zu tode gefürchtet ist auch gestorben

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karfreitag. es hätte eine mutige aktion werden sollen. ein klares zeichen der katholischen kirche in salzburg gegen die unverantwortliche politik von johanna mikl-leitner, sebastian kurz und komplizen. statt stummer glocken hätte sie läuten sollen, die glocken. aber daraus wurde dann doch nichts.

ein engagierter pfarrer im salzburger pongau hatte die aktion bereits mit dem erzbischof abgestimmt. und es hätte ein manche wachrüttelndes zeichen sein können. andererseits kaum zu überbieten in seiner harmlosigkeit. was können läutende glocken schon anrichten. ausser zeichen setzen.

drohungen soll es gegeben haben. dass der krichturm dann vielleicht nicht mehr stehen würde, wenn es wirklich zu diesem geläute am karfreitag kommen sollte. von einem langen gespräch mit dem erzbischof ist die rede und dass es dann doch nicht zur umsetzung der aktion kommen sollte.

bemerkenswert. denn wer hat hier angst vor wem? wer hat auf die ursprünglich (scheinbar mutige?) entscheidung des erzbischofs soviel einfluss genommen, dass er sie zurücknimmt? ein papst, der auf der seite der geflüchteten steht, wohl nicht.

es muss also ein anderer einfluss sein, der aus einer überzogenen drohbotschaft gleich das offizielle motiv für den rückzieher werden liess. vielleicht sind jene, die hier einfluss genommen haben, viel näher zu finden. weder in wien, noch in rom.

jedenfalls ist der „umfaller“ insgesamt schädlicher, als wenn es die aktion gleich gar nicht als vorhaben gegeben hätte. denn das zurückweichen von einem so harmlosen zeichen in einem so zentralen gesellschaftlichen thema heisst, dass andere das sagen haben. solche, die sich nicht der öffentlichen diskussion stellen, sondern einfluss nehmen.

schade, dass hier die angst gewonnen hat.
ausgerechnet am karfreitag sollte der volksmund rechtbehalten:
zu tode gefürchtet ist auch gestorben

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foto: marcus meissner cc licence by

öffnen statt einengen

ein jahr ist vergangen. weder für die ARGEkultur, noch für die menschen in unserem land, in europa oder anderswo, irgendein jahr. sondern ein jahr der besonderen umstände. ein jahr, in dem wir mit viel unerwartetem konfrontiert waren. ein jahr, das vieles verändert, aber auch so manches – scheinbar zumindest – zementiert hat. wir hatten gerade erst erfahren, wie menschenunwürdig, zusammengepfercht und von einer profitorientierten firma bewacht, menschen, die sich aus krieg, not und elend in sicherheit bringen wollten, in traiskirchen und zeltstädten von den politisch verantwortlichen behandelt werden. da standen plötzlich viel mehr menschen als erwartet direkt vor uns: auf den bahnhöfen, in verschiedenen lagern und notunterkünften, an den grenzen. jetzt waren jene, die wir gerade erst nur in fernsehberichten aus dem balkan und aus ungarn gesehen hatten, wirklich da.

es ist eng geworden. verdammt eng. unsere grenzen, die wir fast schon vergessen hatten, über die sich manche von uns täglich ganz selbstverständlich hin und her bewegten, wurden uns hart und heftig in erinnerung gerufen. europa, das freie, wurde plötzlich wieder zu einem europa der angst und der grenzbalken. ja sogar zaunbesicherte grenzen zerfurchen genau jene landschaft, in der sich bereits eine ganze generation ganz unbekümmert an freie landschaft gewohnt hatte.

es ist eng geworden. verdammt eng. in den „social media“- und online-foren ergreifen zunehmen menschen die gelegenheit, all ihren hass, all ihren frust und ihre wut auf was und wen auch immer rauszukotzen und der community ins gesicht zu schleudern. was bis vor wenigen monaten noch lange nicht „ging“, geht heute locker durch. wir gewöhnen uns bereits an eine welt, in der der hass und ekel vor menschen, vor anderen kulturen, anderen religionen ganz normal zu werden droht.

es ist eng geworden. verdammt eng. denn die politisch verantwortlichen reagierten in vielen fällen auf die neue situation entweder gar nicht, oder völlig daneben. manche waren wohl wirklich überfordert, anderen passte die möglichkeit, härte und unmenschlichkeit als markenstiftende eigenschaften zu verbreiten, wunderbar in den politischen kleinkram. „wir müssen unser land so unattraktiv wie möglich machen“ – wer hätte sich einen solchen claim bis vor kurzem für österreich vorstellen können?

es ist weit aufgegangen. beeindruckend weit. nein, nicht das „tor mit seitenteilen“. sondern die herzen unzähliger menschen, die einfach nicht akzeptieren wollten und konnten, dass es immer enger und enger wird. von den ersten stunden an sind es menschen aus allen gesellschaftlichen bereichen und ebenen, die sich für die unterstützung der menschen engagieren, die zu uns geflüchtet sind.

es ist weit aufgegangen. beeindruckend weit. eine selbstbewusste zivilgesellschaft fragte nicht lang, was erlaubt und legal sei, sondern handelte. versorgung mit essen, kleidung, moralischer unterstützung und ratschlägen für die weiterreise – tausende freiwillige ließen die politisch zaudernden ebenso wie die hassposter*innen einfach liegen und handelten. konkret und für manche alteingesessenen institutionen zu schnell.

es ist weit aufgegangen. beeindruckend weit. ehrfurchtsvoll müssten sich die verantwortlichen vor der grossen schar an freiwilligen und ehrenamtlichen helfer*innen verneigen und ihnen danken, sie müssten von ihnen lernen und das erarbeitete wissen sichern. das wird wohl nur in seltenen fällen passieren. dennoch: hier haben sich menschen getroffen und voneinander gelernt, so manche haben durch die begegnungen sich selbst verändert, vielerorts wurde aus geflüchteten und helfer*innen eine solidarische gemeinschaft.

widerstand gegen die enge. mitten in so dramatischen gesamtgesellschaftlichen entwicklungen muss sich ein gesellschaftskritisches kulturzentrum laufend positionieren. die ARGEkultur sieht sich durch die interdisziplinäre verbindung der kompetenzen als produzentin, veranstalterin und netzwerkpartnerin in einer singulären position für zeitgenössisches kunst- und kulturschaffen im raum salzburg und darüber hinaus. ein haus der kultur kann freiräume austesten, experimente wagen und ratlosigkeiten verarbeiten, kann kreative antworten auf dumpfe verkürzungen und
begreifbare bilder für komplexe unübersichtlichkeiten suchen. dazu braucht es eine ernsthafte und seriöse zusammenarbeit mit kunstschaffenden, mit aufgeschlossenen und kritischen besucher*innen und mit zahlreichen freischaffenden sowie zivilgesellschaftlichen initiativen.

räume öffnen, wenn enge droht. (…) zwischen hassposter*innen und hetzer*innen einerseits und politischer unfähigkeit und zynischem kalkül andererseits muss täglich ein freiraum erarbeitet werden: kultur.

auszug aus dem vorwort zum aktuellen ARGEkultur salzburg tätigkeitsbericht 2015

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 foto: cover tätigkeitsbericht grafik © annette rollny

mit den parteien ist schluss

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ich kenne övp-mitglieder die stein und bein schwören würden, dass weder johanna mikl-leitner noch sebastian kurz repräsentativ für „die övp“ stehen. „viele von uns engagieren sich zb. in der pfarre oder in privatinitiativen für die menschen, die zu uns gekommen sind,“ sagt w.k. – natürlich will er keinesfalls namentlich genannt werden.

ich kenne spö-mitglieder, die stein und bein schwören würden, dass weder werner faymann noch hans peter doskozil repräsentativ für „die spö“ stehen. „ich stehe schon lange auf den babler andi, der sieht die realität und benennt sie auch beim namen,“ will eine junge regionalpolitikerin der spö nur anonym sagen.

ich kenne mitglieder der grünen, die stein und bein schwören würden, dass „eva glawischnigg sicher nicht das wirkliche grüne potential darstellt, und deswegen auch nicht mobilisieren kann“. so ein parteimitglied der oberösterreichischen grünen.

der leidensdruck jener, die oft die entscheidende arbeit an der sogenannten „basis“ verrichten ohne jemals wirklich gehört zu werden, ist in den verschiedenen parteien sehr ähnlich. mit idealistischen haltungen, wie „sich halt doch irgendwie verantwortlich fühlen“, „wer soll das sonst machen“ oder „ich glaub immer noch an die bewegung“ wird viel mehr system aufrecht erhalten, als die vernunft zulassen dürfte. und so werden ausgerechnet jene, die unter dem erhalt der systeme körperlich wahrnehmbar leiden, zu den verlässlichsten stabilisatoren der apparate.

parteien sind nicht mehr zeitgemäss. parteien waren sehr wichtig in zeiten, wo meinungsbildung, mitbestimmung und diskurs streng strukturiert und institutionalisiert ablaufen musste, um möglichst viele menschen in die prozesse zu involvieren. parteiveranstaltungen waren beteiligungsinstrumente. in moderne zeiten der netzwerke und des offenen diskurses in diversen plattformen passt das konzept einer partei nicht mehr – zumindest nicht in der althergebrachten form. parteien sind heute aber interessengemeinschaften, die in wirklichkeit von internen widersprüchen massiv blockiert werden bzw. nach dem peter-prinzip immer die „besonders geeigneten“ hochspülen. parteien sollten die grundbedingungen für ein gedeihliches gesellschaftliches leben gestalten, ergehen sich aber in kleintelversorgung und lagerdenken. und sie leisten sich volksvertreter_innen im parlament, die sich höchst unterschiedlich engagieren. während die einen sich intensiv einbringen, genügt anderen schon mal die fast nur optische präsenz im hohen haus. die wähler_innen erfahren von solchen längst nicht mehr, was sie wirklich bewirken konnten.

wir brauchen endlich neue, zeitgemässe formen für eine moderne demokratie. wenn wir in zeiten der massivsten humanitätskrise nicht darüber nachdenken, wann dann?

es muss wieder um verantwortung gehen.
die bringt schon lange niemand mehr mit parteien in verbindung.

mit den parteien ist schluss

ps. ich kenne kein fpö mitglied, das stein und bein schwören würde, dass strache nichts mit der meinung der mitglieder zu tun hätte. aber das ist eine andere geschichte. oder nicht?

 

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foto: cristina colombo cc licence by nc

die zivilgesellschaft ist der staatsfeind

das hat die letzte aktion der regierung klar gemacht: wenn der bund nun die spendengelder von den NGOs abkassieren will, die diese für ihren einsatz für geflüchtete menschen erhalten haben, dann ist das ziel deutlich.

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der schrecken in den kreisen der unverantwortlichen sitzt anscheinend noch tief. spätestens seit den tagen ende august 2015, anfang september, ist das bedrohungsbild für jene regierungskreise, die aus europa eine festung machen wollen, zu einem schreckensszenario angewachsen.

eine grosse, überwältigende zahl an menschen hat spontan, ohne lange zu fragen einfach die initiative ergriffen und gehandelt. diese menschen haben laut und deutlich „willkommen, welcome“ gesagt und alles nur erdenkliche in bewegung gesetzt, um die willkommenen auf ihrem weg zu unterstützen.

diese grosse und überwältigende zahl an helfenden war einerseits sehr komfortabel für die unverantwortlichen, denn die aktivitäten beschäftigten die kritiker_innen der politischen unverantwortung (zb. über die wahnsinnszustände in traiskirchen etc.) in einem ausmass, das manche einfach verstummen lies.

andererseits war es ein schreckensszenario für alle hardliner_innen, die von einem „strengen regime“ (zitat j. mikl-leitner in hart aber fair) träumen. zuviele menschen vernetzten sich, zuviele menschen informierten in echtzeit über den stand der dinge, zuviele menschen wären zeug_innen von unangemessenem einschreiten der polizei geworden. für gesetzesfanatiker_innen grenzen solche situationen an einen staatsstreich, wenn sich das volk ermächtigt, wenn das volk entscheidet, dass geholfen werden muss, obwohl es sich ja um „illegal eingereiste“ handelt, das lässt den kleingeistern schaudern über den rücken laufen.

das tempo der zivilgesellschaft war beeindruckend und überforderte somanche eingesessene institution, letztlich aber haben die meisten zu einem gemeinsamen rhythmus gefunden, der sehr viel ermöglichte und die hilfsbereitschaft vieler bürger_innen in sinnvolle und koordinierte wege brachte.

und hier kommt es nun zum offenbarungseid über die demokratiefähigkeit der unverantwortlichen. während wirklich demokratisch gesinnte begeistert sein müssten, wie gross die hilfsbereitschaft und solidarität vieler war und nach wie vor ist, werden nun die ngos überfallen: sie sollen die spenden, die sie von der zivilgesellschaft für ihren einsatz erhalten haben, von den förderungen abziehen. also quasi abliefern.

das ist ein schlag gegen jedes engagement. denn ein solches vorgehen erschüttert nicht nur die ngos, die dringend auf jeden cent angewiesen sind, um helfen zu können. es wird schlagartig auch die spendenbereitschaft der zivilgesellschaft an die ngos torpedieren.

die zäune, die die festungsfanatiker_innen rund um unsere länder bauen, sind nicht genug. es werden auch festungsmauern in die bevölkerung, in die solidarische bewegung, in die willkommenskultur gebaut.

ein überfall in uralter manier.
ganz so, wie tyrannen unter ihren untertanen auf raubzug gegangen sind.
mit einer modernen gesellschaft hat dies nicht mehr zu tun.
sogar postdemokratie war einmal.
willkommen im mittelalter.
festung europa.

die zivilgesellschaft ist der staatsfeind

 

 

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anschlag auf die menschlichkeit

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sebastian kurz hat von johanna mikl-leitner gelernt. grausamkeit der grausamkeit willen. denn die grausamkeit soll abschrecken. der inzwischen hinlänglich bekannte satz „es wird nicht ohne hässliche bilder gehen“ ist die linientreue fortsetzung der miklschen grausamkeitstheorie. diese besagt, dass wenn nur genügend grausame bilder sich über die sozialen medien und presse verbreiten, die von krieg, mord und elend flüchtenden menschen umkehren oder zumindest stehen bleiben werden. eine menschenverachtende theorie.

wer es nicht selbst erlebt hat, kann das ausmass des elends und der konkreten lebensgefahr in den herkunftsländern nicht abschätzen. wenn jemand glaubt, menschen, die ihr leben retten müssen, hässliche bilder zur abschreckung entgegenhalten zu müssen, dann ist das wahrlich ein anschlag auf die menschlichheit. so nannte gestern norbert blüm die situation in idomeni.

erschwerend kommt hinzu, dass diese bilder keine photoshopmontagen sind, die eine so sich nicht wirklich abspielende grausamkeit zwecks abschreckung darstellen. (was pervers genug wäre!) sondern diese bilder aus traiskirchen, nickelsdorf oder spielfeld und jetzt aus idomeni sind mit wirklichem leid, mit wirklichem frieren lassen, nicht versorgen, in dreck und schmutz versinken lassen produziert. authentisch sollen sie sein, die bilder des grauens. jede schlammpfütze, jedes frierende kind, das über die presseagenturen abgebildet wird, dient dem höheren miklschen auftrag, grausamkeit zu transportieren.

wer solches inszeniert, gehört entweder dringenst angezeigt und verurteilt oder in psychiatrische behandlung. darüber müssen die sachverständigen dann urteilen. jede minute aber, die solche personen im amt wüten, ist ein anschlag auf die menschlichkeit. wer die miklsche logik zu ende denkt, wird zu dem schluss kommen müssen, dass erst dann, wenn die äusseren bedingungen in europa genauso oder zumindest ähnlich lebensbedrohlich und potentiell tödlich sind, wie in den herkunftsländern der flüchtenden, eine flucht wirklich nicht mehr angebracht sein wird.

der europaabgeordnete michel reimon wurde von der övp angegriffen, weil er ein bild des toten aylan kurdi mit dem zitat von sebastian kurz verbreitet hat. („es wird ohne hässliche bilder nicht gehen.“). ein övp-sprecher weisst darauf hin, dass aylan noch vor den grenzschliessungen umgekommen sei. dass reimon aber neuerliche tote genau wegen der grenzsschliessungen befürchtet, weil sich immer mehr menschen auf die gefährlichsten wege der verzweiflung einlassen müssen, will die övp nicht sehen. die miklsche grausamkeitstheorie ist angesagt.

sebastian kurz, johanna mikl-leitner und hans peter doskocil sind täter_innen. sie geben das offen zu. sie produzieren elend und hässlichkeit mit hilflos ausgelieferten menschen, auf dass sie abschreckend wirken mögen. im in- und ausland. mit schliessen jener türen, durch die sich menschen in sicherheit bringen wollen. blau-schwarz regiert bereits. oder ist es eine braune alleinregierung? farben und parteien sind ohnehin in auflösung begriffen. und kanzler ist schon lange nicht mehr der mächtigste posten in einer regierung.

die politik von sebastian kurz, johanna mikl-leitner und hans peter doskocil ist ein
anschlag auf die menschlichkeit

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dieser artikel ist in leicht abgeänderter form am 16.3. 2016 auch auf derstandard.at erschienen.

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feuchte träume sind tödlich. für die anderen.

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es ist schon richtig geil. es wird denen, die es nicht anders verdient haben, so richtig gezeigt. sie werden erniedrigt, sie werden allein gelassen, sie müssen im schlamm versumpfen. das haben sie jetzt davon, dass sie illegal eingereist sind. wir haben es ihnen ja immer schon gesagt. sie sollen erst gar nicht flüchten, sie sollen niemals in die boote steigen. sie sollen bleiben wo sie sind. und uns in ruhe lassen. aber sie wollten einfach nicht hören. und glauben doch wirklich, wir hätten was zu verschenken. nichts haben wir. nada. niente. habt ihr das jetzt endlich begriffen? selbst schuld seid ihr! ja ihr habt euch in diese lage gebracht. ihr allein.

so sehen feuchte träume von xenophoben kleingeistern aus, die nicht zu den ewiggestrigen gehören, sondern den rassismus als hochmodern und aktuell rechtfertigen:

die gehören einfach nicht zu uns. sind ja alles terroristen. oder wirtschaftsflüchtlinge. das geht ja schon mal gar nicht. alle haben ihren platz im weltweiten wirtschaftssystem. da geht es hier so, dort so, aber deswegen brauchen die von dort nicht hier her kommen. das wäre der austausch der ungewollten art. und überhaupt. wir haben hier die schlimmsten krisen überhaupt zu überstehen. uns fehlt es an allem. und deshalb sorry, geht doch wo anders hin.

dass die umsetzung der feuchten träume der einen in eine grausame wirklichkeit die anderen wieder in den unausweichlichen tod treibt, ist egal. sind ja selber schuld. alle. es wird wieder mehr tote im wassergraben mittelmeer geben, es wird lkws mit zig erstickten drinnen und es wird (para)militärische gewalt gegen „diese demonstranten“ (zitat s.kurz) geben. ertrunkene im meer kommen nicht alle in die abendnachrichten, die langweilen eh schon. und leichen in lkws sind auch nicht mehr der wirkliche schocker. solange diese nicht wieder direkt vor unserer tür stehen, geht alles irgendwie gut.

idomeni wird zu einem symbol für die paar verrückten werden, die immer noch glauben, dass wir unsere grenzen öffnen sollen. aber das geht auch vorbei. und die unverantwortlichen haben es ohnehin schon gebetsmühlenartig wiederholt: „es wird nicht ohne hässliche bilder gehen.“

die festungsbande der kleingeister setzt sich durch. zu, zu, alles zu! echt geil.

feuchte träume sind tödlich. für die anderen.

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union des menschenhandels

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ob schmierige rotlichtetablissements oder elegante laufhäuser der marke „wie geil ist das denn“, im hintergrund geht es immer wieder um die gleichen strukturen. schwere nötigung, gefährliche drohung, menschenhandel. es gibt kleinstbordelle und ganze konzernketten, die den namen „mafia“ nicht in den firmentitel aufnehmen müssen, weil ohnehin alle diese geschäftsform kennen.

dass die türsteher in solchen etablissements selbst keine unbeschriebenen blätter sind, ist nicht nur klar, es hat system. ein türsteher, der regelmässig selbst nötigt, missbraucht und mordet, ist viel leichter steuerbar, wird willfährig die befehle aus der chefetage der etablissementkette erfüllen. weil sonst. er kennt sich aus. so ein türsteher muss schon mal entscheiden dürfen. du kommst da nicht rein. weil ich es dir sage. bruder. verstanden?

im vorzimmer eines solchen etablissements dürfen armutsgefährdete abhängige hackeln. sich als dirnen andienen. sie sollen sich darum kümmern, dass die meisten gleich ganz am anfang ausgenommen, abgefüllt und abgefertigt werden. quasi im vorbeigehen. sie sollen vergessen, dass es hinter diesen vorzimmern noch ganz andere gemächer gibt. die sind aber nicht für sie bestimmt. ein bordell funktioniert oft auf allen ebenen durch ausbeutung. alle hoffen, einmal ihre bedürfnisse wirklich befriedigen zu können, alle wissen aber unbewusst auch, dass sich das nie ereignen wird.

denn in den hinterzimmern, in den luxusetaggen, in den strengstens bewachten appartements, dort spielt sich das eigentliche ab. dort wird nicht nur auf teufel komm raus gevögelt, gekokst und missbraucht, dort werden die entscheidungen für die wirklichen geschäfte getroffen. menschen sind hier handelsware. geld liegt gestapelt auf tischen, in koffern, in safes, schuldscheine werden getauscht wie aktien, minderjährige werden verkauft, organe verhökert, drogenproduktionen beauftragt und vertriebsnetze geschnürt. und in not geratene hin und her verschoben. nimm du die und die. und ich gebe dir dafür unsere neuen granaten zum einstiegspreis. du brauchst tränengas und wasserwerfer? wenn du mir dafür die – du weisst schon – irgendwo wegsperrst, dann ist das kein problem. ja? was du mit deinen eigenen machst, geht mich nichts an.

und es gibt ungeschriebene gesetze. hör mal, wenn bei euch wieder mal leichen auftauchen, lass sie gefälligst verschwinden, bevor wer ein foto schiesst, ok? ja ich weiss, es wird immer wieder leichen geben. das ist part of the game. aber leichen sind das eine, fotos von den leichen das andere. ok? also. du sorgst dafür, dass keine – und wenn ich sage keine, dann meine ich auch keine – dass keine fotos von leichen irgendwo auftauchen. kinderleichen sind ein no go! wir haben auch fotos von leichen, die auf dein konto gehen, wenn du willst, dass die nicht über unsere agenturen gehen, dann sorgst du dafür…, ok? verstanden?

der türsteher draussen hat verstanden und spielt mit. die damen im vorzimmer drinnen müssen verstehen und funktionieren. schliesslich sind sie in der kreide.

jedes leben hat einen preis. tausende leben haben auch einen. und millionen schon mal ganz einen anderen. und jede repression braucht mittel. da geht es dann um das eingemachte. da können wir uns nicht als richter in fragen menschenrechte aufspielen, wer will das schon entscheiden. also. ohne waffen kein frieden, ohne geld keine waffen, ohne menschenhandel kein geld. oder so.

und schon gar kein puff. mit leichen kannst du kein puff betreiben. da bekommt keiner mehr einen hoch. also weg mit diesen bildern. und her mit dem zaster.

human trafficking. e you know?

union des menschenhandels

 

 

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foto: stephen ryan for international federation of red cross | cc licence by nc nd