das drama von traiskirchen ist unser aller drama

Refugee Rights Protest at Broadmeadows, Melbourne

zwei nachrichten aus traiskirchen waren in den letzten tagen typisch für den wahnsinn, der sich dort unter der verantwortung der innenministerin ereignet:

nachricht eins
acht kinder mussten auf der strasse auf einer bank schlafen, weil die familie a. aus aleppo einfach ausgesetzt wurde, „weil es zu spät sei.“ (siehe bericht monatsrevue)

nachricht zwei
hanna herbst twitterte vorgestern ein flugblatt, das die identitären an flüchtlinge in traiskirchen verteilen.

viele fragen sich: was ist mit uns österreicher_innen los, dass wir es nicht auf die reihe bekommen, uns gegen eine solche politik des blanken zynismus und des nichteinschreitens gegen rechte umtriebe entsprechend zu wehren?

kann es wahr sein, dass menschen sich mit verachtenden parolen kindern und deren eltern in den weg stellen, weil sie flüchtlinge nicht da haben wollen, ohne dass das wirkliche folgen hat? kann es wahr sein, dass kinder auf offener strasse übernachten müssen, ohne dass das wirkliche folgen hat? kann es wahr sein, dass eine politikerin flüchtlinge am liebsten „nur in gewehrläufe und mistgabeln“ blicken lassen will, ohne dass das wirkliche folgen hat? kann es wahr sein, dass rechtsextremisten zynische und rassistische flugblätter an hilfesuchende verteilen, ohne dass das wirkliche folgen hat? kann es wahr sein, dass menschen in miklschen zeltdörfern zur politischen schau gestellt werden, um stimmung zu machen, ohne dass das wirkliche folgen hat? kann es wahr sein, dass die öffentlichkeit bzw. presse keinen zugang zum lager traiskirchen bekommt, ohne dass das wirkliche folgen hat? kann es wahr sein, dass menschen ohne richtige schlafstatt, ohne ausreichend essen hausen müssen, ohne dass das wirkliche folgen hat?

wir erleben in den letzten tagen, wochen und monaten eine unvorhersehbar schnelle verrohung jeglicher moral. soziales gewissen und humanitäre verantwortung scheinen in vergessenheit geraten zu sein, im gegenteil: manche eifern den rechten stinkefingern noch ganz schnell nach, indem sie ihre umtriebe kopieren und ihre feindbilder reproduzieren. den rechten geht die phantasie nicht aus, die anderen ertrinken in rat- und sprachlosigkeit.

wo ist der echte widerstand gegen die menschenverachtung? wo bleibt der? es wird nicht reichen, einfach einmal kurz „wahnsinn!“ oder „das geht so nicht!“ zu posten oder proteste zu twittern. es wird auch nicht reichen, wenn die üblichen verdächtigen sich ohnehin zum 100000sten mal zu wort melden. wer zieht denn wirklich die konsequenzen aus den vorkommnissen und „entgleisungen“ der blauen, braunen und sonstigen verwirrten vögel? wie wäre es, einfach den politischen dialog mit jenen abzubrechen, die sich nun einmal definitiv disqualifiziert haben? wie wäre es, die regierung unter druck zu setzen, das menschenverachtende getrixe endlich zu beenden? wie wäre es, keine gemeinsamen sitzungen zu ermöglichen, wirkliche ultimaten zu stellen und sich dem „business as usual“ zu verweigern? wie wäre es, dem moralischen ausnahmezustand, unter dem das land leidet, auch einen echten politischen ausnahmezustand folgen zu lassen, anstelle immer alles als politisches kleinklein letztlich doch wieder zu verharmlosen? ach ja, da haben manche gerade eine koalition eingegangen und dort hoffen andere vielleicht auch noch auf eine zusammenarbeit.

klar ist: so wie wir österreicher_innen mit traiskirchen – oder besser gesagt mit den zu uns geflüchteten menschen – umgehen, so wird es uns in zukunft ergehen. wir haben gerade (vielleicht nicht mehr) die wahl, ob wir in einem weltoffenen, sozialverantwortlichen und humanitären land oder in einem xenophoben, sich einschliessenden und wiederbetätigenden reich leben wollen.

das drama von traiskirchen ist unser aller drama

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foto: john englart (takver) creative commons licence by sa

dieser artikel ist am 23.6.2015 auf fischundfleisch.com erschienen und ist auch dort aufrufbar.

UPDATE: die willkommenen in alberschwende können nicht mehr abgeschoben werden!

screenshot orf alberschwende

die solidarität der alberschwender bevölkerung hat sich ausgezahlt! jene willkommenen*), die akut von der abschiebung bedroht waren, haben nun die sechmonatige frist für abschiebungen nach dublin III überwunden und können daher nun einen rechtsgültigen asylantrag in österreich stellen! das ist ein erfolg für die menschlichkeit! eine engagierte övp-bürgermeisterin stellte sich gemeinsam mit der bevölkerung gegen die grauslichkeiten ihrer parteikollegin. das muss hier nochmals deutlich gesagt werden!

wir erinnern uns:
https://bernhardjenny.wordpress.com/2015/05/13/wir-brauchen-viele-alberschwende/

es gilt weiterhin:

nur eine verhinderte abschiebung ist eine gute!

*) wir sagen willkommene statt flüchtlinge
https://bernhardjenny.wordpress.com/2015/06/17/fluchtlinge-abschaffen/

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foto: screenshot orf

dieses update wurde heute auch auf fischundfleisch.com publiziert und ist auch dort aufrufbar.

vereinbarung zum weltflüchtlingstag.

habe meinem vereinbarungstext aus dem vorjahr nichts hinzuzufügen!

bernhard jenny bloggt

foto: bernhard jenny cc by nc

mensch darf auf dieser einen welt leben.
wo immer sie/er will.

mensch die/der in die flucht gejagt wird muss aufnahme finden.
wo immer sie/er will.

vereinbarung zum weltflüchtlingstag.

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flüchtlinge abschaffen!

boat people bild gemeinfrei

flüchtling.
dieses wort möchte ich abschaffen.
ich möchte es überflüssig machen.

ihr sollt keine flüchtlinge mehr sein.
ihr wart lange genug flüchtlinge.
ihr sollt hier bei uns wirklich nicht mehr flüchtlinge sein müssen.

flüchtling – bezeichnet das, was hinter euch liegt, das vergangene.

flüchtling – erzählt uns über die vielen schrecklichen dinge, die ihr erleben und überleben musstet, über die gründe, die schlimm genug gewesen sein müssen, alles hinter euch zu lassen und aufzubrechen. aus der verzweiflung in richtung hoffnung.

flüchtling – dieses wort wird hier bei uns viel zu oft von jenen in den mund genommen, die in euch eine gefahr und eine belastung sehen. es ist ganz einfach, einem „flüchtling“ alles mögliche zu unterstellen. „flüchtling“ ist schnell eine identität für jene, die keine wirkliche identität haben dürfen.

wie gesagt, ich lade euch alle ein, das wort flüchtling abzuschaffen.

das soll nicht heissen, dass wir ignorieren oder vergessen wollen, warum und dass ihr hier nicht freiwillig bei uns seid.

wir müssen uns auch bewusst machen, dass die gründe, die euch hierher kommen haben lassen, immer auch mit uns zu tun haben, ja oft sehr nachvollziehbar mit jenem system zu tun haben, von dem wir profitieren und viele, sehr viele andere verlieren.

es wäre auch nicht richtig, weil sehr naiv, so zu tun, als hättet ihr ohnehin die gleichen chancen, wie alle anderen auch, als wäre alles an schwierigkeiten schon vorbei und überwunden.
aber ich will nicht mehr „flüchtling“ zu euch sagen, sondern „willkommene“.

wir streichen das wort „flüchtling“ und sagen „willkommene“ zu euch.

ich glaube, es ist wesentlich, die bilder in unseren köpfen zu verändern.
nur dann kann sich auch in der wirklichkeit etwas verändern.

wenn wir euch als „willkommene“ bezeichnen, dann ist das auch programm für unser handeln:

willkommene – lassen wir uns nicht einfach wegnehmen.
willkommene – dürfen damit rechnen, wirklich aufgenommen zu werden.
willkommene – gehören zu uns.

wesentlich ist auch, dass alle willkommen sind.
alle, die grund genug hatten, alles aufzugeben um hier bei uns in sicherheit ein leben aufzubauen, alle die da sind, um zu bleiben. ich kann und will mir kein recht nehmen, zu entscheiden, wer willkommen sein soll und wer nicht.

es muss also auch egal sein, ob euer schicksal den medien bekannt ist oder nicht, ob journalistinnen über euch schreiben oder nicht, ob politikerinnen euch kennen oder nicht, ob ihr sympathisch oder zurückgezogen, laut oder leise, gesprächig, lächelnd, trauernd oder depressiv, kraftstrotzend oder krank, schwach oder sportlich, ob ihr jung seid, oder älter, ob ihr christen, moslems oder sonst religiös seid oder euch keiner religion zugehörig fühlt, ob ihr herausragende fähigkeiten habt oder bisher keine bildung hattet, welche visionen euch antreiben, welche träume ich habt, ob ihr hetero-, homosexuell, ob ihr frau, mann oder transgender seid, ob ihr familie und kinder habt oder ganz allein da seid.

ihr seid alle willkommen. kein mensch ist illegal.

flüchtlinge abschaffen!

 

dieser artikel ist am 16.6.2015 auf fischundfleisch.com erschienen und ist auch dort aufrufbar.
dieser artikel ist ein auszug aus einer rede zum flüchtlingsfest in salzburg 2011 – damals wie heute brandaktuell!
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boat people bild gemeinfrei

mikl-leitner: rücktritt!

shame mikl leitner3

die aktuelle innenministerin ist es hoffentlich nicht mehr lange. jede stunde, die sie weiter im amt bleibt, bedeutet schaden in mehrfacher hinsicht. abgesehen von imageschaden, der das gesamte land betrifft, generiert prölls liebling laufend politischen schaden. am schlimmsten aber ist jener schaden, den sie den schwächsten der schwachen zumutet: den zu uns flüchtenden willkommenen.

nur ein paar beispiele aus der langen liste des mikl-leitnerschen versagens:

immer wieder vorsätzliche gefährdung von menschenleben aus niedrigen beweggründen (wie zum beispiel siehe beitrag) im zusammenhang mit der von mikl-leitner zu verantwortenden deportationspraxis (dunkelziffer inklusive!)

hetze, lüge und betrug des volkes (wie zum beispiel siehe beitrag), die menschen konkret in todesgefahr bringt. des letzte fünkchen vernunft um die einzige richtigen konsequenzen zu ziehen, war damals schon nicht vorhanden.

zynisches sortieren von in not geratenden menschen (wie zum beispiel siehe beitrag) aufgrund der religiösen zugehörigkeit und dadurch diskriminierung von menschen im rassistsich-antiislamischen fahrwasser (auch hier dunkelziffer inklusive!)

doch nun zu den aktuellsten vorfällen:

die erfindung der mikl-leitner dörfer ist ein zynisches kalkül, das mittels menschenverachtung politisches kapital aus der not und dem elend willkommener schlagen will. es soll bewusst der eindruck erweckt werden, wir hätten keinen platz mehr in unserem land, wir gehen förmlich über. das gegenteil ist der fall, aber das ist der innenministerin egal. (siehe beitrag)

dass in diesen zeltdörfern unzumutbare zustände herrschen, ist mehrfach belegt. nicht nur, dass das leben in zelten sowohl bei hitze, aber auch bei wolkenbruch und unwetter unzumutbar ist (siehe beitrag), auch die verpflegung der hilfesuchenden ist unzumutbar und offensichtlich zu wenig. es interessiert die verantwortlichen einen feuchten dreck, welche ernährungsgewohnheiten und -notwenidgkeiten menschen aus anderen kulturen haben. sollen sie doch fressen, was sie kriegen. (siehe beitrag)

mit ihrer präsentation der studie zur IT-sicherheit zeigt mikl-leitner anfang juni auch noch eine inkompetenz auf ganz anderem gebiet: nicht nur, dass sie sich bedenkenlos ausgerechnet mit jenem unternehmen präsentiert, das den namen schnell ändern musste um die richtige assoziation mit korruption zu verwischen, nein sie fordert ein „gewaltmonopol der staatlichen behörden für den cyberspace“ und zeigt mit dieser forderung, dass sie von der digitalen welt soviel versteht wie ihre vorgängerin von rehaugen. (derStandard)

zum wochenende nun schlägt mikl-leitner mit ihrer weisung, dass ab sofort keine asylanträge mehr bearbeitet werden dem braunen fass den boden aus. diese realitätsverweigerung ist der beweis dafür, dass mikl-leitner ihrem job nicht nur nicht gewachsen ist, sondern glaubt, ganz in der manier straches und co. mit eintscheidungen über menschen drüber fahren zu dürfen. (derStandard)

das festhalten an der unmenschlichen dublin-verschleppung von menschen in irgendwelche nachbarländer kann ebensowenig eine lösung sein, wie das ignorieren und nicht bearbeiten von neuen anträgen. wenn mikl-leitner glaubt, mit dieser entscheidung auch nur eines der anderen EU-länder „unter druck“ setzen zu können, dann lachen wohl die hühner und hähne ;-)!

nein, diese innenministerin verwirklicht das sonst der fpö eigene gemisch an inkompetenz und unmenschlichkeit in derart perfekter weise, dass es ehrlicher wäre, die wirklichen rechten gleich in die regierung zu holen. dem haben offensichtlich auch so manche „rote“ nichts entgegen zu setzen. (siehe beitrag)

wenn österreich auch nur ein fünkchen menschenrechtsstaat sein will, wenn diese regierung einen begriff von humanität hat, dann müsste besser gestern als heute der rücktritt oder die entlassung der innenministerin folgen. wenigstens um so zu tun, als wüssten wir noch, was anstand und würde ist.

es gibt auch innerhalb der övp zahlreiche engagierte menschen (siehe beitrag), die u.a. aus echter christlich-sozialer gesinnung mikl-leitners linie sehr verurteilen und auch keinen anderen ausweg mehr sehen, als dieses kapitel so schnell wie möglich zu beenden.
mikl-leitner: rücktritt!

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foto: oevpwien cc by nc sa überarbeitung bernhard jenny

NOCHMALS: SHAME ON YOU MIKL-LEITNER – TRETEN SIE ZURÜCK!

shame mikl leitner2

jetzt stellt sich also sogar raus, dass die menschen in den mikl-zeltdörfern HUNGERN, weil sie nicht genug zu essen bekommen. das ist der traurige gipfel des skandalösen umgangs der innenministerin mit schutzbedürftigen menschen. zynismus ist nur ein hilfloses beschreiben jener vorgangsweise, die den fremdenhassenden und rassistsichen mob fördert und mobilisiert.

treten sie zurück, frau innenministerin.

umgehend!

 

UPDATE 12:00!

auf ORF SALZBURG wurde aus der schlagzeile heute früh „Flüchtlinge leiden Hunger in Zeltlager“ nun (auf politischen Druck???) nun „Flüchtlinge klagen über wenig Essen“ – FREIE PRESSE??? PRESSEFREIHEIT??? (link)

foto: oevpwien cc by nc sa überarbeitung bernhard jenny

österreich soll burgenland werden

grafik bernhard jenny cc by nc

bevor wieder schwarz-blau oder blau-schwarz kommt, ist uns rot-blau oder blau-rot lieber. so oder so ähnlich dürften manche spin doctors oder deren auftraggeber_innen denken, wenn sie nun das „experiment“ burgenland befürworten, dulden oder zumindest nicht verhindern.

der beeindruckende medien-impact faymanns, diese fülle von politischen perspektiven und handlungsorientierten vorschlägen 😉 könnte durchaus auch für einen vizekanzler ausreichen, wenn der kanzler dann strache heisst.

burgenländerwitze waren mal. jetzt wird burgenland zum best practice für die niesslsche interprätation der sozialdemokratie. hat zwar kaum was mit demokratie zu tun und schon gar nicht mit sozial, aber was solls. was damals die övp konnte, können wir allemal, dürften sie sich denken. das gestrige parteipräsidium brachte in beeindruckender weise exakt soviel klarheit, wie es die aktuelle spö verträgt: gar keine.

wien wird vermutlich anders bleiben. einstweilen. aber überall sonst ist das „experiment gruselkabinett“ ausgerufen. wenn uns niemand wählt, dann müssen wir uns mit denen zusammentun, die gewählt werden.

dass das nach hinten los geht und nur die blaubraunen weiter auf eine politische surfwelle hebt, die uns tsunamiartig die menschlichkeit wegspülen wird, erkennen nur jene, die jetzt auf distanz gehen. sonja ablinger hat es endgültig satt. und geht. konsequent.

die letzten wahlen haben gezeigt: es geht nicht um kompetenz. es geht nicht um inhalte. und schon gar nicht um politische korrektheit. das aktuelle feuerwerk an politischen kardinalfehlern der roten und schwarzen, das verharren der grünen am fleck und das fehlen ernsthafter alternativen sind treibende kräfte in österreichs politik. und nicht zu vergessen: die wirklich dumme vergesslichkeit der wähler_innen, die selbst angesichts der aufdeckungen über das hypo alpe adria desaster und der von uns allen dafür zu bezahlenden unsummen lieber jene wählen, die am meisten dreck am stecken haben, nur um blindwütig zu „protestieren“.

das bringt uns verlässlich den kanzler strache.
wie der vizekanzler heissen wird, darüber werden noch ein paar heftige streits ausbrechen.
ganz nach dem alten muster: selbstzerfleischung als politisches konzept.

dass straches parteifreund_innen nicht davor zurückscheuen, sich selbst kleinen kindern mit hass-parolen entgegenzustellen, und sie sich dadurch eben nicht für jede politische mitwirkung disqualifizieren, lässt den zustand der politischen landschaft und den weg für die nächsten jahre erkennen.

österreich soll burgenland werden

 

dieser artikel ist am 9.6.2015 auf fischundfleisch.com erschienen und ist auch dort aufrufbar.

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grafik: bernhard jenny cc by nc