wir sind alle 24, pflegebedürftig und familie!

bild: ronronron (creative commons)

wenn jetzt mit diesem budget der rotschwarzen phantasielosigkeit den jungen menschen, die sich bis dato von beengten räumlichen und miserablen organisatorischen bedingungen nicht von einem studium abschrecken liessen, der boden unter den füssen weggezogen wird, dann trifft das viele hart.

es trifft aber nicht nur die 24-26jährigen und deren familien. es trifft uns alle. denn schlechte bildungsangebote, die früher zur ausbildung verkommen waren, verdienen nicht einmal mehr diese bezeichnung. neben wenigen ausnahmen an manchen hochschulen ist die österreichische bildungslandschaft zu einer kraterlandschaft in folge der neoliberalen bombenangriffe geworden.

dann sind da noch die pflegebedürftigen. also wieder einmal die schwächsten unter den schwachen. diejenigen, die weder selbst, noch deren familien, eine alternative haben. pflege ist eben kein luxusgut, das ich mir gönnen kann, wenn ich gerade zuviel geld habe. pflege ist ein grundbedürfis, das, wenn ich darauf angewiesen bin, so unverzichtbar ist wie trinken und essen. da wird gespart. dafür haben wir kein geld mehr. dass schlecht gepflegte menschen weniger lang leben und daher noch billiger kommen, als auf den ersten blick erkennbar, wird hoffentlich niemand durchgerechnet haben. oder doch?

und dann die familien. irgendwann einmal (kann ich mich noch erinnern?) war eine partei in österreich als die „familienpartei“ angetreten und predigte immerfort vom zentralen wert der familie für unsere gesellschaft. wo ist diese partei geblieben?

15 milliarden hat diese regierung im vorjahr als eigenkapitalstütze den banken reingeschoben. das paket der nun beschlossenen grausamkeiten bringt gerade mal 2,8 milliarden an „budgetentlastung“.

die reale belastung aber der familien, pflegebedürftigen und deren angehörigen sowie der studierenden ist kaum zu beziffern. diesen menschen 2,8 milliarden wegzunehmen bedeutet tausendfach stress, überforderung, unabsehbare folgen wie krankheit und zerstörte lebenspläne.

und wer glaubt, dass die auswirkungen „nur“ auf die staatlich beraubten zielgruppen beschränkt bleiben, ist sowieso naiv. diese einschnitte treffen uns alle. und daher müssen auch wir alle dagegen aufstehen. da könnten wir uns von den menschen in frankreich etwas politische kultur abschauen.

oder wir handeln systemkonform.
familien, pflegebedürftige und studierende:
wir sollten eine bank gründen.

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bild: ronronron (creative commons)

polizisten demonstrieren vermummt gegen fekter

polizisten beteiligen sich an antirepressionsdemo in salzburg

am freitag fand in salzburg eine demo gegen repression und polizeigewalt statt. zirka 200 vorwiegend junge menschen, die ein klares antifaschistisches zeichen gegen die vorkommnisse der letzten monate und jahre setzen wollten, zogen in einem demonstrationszug vom vorplatz des salzburger hauptbahnhofes in die innenstadt und dort vor das gefängnis.

redebeiträge, flugblätter und transparente sollten auf die politische und polizeiliche repression gegen viele menschengruppen hinweisen.

logisch immer wieder auch im mittelpunkt heftiger protestrufe: unsere deportationsministerin und politborderlinerin. „widerstand im fekterland“ wurde immer wieder lautstark gerufen.

bemerkenswert ist allerdings, dass polizisten bereits derart unzufrieden mit der agitation ihrer chefin sind, dass sie sich an der antirepressionsdemo beteiligen. es war nur eine frage der zeit, dass sich jene, die von „ganz oben“ immer vorgeschickt werden, um harmlose demonstrationen niederzuprügeln oder friedliche asylwerberInnen gewaltsam aus dem schlaf zu reissen und zu deporteren, dagegen aufbäumen.

es muss für die offiziell begleitenden polizisten schon ein eigenartiges gefühl gewesen sein, den einen oder anderen kollegen auf einem demomarsch durch salzburg zu sichern. manche versuchten zwar durch vermummung von ihren kollegen nicht erkannt zu werden, was aber nicht geglückt ist.

unter den so vermummten polizisten, die in ihrer freizeit antifaschistische demos tatkräftig unterstützen, war ausgerechnet einer jener polizisten, die im prozess gegen die „widerstand im fekterland“-aktivisten als zeuge auszusagen hatten.

ps. ich hätte keinen polizisten durch diese berichterstattung unvorsichtigerweise „geoutet“, wenn sie nicht ohnehin von den vorgesetzen direkt am ende der demo erkannt worden wären. seine verblüffung versuchte kriminalchef huber allerdings mühsam zu verbergen.

pps. auf indymedia schreibt offensichtlich ein vertreter der exekutive „ihr ward sicher keine 200, mehr als 100 vielleicht“ – waren es dann am ende ca. 80 – 90 polizistInnen?

familie komani darf definitiv bleiben

bleiberecht ohne wenn und aber

dies ist keine utopie, dies ist die moralische verpflichtung unseres landes und aller agierenden, die in dem schrecklichen fall der schweren traumatisierung zweier kleiner mädchen, ihres vaters und ihrer mutter noch etwas zu sagen haben.

es ist unvorstellbar, dass die zwillinge nun nach brutalster deportation und schliesslich auch nicht leicht verkraftbarem aufenthalt in pristina und dann der rückkehr ins mediale blitzlichtgewitter nun neuerlich zwischen die mühlsteine einer ohnehin nicht akzeptablen rechtsmaschinerie geraten sollen, was wiederum für monate und jahre ungewissheit und verunsicherung bedeuten würde.

wer dieser familie nach alldem, was ihr zugemutet und angetan wurde, nicht ohne zu zögern und ohne wenn und aber das wohlwollenste bleiberecht, das unsere gemüter aufbringen können, einräumt, macht sich einer neuerlichen und fortgesetzten traumatisierung schuldig.

dies gilt auch für die rechtsvertreterInnen, die die familie beraten und betreuen: jeder bürokratische akt, jede rechtliche hin- und herinterpretation, jeder versuch, die angelegenheit so oder so anzugehen wird nur zur neuerlichen verletzung von kinderseelen und jener der eltern.

wer dieser familie mit gerichtlichen und – vollmacht hier und verfügung dort – polizeilichen aktenbündeln nachrennt, mag es vielleicht gut meinen, wird aber ungewollt zu komplizen der täterInnen.

wer mag sich eine neuerliche abschiebung der familie komani vorstellen? in einem halben jahr? in einem, drei oder fünf jahren?

jetzt ist mut angesagt, das einzig richtige zu fordern:

familie komani darf defintiv bleiben. ohne wenn und aber.
das sind wir dieser familie mit ihren kleinen töchtern schuldig.

tanztheater fordert glauben an utopien

tomaz simatovic, viviana escalé © Bettina FRENZEL

so aufgelöst und kaum vorhanden die grenzen zwischen heute und mittelalter, zwischen news und sagenwelt erscheinen, so klar und deutlich kommt die aussage rüber: mit „könig artus“ (gestern und heute im rahmen des tanz_house festivals in der ARGEkultur) bezieht editta braun und ihre company stellung: wir dürfen nicht aufhören, trotz aller gescheiterten versuche und bitteren niederlagen an ein friedliches zusammenleben zu glauben – selbst wenn es eine utopie zu sein scheint. so klare, mit allen mitteln ausgedrückten botschaften sind in den letzten jahrzehnten des tanztheaters selten. oft genug wurde fast krampfhaft versucht, nur ja nicht eindeutig, nicht einmal vieldeutig, sondern gezielt diffus zu bleiben. nicht so die editta braun company. sie wird konkret.

und das ergebnis ist ein ganzes.

markus kofler © Bettina FRENZEL

markus kofler kontrolliert als merlin akrobatisch das geschehen rund um artus, verfällt aber immer wieder in zweifel, experimentiert mit den menschen, scheint gefallen daran zu finden um letztlich aufzugeben, kennt er doch als einer, der auf der timeline von vorne nach hinten unterwegs ist, bereits das ergebnis der bemühungen des königs. koflers vielschichtig angelegte präsenz erreicht, dass dieser merlin weder besserwisser noch belehrender bleibt, sondern weggefährte und mitleidender des königs wird.

tomaz simatovic © Bettina FRENZEL

dieser, von tomaz simatovic sehr detailgenau und einnehmend einfühlsam dargestellt, durchwandert alle gemütszustände des lebens. simatovic ist weder tanzender schauspieler noch schauspielender tänzer, er vereint wie selbstverständlich diese genres, errichtet räume, zeiten, emotionen auf fast leerer bühne. er eröffnet bewegungsabläufe, die ein einlassen fast erzwingen, zumindest dazu einladen, denn er führt sie sicher konsequent zu ende, und dann hinein in die nächste szene.

viviana escalé © Bettina FRENZEL

viviana escalé bringt, ganz das wesen aus der anderswelt, jene zartheit und sinnlichkeit auf die bühne, die artus so verzweifelt sucht. sie nimmt sich zeit, feinheiten zu entwickeln, die, gerade noch da, für die irdischen betrachterInnen viel zu schnell verwehen. sehnsucht entsteht, noch mehr von diesen, in einer aufgeklärten welt verpönten qualitäten sehen zu können.

nochmal: das ergebnis ist ein ganzes.
die musik von thierry zaboitzeff, die mal in die sagenwelt entführt, dann wieder in die heutige dramatik versetzt, ist ebenso unverzichtbar für diese produktion, wie das bemerkenswerte lichtdesign von peter thalhamer, das durch klarheit und exaktheit überzeugende szenen ermöglicht.

die texte, welche basierend auf t.h.whites romanadaption gemeinsam mit dem team und der dramaturgin gerda poschmann-reichenau erarbeitet wurden, trugen zur klaren aussage und zum mühelosen chanchieren zwischen mittelalter und gegenwart bei.

editta braun und ihrem gesamten team ist da ein konkretes statement gelungen. gesellschaftspolitische positionsangabe ebenso wie position in sachen tanztheater. ganz festival.

ps. dass sich editta braun und die künstlerInnen im anschluss an die uraufführung einem publikumsgespräch stellten, obwohl sie dabei in der überzahl blieben, ist auch bemerkenswert.

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fotos: © bettina frenzel, fotografin, wien

wieviel repression verträgt europa?

thousand.wor(l)ds (creative commons)

immer öfter tauchen hashtag-ansammlungen in tweets auf, die auf den ersten blick eine wahllose ansammlung von themen zu sein scheinen, die nicht direkt miteinander zu tun haben. da mischt sich #s21 mit #antifa, #eurise, #krise mit #akw #atomausstieg, #abschiebung, #asyl, #deportation, #roma, #sinti, #frankreich, #unibrennt, #polizeigewalt usw. die liste könnte lange weitergehen.

allerdings erklärt ein zentraler – oft in diesen ansammlungen vorkommender – hashtag ganz schnell die diversen sammlungen: #repression.

und in der tat. es geht in all diesen themen immer wieder um das thema, wieviel die einen, nämlich diejenigen, die an den hebeln der macht sitzen, den anderen, also jenen, die unter einer herrschenden bemächtigung zu leiden haben, zumuten können und dürfen.

da wird schamlos gepackelt und die politik an konzerne verhurt, damit diese auf jahrzehnte hinaus millionen im sekundentakt gewinnen können, da werden massenabschiebungen von menschen durchgeführt, die freie eu-bürgerInnen sein sollten, wären sie keine roma und sinti, und angedrohte sanktionen der europäischen kommission wieder still und leise schubladisiert, da werden familien auseiandergerissen und kleine kinder mit sturmgewehren aus dem bett geholt, um deportiert zu werden, da werden mit der altbekannten ausrede, es wäre kein geld mehr da, bildungswege und damit chancen junger menschen zerstört, da werden menschen, die ihr garantiertes recht auf demonstrationsrecht in anspruch nehmen wollen, brutalst vom asphalt gespritzt und geprügelt, da werden polizistInnen als provokateure unter die friedlichen demonstrantInnen gemischt, um später dann die gewaltbereitschaft eben diesen zu unterstellen, tierschützerInnen werden der mafia und dem terrorismus zugeordnet, sachbeschädigerInnen inhaftiert, während wohnheim-brandstifter freigehen.

warum feiert die gewaltsame repression in europa so fröhliche urstände?
weil ein megariesenultrabetrug im gange ist. wir sollen glauben, dass wenig platz sei, kein geld mehr da sei, zuwenig energie, aber zuviele fremde menschen, zuviele bittstellerInnen und sozialschmarotzerInnen, zuviele, die einen beruf ergreifen wollen, der sie wirklich interessiert, zuviele gewaltbereite, terrorismusplanende kinder. da werden die mittel für hart erarbeitete pensionen gestrichen, pflege alter und kranker wird zum kostenfaktor, den wir uns nicht mehr leisten wollen, hartz 4 empfängerInnen werden nach einem grundsatzurteil mit ein paar cent neuberechnung verarscht.

aber wie geht der spruch? “mein geld ist nicht weg, es hat nur ein anderer.” eben. unsere gelder für das sozialwesen, für bildung und gesundheit, für pensionen und infrastruktur ist nicht weg. es haben nur andere. und die bekommen langsam angst, ein paar unzufriedene könnten versuchen, es sich zu holen.

deshalb müssen die robocops von nikolas, angela und deren nachahmerInnen in kleineren ländern schon mal üben. es repressiert.

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seit gestern bin ich im team des kritischen blogs nonapartofthegame.eu
ich freue mich sehr über die einladung, dort quasi als „senior“ mitschreiben zu dürfen. dort erscheinende artikel werde ich hier in meinem zentralen blog jeweils mit mindestens 24 stunden verzögerung dokumentieren, sie erscheinen hier in der kathegorie nonapartofthegame. dieser artikel ist auch unter dieser adresse erreichbar
http://nonapartofthegame.eu/?p=1893

bild: thousand.wor(l)ds (creative commons)

es muss endlich schluss sein. fekter muss gehen. abschiebungen müssen aufhören.

schluss mit fektern!

ein blick in die heutigen meldungen zeigt das chaos, welches ergebnis der fekterschen unpolitik ist. weil die wogen der empörung nach der abschiebung von kindern zu hoch wurden, wird nun zurückgerudert. die zwillinge dürfen wieder zurück. dieser familie allerdings neuerlich ein verfahren zuzumuten, anstelle nun unbürokratisch einen humanitären aufenthalt als teil einer mindestentschädigung für den verursachten psychischen schaden zuzugestehen, wäre zynismus zum quadrat.

wer allerdings wirklich dachte, dass sich etwas verändert in der fekterschen asylpolitik kann ebenso heute lernen, was die politborderlinerin offensichtlich vereinbaren kann: da wird einerseits eine der bekannt gewordenen abschiebungen zurückgenommen, in der hoffnung, die aufregung würde sich beruhigen lassen, andererseits wird unvermindert weiter grausamkeit systematisch betrieben. nun ist es u.a. eine linzer familie, die nun nach 8 jahren das land verlassen soll. „wenn ich nach mazedonien muss, kann ich dort nicht in die schule gehen, weil ich die sprache nicht kann,“ sagte die 12jährige sara lakota in eine, orf-interview.

inzwischen berichten medien von zig weiteren familien im bundesgebiet, die ebenfalls von absurder abschiebung bedroht sind.

es muss endlich schluss sein.
fekter muss gehen.
abschiebungen müssen aufhören.

gerade weil strachismus droht,
müssen die demokratiebewussten endlich handeln:
wir müssen mut zur menschlichkeit haben.

nach erstreflex dringend weiterdenken

refugiados en malta / refugees in malta (olmovich / cc)

kritik darf nicht im erstreflex stecken bleiben. weiterdenken ist angesagt. wenn jetzt zahlreiche institutionen, initiativen und einzelpersonen lautstark proklamieren, dass kinder nicht ins gefägnis gehören, so ist das in jedem falle richtig und zu unterstützen. http://www.gegen-unrecht.at/

kein wunder. die bilder der abgeschobenen kinder erschüttern wirklich schnell. da ist der „das darf doch nicht wahr sein!“-reflex schnell da. immerhin. aber wir müssen weiterdenken. was haben wir da erkannt? geht es da nicht in wirklichkeit um noch viel mehr?

gerade gestern habe ich in einem sehr persönlichen gespräch mit einem flüchtling erfahren müssen, dass er fest vor hat, im falle seiner abschiebung sich umzubringen. nach all dem, was er bis dato durchmachen musste, über all die jahre, würde er die abschiebung, das rückversetzt werden auf null im spiel seines lebens, nicht verkraften.

darf uns das wirklich egal sein?

sind nicht flüchtlinge, also menschen, die aus bedrängnis und lebensgefahr bei uns schutz suchen, ebenso angewiesen auf unseren schutz, wie diese kinder? wie gesagt, es ist gut, dass uns noch etwas empören kann.

wenn wir uns gegen die hinrichtung von behinderten menschen oder minderjährigen einsetzen, so eben nicht deshalb, weil die hinrichtung anderer richtiger wäre, sondern weil in diesen fällen die grausamkeit und absurdität nur besonders sichtbar wird.

und ebenso ist dies bei den abschiebungen: sie sind grundsätzlich zu hinterfragen. wenn menschen etwas verbrochen haben, sollen sie sich vor gericht verantworten müssen, wie alle anderen. wenn sie nur von wo anders kommen, darf dies kein verbrechen sein. und schon gar kein grund, ihnen nach einer langen geschichte der schwersten traumatisierungen noch weitere schwere traumen zuzufügen.

was für kinder gilt, gilt für familien ebenso wie für einzelne menschen.
kein mensch ist illegal.

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foto: olmovich: refugiados en malta / refugees in malta (creative commons)