zwiespältige realitäten am holocaustgedenktag

der holocaustgedenktag, der gestern und heute begangen wurde, hat uns erneut dazu aufgerufen, die gräueltaten der vergangenheit zu reflektieren und sicherzustellen, dass sie sich niemals wiederholen. salbungsvolle worte wurden gesprochen, aufrufe geteilt und das kollektive versprechen gegeben, gegen hass und intoleranz einzustehen. 

doch gleichzeitig sehen wir eine beunruhigende diskrepanz in der realität, insbesondere im politischen umfeld, wo die derzeit regierende österreichische volkspartei (ÖVP) eine mögliche koalition mit einer partei, die sich nicht klar von rechtsextremen und identitären strömungen distanziert, als option nicht ausschliesst.

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7 fragen zum holocaust-gedenktag

  • wir sagen „nie wieder“, aber das lied „gebt gas, wir schaffen die siebte million“ ist kein kandidatur-problem?
  • wir sagen „verantwortung“, aber die menschenrechte sind zu überzogen und sollen zurückgenommen werden?
  • wir sagen „bildung“, aber gelbe sterne für ungeimpfte sind meinungsfreiheit?
  • wir sagen „gedenken“, aber die anmassende differenzierung zwischen guten und schlechten flüchtenden gehört zum alltag?
  • wir sagen „bewusstsein“, aber migrationshintergründe sind ein abwertendes stigma statt willkommene bereicherung.
  • wir sagen „wehret den anfängen“, aber dollfuß bleibt ein gehuldigter held?
  • wir sagen „erziehung“, aber „zyklon b wurde zur desinfektion eingesetzt“ ist eine straffreie aussage?

7 fragen zum holocaust-gedenktag

bild: von targon 2006 in die deutschsprachige wikipedia geladen., CC BY-SA 2.0 de

mitlaufen ist wiederbetätigung

macht es sinn, „we remember“ tafeln in die linse zu halten?
ist es gut, „i remember“-postings des yad vashem centers zu teilen? selbstverständlich. aber.

wenn gelbe judensterne plötzlich zur verharmlosung dienen, wenn verrückte wirrköpfe mit kz-eingangstor-sprüchen spazierengehen, wenn auf einmal viele wissen wollen, wie es „damals“ den jüd*innen gegangen sein muss, dann wird erinnerung allein wenig dagegen ausrichten.

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marko m. feingold: humor als lebenselixier

vor zehn jahren erzählte marko m. feingold – dessen tod sich heute zum zweiten mal jährt – über die entstehung seines lebenselixiers, das ihn – durch die wohl unvorstellbar harten zeiten in den konzentrationslagern hindurch – überleben half.

auf die frage nach seinem unverwechselbaren humor antwortete er damals:

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13 chancen für politische aufrichtigkeit.

die aktuellen entwicklungen rund um einen von der stadt salzburg in auftrag gegebenen historiker*innen-bericht zu salzburger strassennamen sind ernüchternd. so wird trotz sehr deutlich erwiesener NS-verstrickung so mancher proponenten laut darüber nachgedacht, ob es nicht ausreichend sei, wenn der umstand der nationalsozialistischen umtriebe vielleicht doch nur verschämt in einer fussnote auf dem digitalen stadtplan der stadt oder mit einer eventuellen erläuterungstafel dokumentiert würde.

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eine unbedachte KZ-aussage mit potential?

die rektorin des mozarteum salzburg, elisabeth gutjahr, berichtet in einem gespräch mit reinhard kriechbaum von drehpunktkultur.at über die lage der studierenden und lehrenden in zeiten von corona und einer neuerlichen schliessung des präsenzunterrichts nach diversen clustern im hause.

vielleicht wollte sie nur die kraft beschreiben, die schöpferischem tun und kreativen prozessen innewohnt. vielleicht hat sie sich tatsächlich nichts dabei gedacht, einen zumindest unglücklichen kontext herzustellen. möglich.

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die notarielle unschuld österreichs

in einem interview in der zib2 spezial am 8.5.2020 zum gedenktag „75 jahre befreiung vom nationalsozialismus“ sagte der ehemalige bundeskanzler franz vranitzky:

„mir ist wichtig herauszuarbeiten, dass die schuld am nationalsozialismus nicht die republik österreich trifft. die republik österreich hat es ja zwischen 1938 und 1945 gar nicht gegeben.“

wolfgang schüssel, ebenfalls ehemaliger bundeskanzler pflichtet ihm im gleichen gespräch bei:

„ich bin dankbar für die klarstellung, dass österreich tatsächlich nicht existiert hat von 1938 bis 1945.“

das ist volksweglegung. wie wenn die österreicher*innen 1938 aufgehört hätten zu existieren, um dann 1945 wieder aufzuleben. oder wie wenn die österreichische bevölkerung kurz mal „ganz privat“ am zweiten weltkrieg und dem holocaust mitgewirkt hätten, also in ihrer „auszeit“ zu verbrechern geworden wären um dann, 1945 wieder als brave österreicher*innen in aller unschuld das alles hinter sich zu lassen.

das klingt nicht ganz nach historischer oder politisch verantwortlicher einsicht, die 75 jahre nach der befreiung zu erwarten gewesen wäre, sondern es klingt nach der offenbar zutiefst österreichischen sehnsucht des reinwaschens.

inzwischen kann niemand mehr sagen, dass das alles nicht so war mit der shoa und den verbrechen. käme nicht gut. aber die aussage, dass die naziverbrechen nichts mit der republik zu tun hätten, treibt das vollwaschmittel in die innersten wollfasern der österreichischen(?) seele.

schon angenehm:
die notarielle unschuld österreichs

 

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bild: screenshot orf