da haben menschen ihr leben gelassen
diese menschen sollten ein würdiges gedenken bekommen
doch bitte nicht
bitte nicht
nicht zu auffällig
lieber unauffällig
verdrängt
vergessen
versteckt
Schlagwort: gedenken
marko m. feingold: humor als lebenselixier
vor zehn jahren erzählte marko m. feingold – dessen tod sich heute zum zweiten mal jährt – über die entstehung seines lebenselixiers, das ihn – durch die wohl unvorstellbar harten zeiten in den konzentrationslagern hindurch – überleben half.
auf die frage nach seinem unverwechselbaren humor antwortete er damals:
Weiterlesen „marko m. feingold: humor als lebenselixier“13 chancen für politische aufrichtigkeit.
die aktuellen entwicklungen rund um einen von der stadt salzburg in auftrag gegebenen historiker*innen-bericht zu salzburger strassennamen sind ernüchternd. so wird trotz sehr deutlich erwiesener NS-verstrickung so mancher proponenten laut darüber nachgedacht, ob es nicht ausreichend sei, wenn der umstand der nationalsozialistischen umtriebe vielleicht doch nur verschämt in einer fussnote auf dem digitalen stadtplan der stadt oder mit einer eventuellen erläuterungstafel dokumentiert würde.
Weiterlesen „13 chancen für politische aufrichtigkeit.“obszönität mitten in mauthausen
was sich heute in mauthausen abgespielt hat, ist unfassbar.
wer sich mit wem ins persönliche bett legt, geht wirklich niemanden was an.
wer sich aber mit wem in ein politisches bett legt, das geht uns alle an.
schlimm genug, dass es rechtsextreme überhaupt ins parlament schaffen.
aber unverzeihlich, wenn wieder einmal die konservativen den rechtsextremen die räuberleiter machen. zu verlockend sind anscheinend die beutestücke, die sich alle erhoffen.
„niemals nummer. immer mensch.“
so die ehrenhaft klingende headline für das diesjährige gedenken.
wenn dann aber genau jene politisch unverantwortlichen auftreten,
scheinheilig ein gedenken unter obigem motto abfeiern,
aber gleichzeitig mit den rechtsextremen im bett liegen,
das ist obszön.
einmal ist es nur der unlandesrat, der ein neues lager errichten will.
einmal ist es ein unminister, der nur mehr ausreiselager betreiben will.
einmal ist es ein liederbuch, dann ist es ein rattengedicht.
distanzierungen gehören inzwischen zur folklore.
sie sind quasi das feigenblatt für eine nicht mehr übersehbare geistige nacktheit.
wer mit einem rechtsextremen vizeunkanzler eine unregierung bildet,
dann aber glaubt, er könne durch sein auftreten in mauthausen punkte sammeln,
ist obszön.
das gedenken an die opfer der shoa wurde heute entehrt.
kein einziges unregierungsmitglied kann rechtsextremismus an die macht heben und gleichzeitig „niemals nummer. immer mensch.“ vertreten.
wer diese unvereinbarkeit dennoch schafft,
sorgt für einen moralischen – erschütternden – skandal.
das jahr 2019 geht in die geschichte unseres landes ein.
als das jahr der unfassbaren
obszönität mitten in mauthausen
bild: kremlin.ru cc by remixed by bernhard jenny cc by
gedenkjahr? schluss mit dem versteckspiel.
salzburg scheint eine tradition des versteckens zu haben. so ist das antifaschismus-mahnmal am bahnhofvorplatz, also südtiroler platz in seiner unscheinbarkeit inzwischen kaum mehr zu übertreffen.
foto: stadtgemeinde salzburg / pressebild
im volksmund längst als „taubenschlag“ bezeichnet, wurde 2002 der entwurf einer „hütte“ des künstlers heimo zobernig ausgewählt, der eingravierte text in nur schwer zu lesen, nämlcih an der unterseite des daches, also nur, wenn wer unmittelbar im mahnmal steht und den blick zufällig nach oben wendet. dort steht dann:
Die Stadt Salzburg bekennt und betrauert, dass auch hier Verbrechen des Nationalsozialismus geschehen sind und BürgerInnen dieser Stadt sich daran mitschuldig gemacht haben. Opfer dieser Barbarei waren: Juden und Jüdinnen, psychisch Kranke und Behinderte, Sinti und Roma, Homosexuelle Künstlerinnen, politisch Andersdenkende, Widerstandskämpferinnen, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiterinnen.
Die Erinnerung an diese dunklen Jahre ist zugleich Verpflichtung zu einem „Nie wieder.“ Ein Leben in humaner Würde beruht auf den Prinzipien der Demokratie und der Menschenrechte. Diese Grundsätze sind allerdings nicht selbstverständlich, sondern müssen gegen den Ungeist eines heute wieder verstärkt zu beobachtenden Alltagsfaschismus wachsam verteidigt und immer wieder neu errungen werden.
Das Andenken der Opfer von gestern zu ehren heißt, sich heute aktiv gegen alle Formen des Faschismus und für die Wahrnehmung der Menschenrechte zu engagieren.
das mahnmal war auf einem fast leeren vorplatz unmittelbar nach der umgestaltung des vorplatzes noch einigermassen sichtbar, aber inzwischen verschwindet es in einem wald, der wohl salzburgs zenralstes und sicherstes (weil unter den augen der bahnhofwachstube) hundeklo zu sein scheint.
noch viel versteckter ist das auf initiative von wolfgang radlegger ermöglichte mahnmal in memoriam bücherverbrennung von zoltan pap. hier eine kurze bildgeschichte, wo dieses kunstwerk steht:
der unipark nonntal
foto: bernhard jenny cc by
hat einen innenhof
foto: bernhard jenny cc by
der hinter verglasung einen blick in das kellergeschoss des unigebäudes erlaubt
foto: bernhard jenny cc by
dort ist dann ein mahnmal zu erahnen
foto: bernhard jenny cc by
das nur von oben betrachtet werden kann, aber…
foto: bernhard jenny cc by
exklusiv für besucher*innen der bibliothek wirklich gut sichtbar wird.
foto: universität salzburg, pressebild
der künstler zitiert in dieser skulptur erich fried
Ça ira?
Die Verbrechen von gestern
haben
die Gedenktage
an die Verbrechen von vorgestern
abgeschafftAngesichts
der Verbrechen von heute
machen wir uns zu schaffen
mit den Gedenktagen
an die Verbrechen von gestern
Die Verbrechen von morgen
werden uns Heutige
abschaffen
ohne Gedenktage
wenn wir sie nicht verhindernErich Fried
(Es ist was es ist; Liebesgedichte, Angstgedichte, Zorngedichte. Berlin 1983.)
dieses mahnmal soll an die bücherbrennung vom 30.4.1938 auf dem residenzplatz erinnern. die öffentlichkeit für dieses kunstwerk ist zumindest reduziert.
was zu denken geben muss:
inzwischen hat sich die stadt zu einem mahnmal am ort des geschehens – residenzplatz salzburg – durchgerungen. obwohl schon vor jahren überlegungen angestellt worden waren, ein weithin gut sichtbares zeichen dort zu setzen, wurde bereits im vorfeld klar, dass eine gewisse schüchternheit wohl grundvoraussetzung für den zuschlag sein wird.
eine jury wählte als sieger-projekt den entwurf „buchskelett“ von fatemeh naderi und florian ziller aus.
nach „unscheinbar im hunde klo wald“ und „in kellergeschoss“ kommt nun auf dem residenzplatz „im boden versenkt“. das mahnmal wird am 30.4.2018 feierlich eingeweiht.
foto: stadt salzburg, pressebild honorarfrei
irgendwie scheitert die sichtbarkeit immer wieder. das kann kein zufall sein.
das gedenkjahr 2018 könnte anlass sein,
sich der sichtbarkeit wirklich anzunehmen.
gedenkjahr? schluss mit dem versteckspiel.
hiroshima und nagasaki – zum gedenken
friede ist niemals nur das blosse schweigen von waffen, das unterlassen von bombardierungen, das ende des mordens.
friede ist der zustand einer gesellschaft, die allen menschen wirklich die gleichen rechte und pflichten, die gleichen chancen und den gleichen zugang zur teilhabe sicherstellt.
friede ist ein soziales geschehen, das viel grundlegender und viel früher gesichert werden muss, als es uns erscheinen mag. wenn erst einmal physische gewalt im spiel ist, wenn erst einmal schüsse oder bomben fallen, dann ist es schon viel zu lange zu spät.
je bedrohter der friede in unserer welt erscheint, umso unverzichtbarer ist das aktive eintreten für einen wirklichen frieden.
uns europäer_innen muss bewusst werden, dass wir niemals frieden auf unserem kontinent mit dem export von konflikten, ausbeutung und waffen in anderen gebieten verteidigen können.
wenn wir dann auch noch geschäfte mit dem tod profitabel abschliessen, werden wir zu mörder_innen.
friede auf kosten von menschen, die ausserhalb oder am rande unseres direkten blickfeldes sterben – weil sie ertrinken, verhungern, bombardiert oder zu tode misshandelt werden – kann kein friede sein.
nur wenn wir frieden in der EINEN welt zum ziel haben, werden wir diesen erreichen können.
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danke andreas pecha, sonja jamkojian-huber, helga ungar und alois reisenbichler für die einladung zu einer grussbotschaft anlässlich des gedenkens an hiroshima und nagasaki.
http://hiroshima.at
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foto: imahinasyon photography cc licence by
Lantern Floating Ceremony, Motoyasu River that runs below the Atomic Bomb Dome
wirklich nie wieder?
so ein gedenken ist so eine angelegenheit. wir gedenken der novemberpogrome und seit je her hängt sich gleich ein zumindest gedachtes „nie wieder“ an jeden bericht, an jedes bild. es ist uns selbstverständlich geworden, dieses „nie wieder“.
doch was sich in europa in den letzten wochen, monaten und jahren stetig steigert, lässt einem das „nie wieder“ nicht mehr so leicht denken. zu stark erinnern die bilder an die ereignisse von damals. statt synagogen brennen jetzt halt flüchtlingsunterkünfte. der antisemitismus ist einfach umfassender geworden. nicht mehr nur juden sind das feindbild, jetzt sind es menschen aus allen (semitischen?) ländern, aus welchen sie zu uns fliehen wollen. nun sind beinahe alle mit gemeint die von anderswo her kommen.
fremdenfeindlichkeit feiert fröhliche urständ. potentielle terroristen sind sie, unsere kinder gefährden sie, auf unsere frauen haben sie es abgesehen. wird irgendwo aufmerksam gemacht, dass es sich nun mal in erster und unverrückbarer linie ganz einfach um menschen handelt, wird trotzig geschmollt. wir leben zwar in einem der reichsten länder der welt, aber wir haben weder platz noch mittel.
abhanden gekommen sind uns solidarität und gemeinschaftsgefühl. viele reagieren auf zu uns flüchtende menschen, wie wenn sie es ganz alleine zu stemmen hätten, dass diese menschen nun mal da sind. wir sind vereinzelt. wir sind individualisiert. wir denken uns allein. und vielleicht noch 2 oder 3 angehörige. und alle anderen sind bedrohung.
weg mit denen. die gehören da nicht her. die bringen uns nur probleme. sie sind schmarotzer und gefahr. wir brauchen endlich eine lösung.
da kann dann schon ein brauner parlamentsabgeordneter die im meer ertrinkenden menschen öffentlich verhöhnen. und deutsche lehrer_innen warnen 12jährige mädchen (sic!!!) vor „oberflächlichen sexuellen abenteuern mit sicher oft attraktiven muslinischen männern“. ist „f*ckt nicht mit moslems“ das neue „kauft nicht bei juden“?
da geht immer was. es wird immer normaler, sich was gegen „die“ zu leisten. dort ein „sager“. da ein beschmierter gedenkstein. und dann wieder mal ein gelegter brand.
also:
wirklich nie wieder?
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bild: