion als bundesparteichefin, sondern wohl eher trotzdem.

die grünen bräuchten eine junge „kernige“ spitzenkandidatin, eine runderneuerung der partei, die seit langer zeit mehr und mehr erstarrt und sich krampfhaft an alten stehsätzen festhält. die bisherigen alibiaktionen im parteiumfeld von eva glawischnig können nicht davon ablenken, dass die eigentliche schwachstelle die vorderste spitze ist.

wann hat eine aussage der bundesgrünen oder von glawischnig persönlich irgend jemanden positiv „überrascht“, wann ist eine grüne position unerwartet frisch und dynamisch gewesen? oder waren die inhalte von statements und pressekonferenzen eigentlich schon längst vorhersehbar. copypaste als täglich grüssendes grünes murmeltier?

die grünen müssen auf bundesebene aus dem eck einer verkopften boboclique raus, sie müssen sich wieder mal was trauen. sie sollten frech und fröhlich agieren. wieviele stimmen sind nun wirklich mit „bio macht schön“ zu gewinnen, in zeiten, wo die probleme der menschen ganz andere sind?

faymann hat es auch gut gemeint, aber er war das symbol für erstarrung und stillstand.
glawischnig geht es da nicht anders.

wenn jetzt die grazer zeichen nicht erkannt werden, wird es auf bundesebene noch viel dramatischer werden.

oder unsentimental: wenn kein glaubhafter neuanfang in grün passiert, dann werden eben andere gruppen und listen entstehen. vielleicht nicht die schlechteste variante. aber wer das grüne bewegungspotenzial nicht vernachlässigen will, muss jetzt veränderung ermöglichen.

jetzt: green new deal!

richtungsstreit? sicher nicht!

in den letzten tagen war mehrfach von einem richtungsstreit die rede. richtungsstreit. bei den grünen. wirklich?

peter pilz forderte – wirklich nicht zum ersten mal – den gang hinaus zu den stammtischen. genervt reagiert eva glawischnig auf diesen vorschlag. „verzichtbar“, „total retro“, „extrem arrogant“ und „linken populismus brauchen wir nicht“.

in einer reaktion sagte glawischnig über pilz: „er hat gar nicht mitgekriegt, was sich in der partei abspielt.“ so dürfte es aber vielen gehen.

während sich auf vielen gemeinde- und manchen landesebenen da und dort nachvollziehbare prozesse und entwicklungen ereignen, scheint die bundesebene ziemlich abgehoben zu agieren. wenn eva glawischnig meint, dass der „erfolg von van der bellen auch für die grünen eine riesenchance“ sei, so könnte auch genau das gegenteil der fall sein: denn der erfolg von van der bellen ist sicher nicht ein erfolg einer tollen performance der bundespartei.

für van der bellen sind menschen aktiv wahlwerbend gelaufen, haben menschen agiert und geworben, die (auch innerhalb der grünen) sonst kaum so mobilisert worden wären, wenn es um die bundesgrünen gegangen wäre. ja, viele, sehr viele grüne haben sich für vdb engagiert, manche von ihnen in einem ausmass, welches bei bundeswahlkämpfen nicht unbedingt so gegeben sein muss. ausserdem sind eben nicht nur die grünen für vdb gelaufen. wer jetzt die stimmen für vdb als bestätigung der bundesgrünen verbuchen will, begeht einen schweren denkfehler.

die reaktion glawischnigs auf peter pilz könnte präpotent und uneinsichtig aufgefasst werden.

zugegeben, die wahl von vdb zeigt, dass eine weltoffene gesellschaft mehrheitsfähiges ziel ist. aber zwei dinge dürfen nicht vergessen werden:

  1. viele, die vdb gewählt haben, werden naturgemäss zu ihren althergebrachten oder kürzlich entstandenen politischen verortungen zurückkehren: von spö bis neos, von griss bis nichtwähler_innen. manche haben vdb trotz und nicht wegen seiner grünen wurzeln gewählt!
  2. wer in so manchen (nicht allen) frustwähler_innen – insbesondere unter den jungen wähler_innen – die aus einem wie immer gearteten protestdenken heraus den rechtsextremen burschenschafter gewählt haben, kein potential erkennt, mit ihnen gleich gar nicht sprechen will und ihnen kein angebot machen will, hat sich von der poltischen zukunft verabschiedet.

peter pilz ist nicht neu in der grünen landschaft. aber wer seinen aufruf salopp als „total retro“ abkanzelt, sieht selbst sehr alt aus. pilz hat ein gespür für das, was jetzt dringend angesagt wäre: eine klare positionierung, eine ausrichtung in eine moderne politik, die auch ausserhalb der grünen bezirke wiens und ausserhalb klassischer parteistrukturen noch verstanden wird.

wer kann ein, zwei entscheidende neuentwicklungen, bahnbrechende vorschläge oder wirklich neue ideen im bereich der bundesgrünen schnell aufzählen?

viel zu lange schon kommen die bundesgrünen ohne tiefgreifende erneuerung aus. es war klug, diese diskussion nicht im bp-wahlkampf zu führen. aber jetzt, nach einem jahr der erzwungenen stagnation ist eine standortbestimmung lebensnotwendig. sonst werden sich zumindest die grünen noch wundern, was nicht geht. viele junge grüne wären jetzt sicher bereit, aktiv zu werden. vielen wäre auch der weg hinaus aus der blase kein problem. und eine aktualisierte positionierung schon gar nicht.

für einen richtungsstreit müssten erst einmal eine, zwei oder fünf richtungen definiert sein, um dann infolge abzuwägen, welche zu verfolgen sind, welche nicht. mit schwammigkeit werden keine wahlen gewonnen werden. klare positionierungen sind die veraussetzung, damit überhaupt ein richtungsstreit stattfinden kann. unterbleiben diese auch weiterhin, wird also auch in zukunft ohne echte erneuerung weiter verwaltet, dann wird es auch weiterhin heissen:

richtungsstreit? sicher nicht!

#hassposting ist #hassposting – nicht für die grünen?

albert steinhauser und eva glawischnig präsentierten gestern ihre vorschläge für die erleichterung von prozessen gegen hasspostings. dagegen wird – angesichts des zunehmenden auftretens von enthemmten hasstiraden und gefährlichen drohungen in den diversen plattformen und foren – niemand etwas haben können. der vorschlag, den schutz gegen solche übergriffe auszudehnen ist also nur vernünftig.

allerdings ist – aus wirklich unerklärlichen gründen – meiner meinung nach der vorschlag der grünen ein schwerer supergau. denn allein schon, dass der vorschlag „schutzwürdige gruppen“ sieht, lässt die umgehende frage aufkommen, wer denn zu einer „nicht schutzwürdigen gruppe“ gehören soll.

die idee, in schweren beleidigungen und drohungen schneller als bisher einen gesetzlich vorgesehenen anlass für rechtliche verfolgung zu sehen, ist mit sicherheit richtig. absolut nicht nachvollziehbar ist, warum diese gesetzesnovelle nur für „frauen, lgbtq-personen oder ethnische minderheiten“ gelten soll.

der standard schrieb darüber:

Ein weißer, heterosexueller Österreicher, dem jemand den Tod wünscht, erhält diese Möglichkeit vorerst nicht – es sei denn er wird wegen seiner Heterosexualität attackiert. (…) Der Grund dafür, diesen Paragrafen auf geschützte Gruppen zu beschränken, liegt darin, dass diese am öftesten Opfer von Hasspostings werden.

es stimmt mit sicherheit, dass frauen im netz viel öfter ziel von hasspostings sind, als männer. was aber de facto ohnehin dazu führt, dass selbst bei einem für alle von hasspostings betroffenen in gleicher weise geltenden recht eben auch entsprechend mehr gesetzliche inanspruchnahme der neuen schutzbestimmungen durch frauen passieren würde.

die logik, dass besonders häufig angegriffene zielgruppen anders als die anderen geschützt werden müssen, ist fatal. genauso könnte jemand auf die idee kommen, die entführung reicher menschen härter zu bestrafen, als eine von armen. letztere werden nur sehr selten entführt. oder die beleidigung von menschen über 85 weniger schlimm einzustufen, denn viel häufiger werden menschen jüngeren alters beleidigt.

ich habe jedenfalls den aufruf der vier journalistinnen corinna milborn, ingrid thurnher, barbara kaufmann und hanna herbst im juni via falter niemals so verstanden, dass sie zwischen besonders schlimmen hasspostings gegen journalistinnen im unterschied zu harmloseren gegen andere menschen unterscheiden. es war viel eher der aufschrei gegen hass und sexualisierte gewalt und eben der deutliche hinweis, dass sich diese übergriffe gegen frauen, die öffentlich auftreten, besonders häufen. dieser auftritt war nicht nur wichtig, sondern hoffentlich auch entsprechend mobilisierend.

der vorschlag der grünen aber baut in sachen hasspostings eine 2klassen gesellschaft auf. es kann niemals im sinne einer gleichstellung sein, dass jemand – selbst wenn er ein weisser mann ist – ein hassposting eher hinnehmen soll, als andere.

muss wirklich erst ein homophober kontext, ein antisemitischer oder frauenfeindlicher zusammenhang  nachgewiesen werden, damit eine drohung mit dem tod als besonders schlimm gelten darf?

„ihr werdet alle noch auf hohen laternen hängen, wenn wir die macht haben“

diesen satz sollte ich mir also eher gefallen lassen, weil der hassposter es unterlassen hat, explizit „du schwuchtel“, „du judenschwein“ oder sonst was in das schema passendes dranzuhängen?

ist eine selektion in rechtlichen möglichkeiten, sich gegen hasspostings zu wehren, vertretbar? oder ist selektion nicht viel mehr der beginn allen übels?

eine morddrohung bleibt eine morddrohung.
egal wem gegenüber sie ausgesprochen wird.

#hassposting ist #hassposting – nicht für die grünen?

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bild: bernhard jenny cc by

liebe kinder. seids brav, sonst schmeiss ich euch raus.

lammlola creative commons foto:acidpix

liebe kinder. damit ihr es nur wisst. ihr dürfts nicht garstige sachen sagen. und wenn ihr jemannfrau kennt, der/die/das einen mistkübel umgeworfen hat, dann müsst ihr den/die/das bei euren freundInnen und helferInnen melden. seids brav. sonst schmeiss ich euch raus.

was? platzverbot? ja das ist schnee von gestern. das interessiert jetzt keinen mehr. nein liebe kinder. nocheinmal: ihr dürfts keine garstigen sachen sagen. und wenn ihr jemannfrau kennt, der/die/das was garstiges gesagt hat, oder vorhat, dass er/sie/es was garstiges sagen will, dann müsst ihr den/die/das bei euren freundInnen und helferInnen melden. seids brav. sonst schmeiss ich wirklich raus.

was? journalistInnen durften nicht selbst entscheiden wo sie hingehen? dazu sag ich jetzt nichts. nein liebe kinder. nocheinmal: ihr dürfts keine garstigen sachen sagen. und wenn ihr jemannfrau kennt, der/die/das einen stinkefinger gezeigt hat, oder zuviel schals getragen hat, dann müsst ihr den/die/das bei euren freundInnen und helferInnen melden. seids brav. sonst schmeiss ich echt aber ehrlich raus.

was? „hass“ habt ihr gesagt? pfui. das darf manfrau nicht sagen. nein, auch wenn es nazis sind. die müssen wir auch lieb haben. die wollen doch eh nur ein bisserl spielen mit ihren säbeln. die haben ja sonst keinen einfluss. den hab schon ich. ich hab viiiiieeeeel mehr einfluss. das könnt ihr euch merken, liebe kinder.

was? schluss jetzt. ich sag jetzt nichts mehr. hauptsache alles ist grün und brav. pürstl hin, strache her. wir sind zu allen lieb. und jetzt singen wir gemeinsam: „grün, grün, grün sind alle meine lämmer.“

liebe kinder. seids brav, sonst schmeiss ich euch raus.

bild: creative commons licence by 2.0 acidpix

eva und judith: ziemlich daneben!

soeben habe ich eure mailkampagne erhalten. originaltext der aussendung:

Eva Glawischnig und Judith Schwentner (Grüne Frauensprecherin) haben vor wenigen Minuten die neue Kampagne zum Frauentag (8. März) vorgestellt. Wir wollen Aufmerksamkeit für das wichtige Thema Chancengleichheit schaffen: bitte teile das Plakat auf Facebook und zeig damit, dass Dir das Thema wichtig ist!

Für uns Grüne ist 50:50 eine Selbstverständlichkeit. Wir wollen mit unserer Aktion die anderen Parteien ermuntern, nachzudenken, ob es nicht gut wäre mehr Frauen an der Spitze zu haben.

screenshot spitzenfrauen foto:bernhard jenny

liebes wahlkampfteam, liebe eva, liebe judith!

abgesehen davon, dass ich das sujet für ziemlich geschmacklos halte, muss ich scharf gegen die message protestieren!

ich bin selbstverständlich für die gleichstellung und chancengleichheit von frauen und männern.
aber die frage des geschlechts kann niemals den politischen inhalt aufwägen. ein strache mit seinen ultrarechten aussagen wäre EBEN NICHT akzeptabler, wenn er eine frau wäre, ein stronach ebensowenig usw.

ausserdem macht euer sujet aus männern karikaturen durch darstellung als frauen. nicht unbedingt ein frauenfreundlicher ansatz oder?

nicht nur, dass es eigentlich nicht gut ist, politische mitbewerberInnen auf eigenmedien abzubilden, es ist auch ein ziemlich fatales signal an welche wählerInnen auch immer. humor geht anders. was ihr mit den spitzenfrauen erreicht, dafür gibt es nur ein prädikat:

ziemlich daneben.

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