zwei frauen werden von drei männern vor der toilette eines fast-food-restaurants in offenbach angegriffen, vermutlich auch sexuell bedrängt, tugçe sieht nicht weg, sie geht dazwischen, will den streit schlichten. einer der angreifer, ein 18-jähriger, schlägt der 22-jährigen tugçe albayrak in folge derart brutal gegen den kopf, dass sie darauf trotz notoperation zwei wochen im koma lag und nach dem festgestellten hirntod zwei wochen später den verletzungen erlag. ihre lebenserhaltenden geräte wurden genau an ihrem 23. geburtstag abgeschalten.
viele erschüttert dieses geschehen. verständlicherweise. was seither auf diversen internetseiten und in diskussionsforen abgeht, ist sowohl beeindruckend, aber auch beängstigend. da sind einerseits jene, die in der beherzten aktion von tugçe ein heldenhaftes beispiel für zivilcourage sehen, da sind andere, die sich darin bestätigt fühlen, eben nicht dazwischen zu gehen, denn hier würde ja klar sichtbar, wie das enden kann.
während die einen ein postum verliehenes bundesverdienstkreuz für die deutsche tugçe fordern, ergehen sich andere in rassistischen und fremdfeindlichen diskussionen, der migrationshintergrund bei tätern wie opfer wird hier zynisch hin- und herdiskutiert. und natürlich wird auch der „her mit schärferen strafen“-reflex aktiviert. ist das die lösung?
tugçe ist tot. tugçe wurde für viele zum symbol. tugçe ist ein einzelfall. oder eben nicht. tugçe albayrak oder dominik brunner müssen uns alarmieren: gewalt und hass dürfen niemals einfach mit achselzucken in kauf genommen werden.
was ist mit denjenigen, die nicht hinschauen, nicht dazwischen gehen, die gleichgültig bleiben. sie geben der gewalt indirekt immer mehr raum, lassen die aktionen der „couragierten“ zu mitunter lebensgefährlichen einzelaktionen werden.
die kernfrage lautet:
isoliert eine um sich greifende gewalt die wenigen couragierten, weil die masse gleichgültig wegsieht, oder isoliert eine couragierte gesellschaft die gewalt, weil allen selbstverständlich ist, wie tugçe albayrak zu handeln.
damit wären wir bei der frage, wie solidarisch unsere gesellschaft, wie inkludierend und verbindend sie wirkt und ist. schafft unsere gesellschaft rahmenbedingungen des sozialen friedens oder ist sie opfer entsolidarisierender, verrohender kräfte?
tugçe wurde mit ihrem tod zur organspenderin.
wohl eine der höchsten formen der persönlicher solidarität mit anderen.
trauer um tugçe als medialer hype reicht nicht.
der tod von tugçe muss konsequenzen in uns allen haben.