gefährliche aggression gegen bettelnde armutsreisende

seit dem aufsehenerregenden vorfall vor dem franziskanerkloster (siehe orf) bin ich mehrfach durch die salzburger innenstadt gegangen. dabei ist mir etwas aufgefallen: es gibt eine spürbare steigerung der aggression gegen bettelnde armutsreisende.

ein stark alkoholisierter mann um die 50 beschimpfte heftig jene armutsreisende, die unmittelbar vor der klostertüre der franziskaner sitzt und bettelte (wohl in der preunerschen diktion) „aggressiv“ und lautstark: „haben sie ein paar cent oder euro für einen ÖSTERREICHER?“

rassismus unter bettelnden – ist es das, was die franziskaner wollten?

später dann in der kaigasse und kapitelgasse beschimpfen salzburger*innen schon von weitem die dort leise sitzenden oder strassenzeitung verkaufenden: „gehts was arbeiten ihr gsindl“, „ihr gehört da nicht her“, „weg mit dem zigainadreck“ ist da zu hören.

aufwiegeln gegen bettelnde – ist es das, was die franziskaner wollten?

es kann sein, dass die situation überfordert. aber auch klosterbrüder sollten den kontext realisieren und die fatalen folgen antizipieren können, wenn sie „wegen der rumänischen banden“ die „wärmestube schliessen“ und sich als opfer der banden darstellen lassen.

wenn wahr sein soll, dass „alles was ihr einem meiner geringsten brüder“ jesus angetan wird, dann haben die brüder nun ihren gottessohn ausgesperrt.

der ruf der salzburger kälte nach einem ausgeweiteten bettelverbot wird nichts lösen, kann aber viel zu viel auslösen. vergessen wir zb. die regelmässigen fäkalattacken auf einen armutsreisenden nicht!

die klosterbrüder haben die arbeit für hetzende und hassredende gemacht.
vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. oder?

aber sie steigt und steigt:
gefährliche aggression gegen bettelnde armutsreisende

eilmeldung: brandanschlag auf zwei schlafplätze von armutsreisenden

bernhard jenny

wie ich soeben von raim schobesberger (verein phurdo) erfahren habe, wurde heute auf zwei schlafplätze von armutsreisenden in salzburg brandanschläge verübt. raim schobesberger berichtet über die grosse angst, die die betroffenen nun haben, sie trauen sich nicht mehr einfach nur zu schlafen, sie wechseln sich ab, damit immer jemand aufpasst, dass nichts passiert. die übergriffe werden immer unerträglicher und sind ein immer stärker werdendes zeichen für jene stimmung, die raim schobesberger an ein neue pogrom denken lässt.

verbittert berichtet raim schobesberger, dass die polizei den sachverhalt zwar protokolliert habe, aber ihm auch deutlich gesagt habe „dass man da nichts machen könne“.

was ist los in der menschenrechtsfestspielstadt salzburg???

es sind leider nicht die ersten vorkommnisse dieser art in salzburg.

attacken auf schlafende frauen

rollkomandos in salzburg?

offene antwort auf schreiben von salzburgs bürgermeister schaden

foto: bernhard jenny cc licence by sa

sehr geehrter herr bürgermeister dr. heinz schaden!

danke für ihre rasche antwort, wenngleich mich diese nicht im geringsten beruhigt.

im gegenteil.

die „geduld der bevölkerung“ ist die geduld der satten und in sicherheit lebenden.

die „handlungen“, die die stadt setzen könnte, wären vielfältig:

  • klarstellung, dass schluss mit jeder form von hetze und diskriminierung von armutsbetroffenen sein muss
  • sicherstellung, dass die betroffenen menschenwürdig und auf augenhöhe von der stadt begrüsst werden
  • betreuung der betroffenen in jeglicher hinsicht (sozial, medizinisch, unterkunft, verpflegung, bildung)
  • als menschenrechtsstadt salzburg aufnahme von konkreten partnerschaften mit den herkunftsorten wie dumbraveni
  • anerkennen, dass betteln ein menschenrecht ist.

wenn sie jedoch an bettelverbote denken, lösen sie garnichts, im gegenteil, sie verschlimmern in gefährlicher weise die lage der betroffenen!

mit der bitte um dringendes umdenken,

bernhard jenny

aggressives und organisiertes betteln? strafverfahren eingestellt!

foto: blu-news.org creative commons licence by sa

seit februar liegen urteile des landesverwaltungsgerichts salzburg vor, die wesentliches klar stellen:

mit diesen urteilen werden straferkenntnisse behoben und das verwaltungsstrafverfahren gegen beschuldigte eingestellt, denen aggressives betteln und organisiertes betteln vorgeworfen worden war.

auch wenn manche mitarbeiter_innen bei polizei und behörden – den forderungen der hardliner folgend – immer wieder armutsreisende menschen beamtshandeln, strafen aussprechen und tatbestände konstruieren, bleibt bei seriöser beurteilung am ende nicht viel über. die urteile lassen auch erkennen, dass mit den strafbescheiden in mehrfacher hinsicht weit über das ziel hinausgeschossen wurde, ja manche tatbestandsschilderungen bzw. bewertungen ziemlich unhaltbar sind.

die urteile des landesverwaltungsgerichts salzburg sind aber nicht nur ein erfolg für die betroffenen, sondern auch für die humanitäre arbeit der mitarbeiter_innen des vereines phurdo, die in salzburg den menschen aus rumänien mit grossem engagement helfend und beratend zur seite stehen.

leider ist der schaden durch die unhaltbaren vorwürfe der polizei dennoch bereits passiert: die betroffenen waren grossem stress ausgesetzt, wurden kriminalisiert, wurden eingeschüchtert und mit unwahren behauptungen zur anzeige gebracht. bezugnehmend auf diese urteile macht alina kugler vom verein phurdo auch noch auf einen weiteren wichtigen punkt aufmerksam:

Dies bedeutet leider im Umkehrschluss auch, dass viele der Bettelnden zu Unrecht die Strafen bezahlt haben oder dafür die Ersatzfreiheitsstrafe abgesessen haben. Da ähnliche, wenn nicht sogar fast identische Strafverfügungen nicht beeinsprucht werden konnten.

leider ist nicht gesichert, dass die urteile des landesverwaltungsgerichts salzburg zur folge haben, dass die konkrete vorgangsweise der polizei sich wirklich ändert. es wird weiter von der individuellen gesinnung und menschlichen haltung der einzelnen polizist_innen abhängen, wie mit menschen umgegangen wird, die von hetzer_innen als gesellschaftliche feindbilder instrumentalisiert werden sollen. und es wird weiterhin strafen geben, die nur dann, wenn die betroffenen das glück haben, einen einspruch bewerkstelligen zu können, auch wieder aufgehoben werden müssen.

hinter vorgehaltener hand bestätigen allerdings insider, dass so manches vorgehen der polizei politisch gesteuert ist und es ausdrücklich gern gesehen wird, wenn möglichst viele anzeigen zustande kommen. futter für die hetzenden hardliner. welch eine überraschung!

es bleiben viele fragen offen. warum ist es in einer der reichsten gesellschaften der welt nicht möglich, mit armutsbetroffenen menschen grundsätzlich korrekt und auf augenhöhe zu leben und ihnen entsprechend zu begegnen? warum ist armut ein verbrechen, das bestraft wird? warum müssen hetzer_innen menschen kriminalisieren, die nichts, aber auch gar nichts mehr zu verlieren haben, während die wahren verbrechen ungeahndet bleiben. warum müssen sich engagierte helfer_innen eines äusserst bescheiden unterstützten vereines tag um tag gegen windmühlen werfen, die ausschliesslich der befriedigung xenophober und rassistischer ängste dienen? wir haben allen anlass uns zu schämen.

dennoch machen diese urteile hoffnung.
aggressives und organisiertes betteln? strafverfahren eingestellt!

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foto: blu-news.org creative commons licence by sa

sind visionen nur illusion?

2015

visionen. ganz unbescheiden hier meine visionen 2015, ohne anspruch auf vollständigkeit. ich könnte diese visionen niemals alleine bewerkstelligen, aber vielleicht finden sich manche, die ähnliche visionen haben. ich will gemeinsam mit vielen daran arbeiten, sie von der illusion zur realität werden zu lassen.

visionen 2015

  • wir nehmen menschen, die bei uns in sicherheit leben wollen, ohne wenn und aber auf und unterstützen aktiv menschen, die sich auf flucht befinden.
  • wir überlassen allen menschen die freie wahl des ortes zu leben, weshalb deportationen und abschiebungen endgültig der vergangenheit angehören.
  • wir unterscheiden nicht mehr zwischen menschen, die familie in verschiedensten formen gründen dürfen und solchen, die das nicht dürfen.
  • wir erfahren, dass jede oberflächliche normierung von bildung diese zur ausbildung deklassiert und schaffen im sinne einer offenen gesellschaft sehr diverse und freie wege zum wissen für alle.
  • wir wollen, dass wissenschaft mehr, viel mehr ist, als statistische stricherl zählen und das anhäufen von ects-punkten und lassen aus universitäten und akademien wieder orte werden, in denen menschen sich weiter entwickeln.
  • wir erreichen eine regierung, die ab sofort keine banken mehr rettet und grosskriminalität schützt, sondern die einzelnen menschen in schutz nimmt, wenn sich banken verspekuliert haben und/oder ihrer kriminellen energie zum opfer fallen.
  • wir beschliessen, dass rassismus keinen platz hat, weil rassimus keine meinung, sondern ein verbrechen ist. weder im parlament, noch in talkshows und schon gar nicht im täglichen leben.
  • wir ermöglichen die umsetzung einer inklusiven gesellschaft und sichern – ohne zynische kostendiskussion – folgerichtig allen, ausnahmslos allen, die teilhabe an bildung, gesellschaftlichem leben, wohnen, medizinischer versorgung, pflege und persönlicher assistenz.
  • wir erkennen in dankbarkeit den reichtum, in dem wir in unseren regionen leben, welcher u.a. auch ergebnis ausgelagerter ungerechtigkeiten ist, als verantwortung und lassen nicht zu, dass armut und elend zum anlass für menschenjagd und hetze werden.
  • wir sehen die fülle an werten, die zahllose ngos und ehrenamtliche mitarbeiter_innen für die gesellschaft generieren und sorgen für ein bewusstsein, das social profit benennt und nicht als non profit abwertet.
  • wir hören in allen bereichen des lebens auf, menschen zu sortieren. aus der erkenntnis, dass wir alle anders sind, folgt, dass kein unterschied uns das recht gibt, menschen zu diskriminieren.
  • wir setzen uns für die menschenrechte als unteilbares grundrecht für alle menschen ein. niemand hat das recht, menschenrechte zu verwehren.
  • sind visionen nur illusion?

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    dieser artikel ist am 30.12.2014 auf fischundfleisch.at erschienen und hier direkt abrufbar:
    https://www.fischundfleisch.at/politik-jetzt-ich/sind-visionen-nur-illusion.html

    no law. but far right order.

    foto: thomas szynkiewicz cc-by licence

    spätestens im oktober will harald preuner in der stadt salzburg sich neuerlich gegen die notreisenden profilieren. da kämen dem vp-vizebürgermeister ein paar hochgekochte und neugemischte mafiagerüchte nur recht. zumindest ein „ermittlungen laufen“ oder „dringender verdacht“ könnte helfen, die hetze gegen die armen wieder anzufeuern. ganz „zufällig“ werden da plötzlich rumänische polizisten in zivil in der stadt salzburg aktiv. die devise: jagd auf notreisende in der stadt. die berichte von betroffenen, die „kontrolliert“ wurden, sind besorgniserregend:

    „…sind zwei Polizisten in Uniform dort hin gekommen wo ich bettle (…) sie haben meinen Ausweis kontrolliert und fotografiert und sind dann weiter gegangen. Dann sind ca. 1 Stunde später zwei Polizisten in Zivil gekommen und haben mich von dort auf die Wache (…) mitgenommen.

    Dort bin ich in ein Zimmer gekommen und sollte alle Taschen ausleeren, alles was ich habe sollte ich herzeigen. Dies habe ich auch getan, ich hatte fünf Euro dabei. Die Polizisten haben gesagt, wenn ich nicht alles ausleere freiwillig, dann durchsuchen sie mich und dass was sie dann finden behalten sie. Mit mir im Zimmer waren zwei rumänische Polizisten, sie haben mir gesagt, dass sie extra für uns nach Salzburg gekommen sind, da die hiesigen Polizisten die Sprache nicht verstehen, und sie uns sagen möchten, dass wir wieder nach Hause gehen sollen.
    Weiter haben sie gesagt, wenn ich bis Samstag nicht abreise, dann holen sie mich und fahren mich irgendwohin, wo ich mich nicht auskenne, so dass ich nicht mehr zurück finden kann.

    Dann durfte ich gehen, aber sie haben noch gesagt, dass jedes mal wenn sie mich beim Betteln antreffen, vermerken sie dass und ich bekomme eine Strafe, die sie mir nach Rumänien nach Hause schicken, die so hoch ist, dass ich sie nicht bezahlen kann und deswegen ins Gefängnis gehe. Sie haben mir gesagt, dass ich hier nicht betteln darf und zurück in mein Dorf gehen soll.

    Dann haben sie mich noch gefragt, wie ich gekommen bin, was ich bezahlt habe und woher ich das Geld hatte. Ich war ca. 20 Minuten dort. Im Raum waren nur die zwei rumänischen Polizisten anwesend.

    Am nächsten Tag, Donnerstag sind sie wieder gekommen, haben mich beim Betteln photographiert, sie haben gesagt, dass sie mich heute nicht mitnehmen, aber dies vermerken und ich eine so hohe Strafe bekomme, dass ich sie nicht zahlen kann, sie schicken sie mir nach Rumänien, nach Hause.“

    eine andere betroffene schildert:

    „… sind zwei rumänische Polizisten in Zivil gekommen. Sie haben mich direkt mit auf die Wache genommen. Dort bin ich in ein Zimmer gekommen mit zwei rumänischen Beamten und einem Österreichischen Beamten. Sie haben zu mir gesagt, dass ich alles ausleeren soll (Taschen usw.), wenn ich dies nicht mache, dann machen sie das und behalten alles was ich dabei habe.

    Sie haben zu mir gesagte, dass ich in Salzburg nicht betteln darf, weil ich damit das Land Rumänien ins lächerliche ziehe. Ich war circa eine halbe Stunde dort. Sie haben weiter gesagt, dass wenn sie mich wieder treffen, nehmen sie mich mit und lassen mich irgendwo aus, wo ich mich nicht auskenne. Die Strafen werden sie mir nach Rumänien schicken. Sie vermerken, jedes mal, wenn sie mich beim Betteln antreffen.

    Am (nächsten Tag) sind wieder die zwei rumänischen Polizisten um a. 12 Uhr in Zivil gekommen, und haben mich wieder mitgenommen sie haben wieder das selbe gesagt. Gefragt wie ich hergekommen bin usw. Dann war ich eine Stunde dort. Sie haben gesagt, dass Betteln in Salzburg verboten ist.

    (…)

    Ich war ca. eine Stunde auf der Wache in den Zimmer mit zwei rumänischen und zwei österreichischen Polizisten alle in zivil. Wenn ich nicht freiwillig nach Hause gehe, dann bekomme ich eine Strafe, die so hoch sein wird, dass ich sie nicht zahlen kann und sie haben gesagt, dass sie mich irgendwohin fahren, wo ich mich nicht mehr auskenne.

    bestimmte kreise in salzburg wollen die gesetzliche situation einfach nicht wahr haben. sie wollen ein bettelverbot herbeireden und durchsetzen, obwohl es keine gesetzliche grundlage dafür gibt.

    • polizisten aus dem ausland werden (teilweise unbeaufsichtigt) in österreich tätig und verbreiten schreckensgerüchte und falschaussagen mit dem offensichtlichen ziel, notreisende einzuschüchtern. selten wird es dafür ohrenzeug_innen geben, selten wird eine solche vorgangsweise beeinsprucht werden. denn ausländische polizisten in zivil können mit duldung der österreichischen behörden am rand der legalität balancieren, ja vielleicht sogar auch mal kurz übertreten. wer merkt das schon.
    • gelernte österreicher_innen wissen, dass nichts zufall ist. die gesamte staatliche struktur ist schön doppelt gemoppelt, einmal rot, einmal schwarz. das zieht sich durch. jede_r beamt_in weiss genau, an wen welcher akt wann und wie weitergeleitet werden muss, damit die „richtige“ farbe zuständig bleibt. daher ist es auch kein zufall, in wessen zuständigkeit ein vorgang bei der polizei fällt.
    • daher ist es auch kein wunder, dass polizeisprecher michael rausch fleissig öffentlichkeitsarbeit gegen die notreisenden betreibt. die salzburger polizei macht politik. ganz im sinne von „harry“. harald preuner will seine bettelmafia-phantasien durchsetzen. und durchgreifen lassen.

    ungeachtet der tatsache, dass sich auch aus den eigenen reihen der övp bereits mehrfach stimmen meldeten, denen die hetzpolitik eines harald preuner zu weit (rechts) geht, will dieser offensichtlich mit hilfe einiger willfähriger hardliner fakten schaffen. menschenrechte ungeachtet.

    das herbstmotto in salzburg:
    no law. but far right order.

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    foto: thomas szynkiewicz cc-by licence
    bearbeitung bernhard jenny

    und sie assen alle und wurden satt.

    foto: papershot bernhard jenny

    ein böses, ja zynisches gerücht wurde heute über die kronenzeitung verbreitet: mag. tilmann knopf, amtführender pfarrer der evangelischen christuskirche in salzburg würde „bettelplätze“ vor seiner kirche verlosen. (sic!) sie bekämen sitzplätze und bei regen einen schirm, aber bei vier müsse schluss sein. hier nun die echte und wahre rede von pfarrer knopf, wie er sie in wirklich halten wollte, oder doch nicht?

    zuerst lesung aus dem evangelium:

    Die Speisung der Fünftausend (Markus 6, 30-44)

    Und die Apostel kamen zu Jesu zusammen und verkündigten ihm das alles und was sie getan und gelehrt hatten.
    Und er sprach zu ihnen: Lasset uns besonders an eine wüste Stätte gehen und ruht ein wenig. Denn ihr waren viele, die ab und zu gingen; und sie hatten nicht Zeit genug, zu essen.
    Und er fuhr da in einem Schiff zu einer wüsten Stätte besonders.
    Und das Volk sah sie wegfahren; und viele kannten ihn und liefen dahin miteinander zu Fuß aus allen Städten und kamen ihnen zuvor und kamen zu ihm.
    Und Jesus ging heraus und sah das große Volk; und es jammerte ihn derselben; denn sie waren wie die Schafe, die keinen Hirten haben; und er fing an eine lange Predigt.
    Da nun der Tag fast dahin war, traten seine Jünger zu ihm und sprachen: Es ist wüst hier, und der Tag ist nun dahin;
    lass sie von dir, dass sie hingehen umher in die Dörfer und Märkte und kaufen sich Brot, denn sie haben nichts zu essen.
    Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen. Und sie sprachen zu ihm: Sollen wir denn hingehen und für zweihundert Groschen Brot kaufen und ihnen zu essen geben?
    Er aber sprach zu ihnen: Wieviel Brot habt ihr? Gehet hin und sehet! Und da sie es erkundet hatten, sprachen sie: Fünf, und zwei Fische.
    Und er gebot ihnen, dass sie sich alle lagerten, tischweise, auf das grüne Gras.
    Und sie setzten sich nach Schichten, je hundert und hundert, fünfzig und fünfzig.
    Und er nahm die fünf Brote und zwei Fische, sah zum Himmel auf und dankte und brach die Brote und gab sie den Jüngern, dass sie ihnen vorlegten; und die zwei Fische teilte er unter sie alle.
    Und sie assen alle und wurden satt.
    Und sie hoben auf die Brocken, zwölf Körbe voll, und von den Fischen.
    Und die da gegessen hatten, waren fünftausend Mann.

    liebe gemeinde!

    wir haben in den letzten monaten und jahren erlebt, wie immer mehr notleidende und armutsbetroffene menschen vor unserer kirchentüre betteln. sie kommen aus europa, unser aller europa, aber aus gebieten, in denen eine armut herrscht, die wir hier uns in unserer feinen festspielstadt nicht vorstellen können.

    uns ist es manchmal schwer gefallen, spontan und richtig auf die bitten dieser menschen zu reagieren. wir waren verunsichert und manche von uns sogar – sagen wir – genervt oder verärgert. schon wieder so viele bettelnde menschen, schon wieder wollen sie etwas von mir. warum ausgerechnet von mir?

    nun, die menschen, die zu uns kommen, sind klug. sie gehen nicht irgendwohin betteln, sie gehen dorthin, wo ihnen ihre erfahrung sagt, dass es hier sehr viele reiche menschen gibt. wir müssen uns vor augen halten, dass für diese menschen selbst jene unter uns, die sich als ganz und gar nicht wohlhabend einschätzen, unvorstellbar reich sind.

    manche hatten die idee, wir müssten uns gegen diesen andrang wehren. es würde uns überfordern, wenn wir den bettelnden menschen unsere tore öffnen.

    aber, liebe gemeinde, ich habe deshalb heute die bibelstelle von der speisung der fünftausend gewählt, weil sie uns klar vor augen führt, wie jesus gehandelt hat: dort, wo alle sagten, dass wohl nicht genug brot und fische da wären, dort hat er sie ganz einfach aufgefordert zu teilen, auszuteilen, zu geben. dieses bild will uns sagen, es ist immer genug da, für diejenigen, die mit offenen herzen geben wird es ausreichend ressourcen geben, denn wir haben mehr, als wir glauben. wir müssen nur aufhören, ängstlich unsere brote und fische zu zählen.

    liebe gemeinde, mir ist auch noch etwas anderes wichtig. wir sollten uns bewusst sein, dass wir alle auf dieser einen welt leben, diesen platz hat uns – wie wir glauben – gott geschenkt und wir sind in einem grossen ganzen gemeinsam auf dieser erde.

    uns muss bewusst sein, dass unser reichtum, jener reichtum, der in unseren ländern aufgebaut wird, immer auch zu einem teil mit der armut zu tun hat, die in anderen ländern herrscht. nichts steht für sich allein, die armut der einen ist der reichtum der anderen. das ist ungerecht und für uns, die wir auf der „butterseite“ dieses system leben eine grosse verpflichtung, dieses system zu ändern.

    aber wir können nicht darauf warten, dass sich die staaten verändern, wir müssen auch jetzt hier und heute konkret handeln. was gibt es konkreteres, als genau jenen menschen zu helfen, die in ihrer not zu uns gefunden haben, im wissen, dass wir gläubigen im sinne unseres herrn niemanden verstossen.

    böse gerüchte wurden gestreut, wir würden das los entscheiden lassen, darüber, ob diese armen menschen heute bei uns vor der tür bleiben dürfen oder wir sie wegschicken. auch wurde behauptet, dass wir sie im regen sitzen liessen – zwar mit schirm ausgestattet, aber im regen. das sind wirklich sehr böse gerüchte, die wohl nur jene verbreiten können, die kein christliches herz haben.

    deshalb noch einmal meine erinnerung an das beispiel jesu. „und sie assen alle und wurden satt!“ für jesus gab es keinen unterschied zwischen solchen, die dabei sein dürfen und anderen, die wieder gehen sollten. der tisch des herrn ist nur dann der tisch des abendmahls, wenn er für alle gedeckt ist, für alle, die an ihm essen wollen.

    deshalb freut es mich, dass unsere gemeinde die herzen, die brotkörbe, die fischkörbe und die geldtaschen öffnet und allen menschen, die es brauchen, mit freude geben. und wir werden sehen, wir werden alle satt.

    wie in der bibel steht:
    und sie assen alle und wurden satt.

    ps. herr pfarrer tilmann knopf, wenn sie diese rede halten wollen, gestatte ich ihnen ausdrücklich, diese ohne änderungen oder auch nur sinngemäss in eigenen worten zu übernehmen, creative commons bzw. we are what we share! wenn nicht, dann gilt folgendes: sie sind auch mitglied im vorstand des evangelischen diakonievereins, bei dem ich bis heute als mitglied geführt wurde, da ich ein mitbegründer der integrativen volks- und hauptschule in salzburg bin. ich trete hiermit aus diesem verein aus, da ich es für unerträglich halte, wenn ein evangelischer geistlicher die plätze für arme verlost. das ist einfach nur zynisch und eines pfarrers nicht würdig.