schluss mit der weiterbetätigung

dass es mit dem wahrheitsgehalt von öffentlichen statements nicht unbedingt weit her ist, sind wir vom unheiligen sebastian leidvoll gewohnt. so weit, so schlecht.

dass selbst hartgesottene journalist*innen kürzlich beim „salzburg summit“ der industriellenvereinigung samt edlem empfang sich in einer zeitreise vermuten mussten, weil dort praktische die gesamte türkise expolitik quietschvergnügt ins blitzlicht marschierte, war eine ernsthafte konkurrenz für jedes gruselkabinett oder geisterpraterfahrgeschäft.

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sind wir lebensmüde?

mit fortschreitendem alter kommt die gelassenheit. mag sein. mitunter auch ein stück faulheit. muss ja auch nicht immer schlecht sein. aber dennoch. kann es sein, dass uns bald nichts mehr aufregt.

was haben wir uns über den horrorclown lustig gemacht! bis er dann plötzlich wirklich präsident der vereinigten staaten war. die ersten wochen und monate sind von chaos und skandalösen vorgängen geprägt, ein abgekartetes spiel mit putin ist noch die kleinste form von vorwürfen, die ihm scheinbar berechtigterweise gemacht werden können.

und jetzt? „die mutter aller waffendeals“ schrieb ein blatt. megadeals mit totbringenden waffen hinein mitten in eine der wohl spannungsgeladenstem weltregionen. wen regt das auf? wen kümmerts? die jungen nicht. die mittleren alters auch nicht. und die alten schon gar nicht.

gegen raketenstationierungen sind wir auf die strasse gegangen, gegen die nato, gegen gipfeltreffen und gegen das world economic forum. jedes säbelrasseln hat uns aufgebracht. ist das vorbei?

sind ausgerechnet die saudis plötzlich seriöse partner, die uns nicht aufregen? die inzwischen als richterin tätige claudia bandion-ortner fand einmal nichts dabei, dass dort laufend menschen hingerichtet werden, weil das „nicht jeden freitag“ passierte. aber jetzt werden die saudis als die friedensgaranten plötzlich mit einer kaum dagewesenen anzahl an waffen eingedeckt?

und wir öffnen unser bier, geniessen unser abendbrot und denken, dass es schon nicht so schlimm werden wird. die geschichte lehrt zwar, dass aufmunitionierte problemregime über kurz oder lang zum noch viel grösseren problem werden und gerne ausser kontrolle geraten. aber es kümmert uns nicht?

der horrorclown kann in ruhe waffenschieben. und wir sind zu faul, dagegen auf die strassen zu gehen. schliesslich war da was mit dem versammlungsrecht. wurde das nicht kürzlich verschärft? und würde es wirklich was bringen?

haben wir den widerstand verlernt? vergessen? oder machen wir uns was vor?

wird schon nicht so schlimm sein.
sind wir für widerstand zu müde?
oder
sind wir lebensmüde?

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foto: stephen downes cc licence by nc

„es war in meinem leben noch nie so finster wie jetzt.“

mit diesem satz begrüsste mich eine liebe kollegin am morgen nach trump. das war der satz, den ich noch gebraucht habe. unausgeschlafen, weil bis weit in die nacht cnn schauend, und dann mit der falschen zuversicht eingeschlafen, dass sich das schon noch irgendwie ausgehen wird. florida war da noch „too close to call“. und jetzt in der früh, geschockt, bringt es meine kollegin so haarscharf auf den punkt.

sie ist der gleiche jahrgang wie ich. und ja, ich konnte ihr nur recht geben. bis jetzt war die entwicklung grosso modo eigentlich stets so, dass trotz aller kritik an diesem und jenem, eine stimmung möglich war, die sich wohl mit „es wird besser“ umschreiben liess. klar gab es auch dunkle zeiten, aber zumindest ein restoptimismus war gerechtfertigt.

die gesellschaft(en) wurden freier, offener, real existierende lebenswirklichkeiten wurden schrittweise als gegeben und normal anerkannt, diskriminierung wurde immer mehr geächtet, rassismus war ein no go, mauern fielen, blöcke bröckelten. dazu noch die faszinierenden technischen möglichkeiten, die uns im wahrsten sinne in die hand gegeben wurden.

terror, krieg und ausbeutung existierten noch immer, aber irgendwie war da das gefühl, es müsste (viel zu langsam zwar) immer besser werden. zuversicht würden es manche nennen.

und jetzt? ein rassist, sexist, hetzer, lügner, ausbeuter, menschenverachtender paradekapitalist der schlimmsten sorte wird präsident der vereinigten staaten. der supergau ist wahr geworden. und noch lange nicht verkraftet.

was das ganze doppelt unheimlich macht. es ist ein geschehen, das die ganze welt betrifft. das seine entsprechung im aufkommen der nationalistischen rechten in europa und nicht zuletzt auch in österreich findet. wir können uns nicht auf ein „so sind sie halt, die amerikaner_innen“ zurückziehen. wir müssen erkennen, wie mächtig der kleingeist und eben nicht mehr klein ist.

wie bedrohlich das noch für viele, auch für uns selbst, werden kann, können wir vermutlich nicht wirklich gut abschätzen. in den geschichtsbüchern wird einmal stehen, dass aus unerklärlichen gründen selbst zu diesem zeitpunkt der offensichtlichkeit kaum ein ernsthaftes erwachen stattfand.

wer oder was hat versagt?
jene, die bisher an die vernunft, die konstruktiven kräfte und an eine positive tendenz glaubten, schaffen es offensichtlich nicht, einer mehrheit zu erklären, warum eine sich einkapselnde gesellschaft nicht besser ist, als eine offene, warum eine rassistische, hetzende, diskriminierende gesellschaft nicht besser enden kann, als eine tolerante, offene und partizipative.

die früchte der letzten jahrzehnte scheinen für viele von uns so selbstverständlich zu sein, dass wir deren fundamentale wichtigkeit nicht immer und immer wieder erzählen. die menschenrechte, jenes erbe, das uns millionen tote hinterlassen haben, könnten ein so grundsätzliches fundament einer gesellschaftsordnung sein, wenn uns denn nur allen bewusst wäre warum.

die politischen kräfte haben derart ihre glaubwürdigkeit verspielt, dass niemand mehr irgendetwas glaubt. das ist die blütezeit der blendung und verschwörung, längst überwunden geglaubte feindbilder werden wieder salonfähig. alles geht.

das storytelling jener, die sich für eine offene, emanzipierte und partizipative demokratie einsetzen, funktioniert nicht. brauchen wir wirklich erst wieder den schock ungeahnter katastrophen um vernunft, solidarität und frieden als erstrebbar, ja sogar unverzichtbar zu erleben?

widerstand wird umso wichtiger, je salonfähiger der wahnsinn wird. viele werden sich an den wahnsinn schrittweise gewöhnen, manches halb so schlimm finden. hoffentlich nicht alle. es sind die millionen toten der letzten katastrophe, die uns verpflichten, niemals aufzugeben. wollen wir hoffen, dass uns eine wiederholung erspart bleibt. aber nicht ist mehr unmöglich.

noch vor wenigen tagen sagt mir ein freund: „wir müssen wirklich dankbar sein, wir haben ein leben ohne hunger und ohne krieg führen dürfen. das ist auch nicht selbstverständlich, dafür können wir dankbar sein.“

ja, stimmt. dennoch mischt sich in diese dankbarkeit heftige sorge. denn auch meine kinder und enkelkinder sollen einmal diesen satz sagen können. um ihnen ebenso ein leben im frieden zu ermöglichen, dafür würde ich in den widerstand gehen.

die fokusfalle trump
trump ist zwar jetzt der vermutlich mächtigste unter den hetzern. aber der ungeist ist wesentlich weiter verbreitet. es wäre falsch zu glauben, dass die wahl trumps ein isoliertes einzelphänomen ist, das jetzt erst die situation so prekär werden lässt. die entwicklung ist eine sehr breite. mit dieser wahl wird ein für alle mal der real existierende mainstream sichtbar. von orban über strache, von le pen bis hofer, von multinationalen konzernen bis burschenschaften, die nutzniesser des neuen mainstreams sind schon lange unter uns.

„es war in meinem leben noch nie so finster wie jetzt.“

no words

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no words.

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