#kirchenasyl: ali wajid braucht dringend freiheit

heute genau vor 8 wochen hat ali wajid das schutzangebot von erzbischof franz lackner und erzabt korbinian birnbacher in form eines kirchenasyls angenommen. 8 wochen lang ist ali wajid zwar bestens betreut von der gemeinschaft in der erzabtei st.peter, aber immer in der ungewissheit, wie es wohl weitergehen wird.

im zuge der katastrophalen und unmenschlichen entscheidung der bundesregierung, zukünftig asylwerber*innen keine lehre mehr zu ermöglichen, wurde stets darauf hingewiesen, dass angeblich jene, die bereits eine lehre absolvieren, diese auch abschliessen dürfen und nicht abgeschoben werden. dieses „angebot“ ist zwar öffentlich formuliert worden, u.a. von wirtschaftsministerin margarete schramböck, aber es braucht mehr.

ali wajid ist als symbolfigur für die von abschiebung bedrohten lehrlinge besonders gefährdet. denn es gibt immer noch kräfte, die zumindest seinen konkreten fall nicht positiv erledigt haben wollen. während andere lehrlinge bis jetzt an ihren arbeitsplätzen bleiben konnten, musste ali wajid den angebotenen kirchlichen schutz vor der konkret drohenden abschiebung im kirchenasyl annehmen.

wir brauchen daher so rasch wie möglich eine eindeutige und verlässliche garantie des innenministeriums, dass ali wajid aufgrund der neuen politischen entscheidungslage nicht mehr von abschiebung bedroht ist und seine lehre umgehend fortsetzen kann.

die zeit läuft davon. ali wajid muss im september die berufsschule besuchen. jeder tag, den ali wajid nicht arbeiten kann, bedeutet konkret schaden für den lehrherrn, schaden für den betrieb, psychische belastung für ali wajid und eine unnötige fortsetzung eines ausnahmezustandes namens #kirchenasyl, der so schnell wie möglich beendet werden sollte.

ali wajid braucht dringend freiheit

fremdenfeindlichkeit statt verantwortung?

asylwerbende sollen keine lehre mehr antreten dürfen. mit dieser entscheidung liess die regierung durch ihren sprecher peter launsky-tieffenthal ausgerechnet an jenem tag aufhorchen, an dem ein junger övp-nationalratsabgeordneter wegen unsauberer vorgänge alle ämter zurücklegen musste. zufall.

jungen menschen, die auf die entscheidung über ihren asylantrag oft lange warten müssen, die möglichkeit zu nehmen, sich auszubilden und durch eigene arbeit selbst für ihr einkommen zu sorgen, anstatt grundversorgung zu kassieren und auf der faulen haut liegen zu müssen, ist nicht nur kurzsichtig, sondern auch durch nichts zu rechtfertigen.

während immer wieder auf die kosten hingewiesen wird, die ach so schwer auf dem staatshaushalt lasten, werden hier nun mutwillig alljene, die dem staat nicht auf der tasche liegen wollen, dazu gezwungen, tatenlos geld von eben diesem staat zu erhalten, der angeblich sparen muss.

während in den sogenannten mangelberufen hunderte lehrstellen trotz intensivster bemühungen unbesetzt bleiben, wodurch zahlreiche unternehmen in echte bedrängnis geraten, sollen ausgerechnet solche, die sehr gerne diese stellen annehmen würden, per gesetz zur tatenlosigkeit verdammt werden.

es ist nicht nur glatter unsinn, sondern eine mutwillige schädigung des staatshaushaltes und die vereitelung einer dringenden chance für zahlreiche unternehmen, endlich ihre offenen lehrstellen wieder besetzen zu können.

mit einem federstrich kann also diese regierung eine massnahme setzen, die nur so zu verstehen ist: blinde fremdenfeindlichkeit ist ein höherer wert, als schonung des staatshaushaltes und möglichkeiten für österreichische unternehmen.

unklar ist zum momentanen zeitpunkt, wie schnell die ebenso heute angekündigte neuregelung für lehrlinge in form einer rot-weiss-rot-karte kommen könnte.

ebenso unbeantwortet ist bis dato, was nun diese ankündigung der regierung für die bereits bestehenden lehrlinge bedeutet.

ob und wenn ja, wie schnell für diese die neuregelung existiert, ist dahingestellt.

wenn nein, dann wäre der heutige beschluss wohl die menschenverachtende antwort auf rudi anschobers initiative, von der viele hundert lehrlinge betroffen sind.

die antwort auf „ausbildung statt abschiebung“ hiesse dann:

fremdenfeindlichkeit statt verantwortung.

 

bild: arbeitgeberverband gesamtmetall cc licence by

sind asylverfahren grundsätzlich anzuzweifeln?

während sich menschen, die ali wajids situation nicht persönlich kennen, öffentlich ein urteil darüber abgeben, ob eine abschiebung von ali wajid menschenrechtskonform sei (siehe salzburg24-interview nicole schuchter mit philip czech vom ÖIM), ist es umso dringender notwendig, auf die zweifelhafte situation insgesamt hinzuweisen.

anwalt peter perner hat inzwischen mehrfach auf die ungenauigkeit, widersprüchlichkeit und fehlerhaftigkeit einer reihe von bescheiden und amtlichen aufforderungen im fall ali wajid hingewiesen.

dass selbst noch die letzten bescheide teilweise in einer sprache übersetzt wurden, die der betreffende gar nicht spricht, falsche anschriften trugen usw., weil eben diese bescheide offensichtlich in einem oberflächlichen und daher auch fahrlässigen copy-paste-vorgang zustandekommen, sollte viel mehr alarmieren.

wenn dankenswerterweise nina horaczek im falter berichtet, mit welchen absurden und diskriminierenden argumenten asylanträge behandelt werden, so ist dies nicht nur ein einzelfall. es ist höchst an der zeit, dass die nicht vorhandene qualität in der juristischen arbeit des BFA zu einer grundsätzlichen frage führt:

dürfen bescheide, die als aufsatz nicht einmal in der oberstufe noch VOR der matura eine positive benotung bekommen würden, weil sie sowohl inhaltlich wie sprachlich nicht tragbar sind, rechtsgültigkeit erlangen?

im falle der diskriminierung von homosexuellen wird schnell deutlich, wie wahnsinnig die argumentationslinien in solchen bescheiden sind. für die szene der betreuenden ist es jedoch leider nichts grundsätzlich neues: handelt es sich nicht um die frage „schwul oder nicht schwul“, sondern um ortskenntnisse, gesellschaftliche gefährdungen in einem land, religiös-politische gemengelagen, dann ist in unzähligen schriftstücken, bescheiden und urteilen die selbe absurdität zwar ebenso gegeben, aber für viele nicht auf den ersten blick erkennbar.

ein land, in dem solche grundsätzlich zweifelhaften bescheide rechtskraft erlangen können, hat das recht verwirkt, menschen per bescheid zu deportieren. ein land, das nicht für lückenlose rechtssicherheit und professionalität garantieren kann, sollte nicht gesetze exekutieren, die letztlich nur schaden für alle bedeuten und gewinn für niemanden.

selbst philip czech sieht das im salzburg24-gespräch problematisch: „Der Menschenrechtsexperte sieht das eigentliche Problem weniger in den Grundrechten verankert, sondern „in der Absurdität des österreichischen Fremdenrechts“. Man müsse sich schon die Frage stellen, warum man jemanden ausweist, den man auf dem Arbeitsmarkt braucht.“

die abschiebung von ali wajid wäre ein grosser schaden für alle.
ein verbleib von ali wajid und aller anderer von abschiebung bedrohter lehrlinge, wäre ein gewinn für alle.
genau so, wie es bundespräsident alexander van der bellen vorgestern klargestellt hat.

sind asylverfahren grundsätzlich anzuzweifeln?

bild illustration bernhard jenny cc by

erheben wir unsere stimmen immer lauter!

es ist einfach nur schrecklich. dass junge mädchen (15 und 18jährig) samt ihrer familie abgeschoben werden, obwohl sie sich bestens integriert sind und ausbildungen in krankenpflege bzw. gastronomie absolvieren, nur damit dem angeblichen buchstaben des gesetzes entsprochen wird, ist unerträglich.

die psychischen verletzungen, die diesen jungen menschen von amts wegen zugefügt werden, sind als ergebnis struktureller staatsgewalt wohl nur sehr schwer, wenn überhaupt, wieder gut zu machen. unser staat wird struktureller täter.

es ist unerträglich, dass menschen in ämtern, behörden und ministerien sich an ihren schreibtischen bedingungslos einem xenophoben menschenbild unterwerfen, das selbst bei den parteigänger*innen der fpö keine mehrheitliche unterstützung mehr findet! (siehe pk letzten donnerstag von rudi anschober)

die leiterin der kinder- und jugendanwaltschaft salzburg, andrea holz-dahrenstaedt, schreibt auf fb:

„Rose (18 Jahre) und Ranya (15 Jahre), zwei bestens integrierte Mädchen lebten seit drei Jahren mit ihren Eltern und den jüngeren Geschwistern in Österreich, verbrachten hier prägende Jahre ihrer Entwicklung, sprechen perfekt Deutsch. Die gesamte Familie ist westlich orientiert, der knapp 2-jährige Bruder in Österreich geboren. Rose absolvierte bereits ein Jahr die Ausbildung zur Krankenpflegerin, Ranya hatte in einem der Top-Hotels in Salzburg eine Lehrstelle in Aussicht, d.h. sie ging als beste Bewerberin im Auswahlverfahren hervor. Doch weder wird Ranya eine Lehre in der Hotellerie machen können noch Rose Krankenpflegerin werden, denn beide Berufe sind im Irak für Frauen ungeeignet. In Österreich hingegen herrscht eklatanter Fachkräftemangel, sowohl in der Pflege als auch im Tourismus!“

und weiter:

„Ganz abgesehen von mir, die ich beide Mädchen seit einigen Wochen kennenlernen und begleiten durfte, von ihnen menschlich beschenkt wurde, mit ihnen gekämpft und gebangt, aber auch gelacht und geweint habe, und es in meiner Seele weh tut, dass sie gehen müssen, haben alle verloren:

o Rose und Ranya haben dadurch ihr Recht auf ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben als Frauen in Sicherheit und Frieden, ihren Glauben an Gerechtigkeit, ihre Hoffnung auf eine positive Zukunftsperspektive, ihr Recht auf Ausbildung, begraben und verloren.

o Der ganze Ort, das gesamte soziale Umfeld, stand hinter der Familie und kämpfte für ihren Verbleib in Österreich. Ihre zahlreichen österreichischen Freunde und Freundinnen haben ihre besten Freunde verloren.

o Und Österreich, hat „fehlinvestiert“, einen statthaften Betrag für eine Familie ausgegeben, die sich mehr oder weniger von Beginn an selbst erhalten hätte können, unsere Gesellschaft hat damit zukünftige SystemerhalterInnen und wertvolle Mitmenschen verloren.“

es sind viele, sehr viele menschen, die die aktuellen entwicklungen und menschenrechtsmissachtungen nicht mehr hinnehmen wollen. lt. sora.unfrage sind bereits 4 von 5 österreicher*innen für den verbleib von lehrlingen im land!

es macht daher einmal mehr sinn, alle politisch verantwortlichen, alle gesellschaftlich mitgestaltenden institutionen und alle menschen guten willens anzuschreiben, solidarität mit unterstützer*innen und protest gegen menschenverachtung laut, kräftig und immer wieder kund zu tun. wir alle bewegen uns in verschiedensten netzwerken und umfeldern. erzählen wir weiter, was zu sagen ist!

ob sie rose und ranya oder ali wajid heissen, bestintegrierte jungen menschen haben sich einen verbleib in unserm land verdient. jetzt.

mit der deportation der bestintegrierten mädchen ist eine rote linie übertreten.
wir dürfen uns das nicht einfach gefallen lassen.
es braucht einen breiten zusammenschluss der menschen guten willens.
und das sind viele.
erheben wir unsere stimmen immer lauter!

ali wajid aus dem kirchenasyl: „das ewige warten ist unerträglich“

„Ich halte es nicht mehr aus. Ich muss mich einfach melden, um euch zu sagen, wie sehr ich im Stress bin!“

mit einem videoaufruf wendet sich der salzburger lehrling ali wajid nun nach mehr als einem monat im kirchenasyl zum ersten mal selbst an die öffentlichkeit. darin bringt er seine verzweiflung über die hinhaltetaktik der behörden zum ausdruck.

das wechselbad der gefühle ist zermürbend:
einerseits erfährt ali wajid angesichts der drohenden abschiebung nach pakistan breiteste unterstützung: von erzbischof franz lackner, landeshauptmann wilfried haslauer, erzabt korbinian birnbacher über elisabeth mayer (katholische aktion), johannes dines (caritas salzburg), dechant alois dürlinger, generalvikar roland rasser, heinrich schellhorn, sepp schellhorn, martina berthold, also von landesregierung bis hin zu unzähligen bürger*innen, von NGOs bis hin zu unternehmen reicht der breite gesellschaftliche bogen der solidarität.

andererseits scheinen sich die behörden taub zu stellen. der von anwalt dr.perner vor drei wochen (!!!) gestellte nachfolgeasylantrag aufgrund eines eindeutigen nachfluchtgrundes – ali wajid könnte in pakistan als konvertit betrachtet werden und somit auf todeslisten der extremisten landen – blieb bisher ohne jegliche rechtlichen reaktionen. beinahe hat es den anschein, dass dieser neue antrag totgeschwiegen werden soll. damit bleibt die volle bedrohung durch eine mögliche abschiebung aufrecht und beunruhigt ali wajid massiv.

selbst die beste betreuung der klostergemeinschaft in der erzabtei st.peter kann die psychische belastung, der ali wajid insgesamt nun schon seit monaten ausgesetzt ist, nur lindern, aber nicht aufwiegen. dennoch sind aktionen für ali wajid sehr wichtig und sinnvoll, von postings in den netzwerken bis hin zu kreativen kunstaktionen, von videoaufrufen bis zu briefen und soli-karten, von #wirstehenhinterdirAli-t-shirts bis zu gebetskreisen und anschreiben von entscheidungsträger*innen. ali wajid und alle anderen, für die er unfreiwillig zur symbolfigur geworden ist, brauchen die hilfe aller menschen guten willens.

ähnlich wie in neusiedl (burgenland), wo es zu aufsehenerregenden parteiaustritten aus der fpö gekommen ist, gibt es auch im land salzburg in weiten teilen der gesellschaft – auch in kreisen der fpö selbst – menschen, die sich gegen eine blinde ausländerfeindlichkeit wenden. nicht zuletzt deshalb, weil eine abschiebung dieser jungen menschen unserem land schlicht kommerziell schaden würde.

bleibt zu hoffen, dass der weg des guten willens zur lösung führt!

 

alle blogposts zu ali wajid

ORF ZIB MAGAZIN – FR 13.7.2018
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VATICANNEWS – SA 14.7.2018
https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2018-07/oesterreich-pakistan-fluechtling-asylverfahren-abschiebung.html

DIE PRESSE – SO 15.7.2018
presse am sonntag, seite 9 pdf

ORF ORIENTIERUNG – SO 15.7.2018
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ORF WAS ICH GLAUBE – SO 15.7.2018
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Ö1 RELIGION AKTUELL – MI 25.7.2018
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„nie wieder“ war wohl zu selbstgefällig.

in gesprächen über politik werden neuerdings immer öfter jene fragen zitiert, die die nachkriegsgenerationen spätestens seit den 68ern der kriegsgeneration gestellt haben: „was habt ihr dagegen getan?“, „warum habt ihr keinen widerstand geleistet?“ oder „wieso habt ihr bei dem faschistischen wahnsinn einfach mitgetan?“

ungezählt die gespräche, die damals immer wieder nach dem gleichen muster verliefen: die jungen konnten es einfach nicht fassen, dass die alten sehenden auges in das verderben des krieges gegangen waren. gross war oft der unmut, wenn dann noch parteimitgliedschaften oder gar aktive beteiligung der „tätergeneration“ ruchbar wurde.

für die damals jungen war das alles einfach nur unfassbar. wie konnte es so weit kommen? warum hat niemand etwas rechtzeitig unternommen? warum waren die menschen dem faschismus zumindest scheinbar so passiv gleichgültig gegenüber?

in den letzten wochen beschleicht mich ein merkwürdiges bild. ich sehe die ganz alten vor mir, jene, die eventuell sogar zwei weltkriege miterleben mussten, zumindest aber die zwischenkriegszeit und den zweiten weltkrieg.

ich sehe sie vor mir sitzen. betroffen über die seinerzeitigen anwürfe der jungen. mit leicht bitter-ironischem lächeln scheinen sie ihre arme zu verschränken, während sie sich zurücklehnen und zu uns sagen: „nun? da habt ihr eurer schlamassel! jetzt zeigt mal, was ihr besser macht, als wir damals!“

und es geht mir nicht gut bei dem gedanken, wie sicher wir uns doch waren, dass wir sicher nie so naiv sein werden und der schrittweisen zurücknahme von demokratie und freiheit einfach nur zusehen würden. wie sicher wir uns doch waren, dass sich die geschichte niemals wiederholen würde.

doch wir tragen verantwortung: die geschichte hat uns – viel eindringlicher als es unseren vorfahren widerfahren war – gelehrt, in welche katastrophe fahrlässige oder gar gezielte spaltung, blinde hetze und wütende feindbildkultur führen. wir können nicht sagen, dass wir es nicht wüssten, denn wir haben es nur allzuoft erzählt bekommen.

schnell waren wir bei der verurteilung der vorfahren, anstelle über unsere eigene verantwortung nachzudenken. „also nein! uns? uns könnte solcher wahnsinn wie damals nie passieren“, sagten wir.

wie steht es um den unterschied zwischen ertrinken lassen und erschiessen?
was ist mit der zerstörung sozialen zusammenhalts und aufkündigung von sicherheit? das verächtlich machen einzelner menschengruppen nach rassistischen mustern oder das lächerlich machen über armut? was ist mit der zerstörung solidarischer werte zu gunsten platter feindbilder?

und eine opposition? wo ist sie? hat wohl probleme. sowohl bei der findung der position, als auch bei der frage nach dem wogegen.

wo bleiben die ideale einer aufgeklärten, humanistisch geprägten kultur europas?
ist alles schon nicht mehr wahr?
sind wir endgültig kulturlos?

„nie wieder“ war wohl zu selbstgefällig.

(auch in: der Standard, 9.8.2018)

ali wajid – ein monat im #kirchenasyl

vor einem monat – exakt am 3.7.2018 –  hat der salzburger lehrling ali wajid das angebot eines kirchenasyl des salzburger erzbischofs franz lackner angenommen, um sich vor einer akut drohenden abschiebung nach pakistan zu schützen. möglich wurde dies durch die spontane bereitschaft des erzabts korbinian birnbacher, dem schutzsuchenden eine bleibe im kloster st.peter zu geben.

dechant alois dürlinger, beauftragter sprecher des erzbischofs franz lackner, nimmt ein monat kirchenasyl zum anlass, öffentlich stellung zu nehmen:

„ich bin dankbar für duldung und gleichzeitig in grosser sorge über die vielen ähnlich gelagerten fälle. da besteht dringender handlungsbedarf.“ dürlinger wünscht sich „dringenst eine prinzipielle umkehr der fragestellung: statt ständig zu fragen, wen können wir abschieben, sollten wir uns die frage stellen, wem können wir schutz und bleiberecht geben. denn diese menschen verdienen unsere hilfe und wir brauchen diese menschen!“

dürlinger bringt es dann sehr grundsätzlich auf den punkt: „migration ist der atem der welt. es bringt uns nicht weiter, wenn wir uns in der zeit der sattheit einigeln, denn das ist eine sehr kurzsichtige umgangsweise mit unserem mitmenschen.“

bernhard jenny, menschenrechtsaktivist und vorstandsvorsitzender der ARGEkultur, ist von der welle der solidarität beeindruckt: „das kirchenasyl hat spürbar sehr viele menschen, die bisher sich noch nicht im detail mit den fragen rund um asyl und abschiebungen befasst hatten, ein feingefühl dafür entwickelt, dass hier etwas sehr schief läuft. menschen, die wir dringenst brauchen zwangsweise abzuschieben, ist nicht vernünftig zu erklären. hier muss raum für menschlichkeit und weitblick für eine offene gesellschaft neu entstehen. den immer wieder zitierten satz >gesetz ist gesetz< kann ich gerade im gedenkjahr 2018 nicht hören.“

im laufe dieses monats hat sich sehr vieles ereignet: unzählige gespräche zwischen hohen vertreter*innen aus kirche, landesregierung, innenministerium, behörden und organisationen hatten ein grosses ziel vor augen: eine humanitäre und sichere lösung für ali wajid, der sehr rasch zu einer symbolfigur für so viele andere in ähnlicher situation wurde.

mit ausnahme einer polizeilich durchgesetzten vorführung von ali wajid zwecks belehrung durch das BFA (bundesamt für fremdenwesen und asyl), die aufgrund durch den leiter des BFA salzburg gegebener und dann auch eingehaltener garantien ohne verbringung von ali wajid nach schwechat verlief, wurde bis dato das kirchenasyl auch von den behörden geduldet. damit wird es allen, die an einer sinnvollen lösung dringend arbeiten möglich, in ruhe an einer solchen zu arbeiten.

bernhard jenny: „wir brauchen ein weit über parteigrenzen, organisationsstrukturen und gesellschaftliche lager hinweg verbundenes netzwerk der >menschen guten willens<. diese sind viel mehr, als wir es glauben. es ist beeindruckend, wieviele menschen aus völlig unterschiedlichen richtungen ihre solidarität bekunden. wenn sogar menschen aus fpö-kreisen sich melden, weil sie ali wajid und all den anderen einen arbeitsplatz wünschen, dann zeigt das, dass etwas im umbruch ist. und das ist gut so. möge das kirchenasyl zu einem grundsätzlichen wendepunkt im gesellschaftlichen diskurs österreichs werden!“

wie es konkret mit ali wajid nach dem zweiten asylantrag mit nachfluchtgrund weitergeht, ist freilich nach wie vor offen. aber vom landeshauptmann wilfried haslauer, über präsidentin elisabeth mayer (katholische aktion salzburg), direktor johannes dines (caritas salzburg) bis hin zu zahlreichen menschen aus kirchlichen organisationen, ngos, behörden, ämtern, reicht die gruppe jener, die gemeinsam mit dem anwalt dr. peter perner so bald wie möglich eine sichere lösung für ali wajid wollen.
es wäre ein gewinn für unsere gesellschaft.

das bild zeigt ali wajid in der stiftskirche st.peter am ersten tag des kirchenasyls, 3.7.2018. (bernhard jenny cc by nc)

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ORF ZIB MAGAZIN – FR 13.7.2018
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VATICANNEWS – SA 14.7.2018
https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2018-07/oesterreich-pakistan-fluechtling-asylverfahren-abschiebung.html

DIE PRESSE – SO 15.7.2018
presse am sonntag, seite 9 pdf

ORF ORIENTIERUNG – SO 15.7.2018
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