seelengrillerei

schreckliche qualen. kaum auszuhalten und immer wieder aufs neue. zwischendurch schon mal der leise schimmer, es wäre langsam vorbei, aber nein, dann schlägt es wieder zu, das ungeheuer der seelischen folter.

wie geht es einem jungen menschen wie hossein k. in den stunden der schubhaft, der ungewissheit? wieviele menschen werden in den letzten monaten und jahren immer und immer wieder gehetzt, gejagt, gefangen, festgehalten, deportiert, dem leben bzw. dem tod überlassen?

seelen sind keine aktie. sie haben keinen wert auf den märkten. sie dürfen zerstört werden. ja, es scheint sogar gesetzlich verpflichtend zu sein, seelen in bestimmten fällen zu quälen. eine bilanz der menschlichkeit? die gibt es nicht.

unsere konsumwelt schickt sich wieder einmal an, das hohe fest des kaufrausches abzufeiern. was das christkind dir nicht bringt, bringt dir sicher der weihnachtsmann und sonst kauf es dir einfach selbst. im doppelpack wünschen wir uns gute umsätze und eine zeit der stille.

verwalten statt gestalten kann manchen das leben kosten. aber das wollen wir nicht so genau wissen.

und schon sind sie vergessen. die seelen der menschen, die wir schubhäftlinge nennen, die seelen derer unterstützer*innen und jener, die sich einfach mit ihnen solidarisieren.

sie dürfen in der hölle des diesseits brutzeln.
seelengrillerei

peschorn nutzt zwei visitenkarten

contacting, contracting. das kartenspiel der möglichst aussagekräftigen signale in entscheidenden momenten der karriereplanung ist eine eigene kunst. da muss authentisch genau jener eindruck rüberkommen, der der angesprochenen zielgruppe imponieren könnte.

innenminister peschorn ist vorausschauend. als ein mit sicherheit kluger mann hat er in den letzten tagen gleich zwei visitkarten abgegeben. sehr unterschiedlich gestaltete empfehlungen.

visitenkarte eins: ein freundlicher, gesprächsbereiter innenminister trifft sich mit politisch verantwortlichen um eine scheinbare lösung in einer zentralen frage anzubieten: lehrlinge sollen nicht abgeschoben werden. das kommt bei einer bestimmten klientel wunderbar an, das generiert positive schlagzeilen, das bringt einen angenehmen auftrieb unter die flügel eines innenministers.

schliesslich ist es nur allzu verständlich, dass peschorn sich als quasi parteifreier innenminister im falle von türkisgrünen koalitionsverhandlungen mit freundlichen schagzeilen empfehlen will. niemand kann ihm vorwerfen, seine rolle möglichst gut ins türkisgrüne licht zu rücken.

doch diese platzierung birgt natürlich auch eine gefahr: zu sympathisch weich und kompromissbereit darf ein innenminister nicht wirken, da müssen schon härte und disziplin in den vordergrund rücken.

visitenkarte zwei: ein sympathischer lehrling, der sich in einem krankenhaus der diakonissen in schladming grosser beliebtheit erfreut, darf nicht zum potentiellen nutzniesser der „weichen“ regelung für lehrlinge werden. daher wird hossein k. bei einem termin im BFA in schubhaft genommen und eine rasche abschiebung in reale todesgefahr in kauf genommen.

der vorausdenkende peschorn scheint zu wissen, dass dieses wochenende auch ganz anders verlaufen kann: wenn es zu einer frühen ablehnung von koalitionsverhandlungen von türkisgrün kommt, wäre eine türkisblaue regierungslösung zwar sicher nicht so cool zu verkaufen, aber irgendwie halt doch eine lösung in den augen vieler türkisdenkenden.

da kickl schon vorab vom altkanzler abgelehnt wurde und auch kaum andere fpö-kandidatinnen eine angelobung beim bundespräsidenten erwarten könnten, wäre es vermutlich für die restfpö verkraftbarer, einen parteifreien amtsinhaber in kauf zu nehmen, als eine türkise ehemalige staatssekretärin als innenministerin.

somit ist eine potentielle „win-win“ situation für beide denkbaren verläufe in den kommenden tagen gegeben: peschorn, der lösungsverkäufer, wenn auch mit mogelpackungsfaktor, wie ihn diakoniechefin maria katharina moser  treffend erkannt hat, oder peschorn, der hardliner, der eventuell als der „parteifreie kickl“ dessen untaten fortsetzt. da könten halt so und so viele menschen in den tod gehen, aber das geht uns nichts an. die gehören hier nicht her.

ob die taktik beispielhaft für die zukünftige regierung in der einen oder anderen form aufgeht?

dass hossein k. dabei in ein land, in welchem er nicht geboren wurde, aber in lebensgefahr gebracht wird, ist für politische kartenspiele irrelevant, oder doch nicht?

peschorn nutzt zwei visitenkarten

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foto: bernhardjenny cc by

humanismus ist manchmal ganz auf das notwendigste reduziert

eine sehr persönliche anlaufstelle war für ali wajid während seiner zeit in nairobi das strassenkinderprojekt „panairobi„, welches von der salzburgerin susi kerschbaumer gegründet wurde. als sich im zuge der dringend gesuchten möglichen ausreiseziele langsam kenia herauskristallisierte, war susi kerschbaumer sofort zur stelle. sie verständigte das team von panarobi und so war die ankunft von ali wajid in begleitung von alois dürlinger dort keine überraschung.

ali lernte dort im laufe der zeit sehr viele kinder kennen, die ohne die hilfe von panairobi wohl kaum eine chance hätten, einigermassen durchzukommen. das team von panairobi nahm ali ganz selbstverständlich auf und ali fand viele möglichkeiten, sich sinnvoll einzubringen.

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stellvertretend für das team sei hier austine waziru erwähnt. seine eigene lebensgeschichte ist geprägt von der chance, die er als kleiner junge bereits begriff: „nur mit bildung bekomme ich die chance, mein leben zu gestalten“, sagt austine, „das war mir bereits mit zehn oder elf jahren klar“. während eines unvergesslichen rundgangs durch das innenleben des mathare slums, in welchem sich das zentrum panairobi befindet. bis zu 600.000 menschen leben unter katastrophalen bedingungen auf einer gerade mal 0,4 quadratkilometer kleinen fläche in den siedlungen des mathare elendsviertels.

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austine war selbst einmal ein solches strassenkind, das unter prekärsten umständen aufgewachsen ist. das projekt panairobi war es, das ihn zu dem werden liess, was er heute ist: ein unglaublich feinfühliger, umsichtiger mensch, der mit jung und alt, mit den menschen im slum wie mit den menschen im geschäftigen kongresszentrum von nairobi achtsam und offen umgeht. ein sozialarbeiter, der durch seine eigene lebenserfahrung um so vieles näher den menschen in mathare ist, als dies anderen gelänge.

welchen respekt er sich dadurch bei den menschen, die mit ihm täglich zu tun haben, erworben hat, wird beim rundgang durch das mathare slum erlebbar. wie ein „bürgermeister der herzen“, den alle kennen, dem alle ihre sorgen erzählen und den alle wirklich schätzen, geht er gerne mit uns, auch, um uns die augen zu öffnen, dass das leben in den slums ganz unabhängig von den materiellen bedingungen immer auch mit würde und zuwendung zu tun haben muss.

als wir eine gruppe von minderjährigen müttern im panairobi-haus besuchen, die dort eine ausbildung zur friseurin, schneiderin oder kosmetikberaterin erhalten, während ihre kinder in der hauseigenen kita betreut werden, wird die stärke von austine beeindruckend erlebbar: mit geduld wartet er ab, bis sich tatsächlich ein gespräch auf augenhöhe ergibt, bis das gefälle zwischen besuchenden und besuchten verflacht und alle beteiligten sich trauen, neugierige fragen zu stellen. es wird spürbar, dass hier wertschätzung kein leeres schlagwort ist.

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wenn wir von bildung sprechen, müssen wir unsere vorstellungen von schulen ablegen. hier sind hunderte kinder in einer klasse, hier geht es um ganz grundlegendes wissen und keine hochgesteckten karriereplanungen.

es geht darum, möglichst vielen kindern das tor zu lebenschancen mit allen anstrengungen offen zu halten, damit sie den anschluss an eine welt finden, von der sie mit sicherheit hauptsächlich ignoriert werden.

es sind menschen wie austine, die der hoffnung eine chance geben, konkret zu werden.
sicher nicht für alle, aber für möglichst viele.

humanismus ist manchmal ganz auf das notwendigste reduziert.

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fotos: cristina colombo cc licence by nc sa

ps. ein aktueller aufruf für salzburg:
Panairobi hat am 7.12.19 ab 14 Uhr seinen legendären, traditionellen „Glühweinstand“. Wo? Auch heuer wieder im warmen, gemütlichen Jetlag (Herrengasse 28A, Salzburg). Wie jedes Jahr kommen 100% der Einnahmen panairobi und somit ehemaligen Strassenkindern in Nairobi zu Gute.

 

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