jede abschiebung ist ein verbrechen.

kein mensch ist illegal. menschen, die von unseren behörden hereingelassen wurden, vorzuwerfen, sie wären illegal eingereist, ist zynisch. der österreichische staat hat tausenden auf diese weise „illegal eingereisten“ selbst zur weiterreise nach deutschland verholfen. hat sich unser staat als schlepper betätigt?

damals – im herbst 2015 – war bei vielen verantwortlichen die einsicht gegeben, dass in solch wirklich dringlichen situationen einfach kein bürokratismus vertretbar und haltbar gewesen wäre. die jetzt aktuell in wien liesing betroffene syrische familie hat sich absolut nichts zu schulden kommen lassen, haben ihren asylantrag gestellt und sich um integration bemüht.

wieder einmal fahren die behörden einfach über jedes menschliche mass hinweg und versteigen sich in den paragraphen des dublin-abkommens, das ohnehin eine zumutung ist. es würde zb. bedeuten, dass alle, die über die balkan-route gekommen sind, sich nach griechenland begeben müssten, denn dies ist jenes land, in dem sie als erstes gelandet sind.

menschen, die es bis in unser land geschafft haben und hier bleiben wollen in schubhaft zu nehmen und zwangsweise zu deportieren, ist ein verbrechen. es ist daher u.u. angebracht, kreative unterbringungsmöglichkeiten und sonstige massnahmen zu setzen, die – wann auch immer es möglich ist – eine abschiebung vereiteln oder unmöglich machen.

widerstand ist angesagt.
die mitschüler_innen und freund_innen der familie aus aleppo haben das verstanden.

jede abschiebung ist ein verbrechen

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bild: screenshot aus ORF ZIB2 vom 20161006

vorauseilende hörigkeit

wer ohne not einen notstand herbeiredet, hat ein problem: die erklärung des notstands ist selbst der notstand

vorauseilende hörigkeit. nicht gehorsam. gehorsam würde bedeuten, dass jemand zwar vorgaben anderer befolgt, aber zumindest dann und wann die sinnhaftigkeit der vorgaben reflektiert. vorauseilend bedeutet, dass die vorgaben von den gehorsamen antizipiert werden, um quasi auch schon vor der vorgabe entsprechend gehandelt zu haben. ein höchst unterwürfiges unterfangen. hörigkeit bedeutet, von den vorgaben der anderen, wie absurd diese auch sein mögen, abhängig zu sein. wenn dann auch noch diese vorgaben vorauseilend hochgerechnet werden, dann herrscht ein echter notstand.

quod erat demonstrandum. wer ohne not einen notstand herbeiredet, nur weil andere höchstwahrscheinlich diesen (nicht realen) notstand ohnehin als legitimation für unmenschlichkeiten verwenden würden, hat ein problem: die erklärung des notstands ist selbst der notstand.

agieren wie blau-schwarz

ebensogut könnten morgen rettungswagen mit blaulicht herumfahren, ziellos, aber damit sie schon mal unterwegs sind, wenn wirklich was passiert. die feuerwehren könnten hochhäuser von oben bis unten wassern, damit nur ja kein feuer ausbricht, wenn denn eventuell einmal eines ausbrechen würde. nur sicherer wird dadurch nichts.

christian kern und reinhold mitterlehner haben im regierungsentwurf für die asyl-notverordnung antizipiert, wie wohl eine blau-schwarze bundesregierung agieren würde. und um ruhe im karton zu erreichen, erklären sie eine unnot zur not, machen sie aus zu meisternden aufgaben bedrohliche probleme.

getrübter blick

so geht vorauseilende hörigkeit. das jahrelange schielen in blaue dumpfheiten trübt nachhaltig den blick. eine selbstbewusste, moderne und offene demokratie geht anders. sie dürfte weder hörig sein, noch vorauseilend. sie würde chancen sehen, statt bedrohung.

denn der wabernde sumpf der hetzenden sollte dringend trocken gelegt werden. dass dies mit dem unterwassersetzen des festen umlands gelingen soll, ist absurd. realitätsfern. und gefährlich. wie vorauseilende hörigkeit.

(bernhard jenny, derstandard.at, 28.9.2016)

vereinbarung zum weltflüchtlingstag

allemenschen

alle menschen dürfen in diesereinen welt
leben. wo immer sie wollen.

alle menschen, die in die flucht
getrieben werden, finden
aufnahme.

vereinbarung zum weltflüchtlingstag

bild: bernhard jenny cc licence by

feuchte träume sind tödlich. für die anderen.

foto: fotomovimiento.org cc licence by nc nd
es ist schon richtig geil. es wird denen, die es nicht anders verdient haben, so richtig gezeigt. sie werden erniedrigt, sie werden allein gelassen, sie müssen im schlamm versumpfen. das haben sie jetzt davon, dass sie illegal eingereist sind. wir haben es ihnen ja immer schon gesagt. sie sollen erst gar nicht flüchten, sie sollen niemals in die boote steigen. sie sollen bleiben wo sie sind. und uns in ruhe lassen. aber sie wollten einfach nicht hören. und glauben doch wirklich, wir hätten was zu verschenken. nichts haben wir. nada. niente. habt ihr das jetzt endlich begriffen? selbst schuld seid ihr! ja ihr habt euch in diese lage gebracht. ihr allein.

so sehen feuchte träume von xenophoben kleingeistern aus, die nicht zu den ewiggestrigen gehören, sondern den rassismus als hochmodern und aktuell rechtfertigen:

die gehören einfach nicht zu uns. sind ja alles terroristen. oder wirtschaftsflüchtlinge. das geht ja schon mal gar nicht. alle haben ihren platz im weltweiten wirtschaftssystem. da geht es hier so, dort so, aber deswegen brauchen die von dort nicht hier her kommen. das wäre der austausch der ungewollten art. und überhaupt. wir haben hier die schlimmsten krisen überhaupt zu überstehen. uns fehlt es an allem. und deshalb sorry, geht doch wo anders hin.

dass die umsetzung der feuchten träume der einen in eine grausame wirklichkeit die anderen wieder in den unausweichlichen tod treibt, ist egal. sind ja selber schuld. alle. es wird wieder mehr tote im wassergraben mittelmeer geben, es wird lkws mit zig erstickten drinnen und es wird (para)militärische gewalt gegen „diese demonstranten“ (zitat s.kurz) geben. ertrunkene im meer kommen nicht alle in die abendnachrichten, die langweilen eh schon. und leichen in lkws sind auch nicht mehr der wirkliche schocker. solange diese nicht wieder direkt vor unserer tür stehen, geht alles irgendwie gut.

idomeni wird zu einem symbol für die paar verrückten werden, die immer noch glauben, dass wir unsere grenzen öffnen sollen. aber das geht auch vorbei. und die unverantwortlichen haben es ohnehin schon gebetsmühlenartig wiederholt: „es wird nicht ohne hässliche bilder gehen.“

die festungsbande der kleingeister setzt sich durch. zu, zu, alles zu! echt geil.

feuchte träume sind tödlich. für die anderen.

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foto: fotomovimiento.org cc licence by nc nd

union des menschenhandels

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ob schmierige rotlichtetablissements oder elegante laufhäuser der marke „wie geil ist das denn“, im hintergrund geht es immer wieder um die gleichen strukturen. schwere nötigung, gefährliche drohung, menschenhandel. es gibt kleinstbordelle und ganze konzernketten, die den namen „mafia“ nicht in den firmentitel aufnehmen müssen, weil ohnehin alle diese geschäftsform kennen.

dass die türsteher in solchen etablissements selbst keine unbeschriebenen blätter sind, ist nicht nur klar, es hat system. ein türsteher, der regelmässig selbst nötigt, missbraucht und mordet, ist viel leichter steuerbar, wird willfährig die befehle aus der chefetage der etablissementkette erfüllen. weil sonst. er kennt sich aus. so ein türsteher muss schon mal entscheiden dürfen. du kommst da nicht rein. weil ich es dir sage. bruder. verstanden?

im vorzimmer eines solchen etablissements dürfen armutsgefährdete abhängige hackeln. sich als dirnen andienen. sie sollen sich darum kümmern, dass die meisten gleich ganz am anfang ausgenommen, abgefüllt und abgefertigt werden. quasi im vorbeigehen. sie sollen vergessen, dass es hinter diesen vorzimmern noch ganz andere gemächer gibt. die sind aber nicht für sie bestimmt. ein bordell funktioniert oft auf allen ebenen durch ausbeutung. alle hoffen, einmal ihre bedürfnisse wirklich befriedigen zu können, alle wissen aber unbewusst auch, dass sich das nie ereignen wird.

denn in den hinterzimmern, in den luxusetaggen, in den strengstens bewachten appartements, dort spielt sich das eigentliche ab. dort wird nicht nur auf teufel komm raus gevögelt, gekokst und missbraucht, dort werden die entscheidungen für die wirklichen geschäfte getroffen. menschen sind hier handelsware. geld liegt gestapelt auf tischen, in koffern, in safes, schuldscheine werden getauscht wie aktien, minderjährige werden verkauft, organe verhökert, drogenproduktionen beauftragt und vertriebsnetze geschnürt. und in not geratene hin und her verschoben. nimm du die und die. und ich gebe dir dafür unsere neuen granaten zum einstiegspreis. du brauchst tränengas und wasserwerfer? wenn du mir dafür die – du weisst schon – irgendwo wegsperrst, dann ist das kein problem. ja? was du mit deinen eigenen machst, geht mich nichts an.

und es gibt ungeschriebene gesetze. hör mal, wenn bei euch wieder mal leichen auftauchen, lass sie gefälligst verschwinden, bevor wer ein foto schiesst, ok? ja ich weiss, es wird immer wieder leichen geben. das ist part of the game. aber leichen sind das eine, fotos von den leichen das andere. ok? also. du sorgst dafür, dass keine – und wenn ich sage keine, dann meine ich auch keine – dass keine fotos von leichen irgendwo auftauchen. kinderleichen sind ein no go! wir haben auch fotos von leichen, die auf dein konto gehen, wenn du willst, dass die nicht über unsere agenturen gehen, dann sorgst du dafür…, ok? verstanden?

der türsteher draussen hat verstanden und spielt mit. die damen im vorzimmer drinnen müssen verstehen und funktionieren. schliesslich sind sie in der kreide.

jedes leben hat einen preis. tausende leben haben auch einen. und millionen schon mal ganz einen anderen. und jede repression braucht mittel. da geht es dann um das eingemachte. da können wir uns nicht als richter in fragen menschenrechte aufspielen, wer will das schon entscheiden. also. ohne waffen kein frieden, ohne geld keine waffen, ohne menschenhandel kein geld. oder so.

und schon gar kein puff. mit leichen kannst du kein puff betreiben. da bekommt keiner mehr einen hoch. also weg mit diesen bildern. und her mit dem zaster.

human trafficking. e you know?

union des menschenhandels

 

 

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foto: stephen ryan for international federation of red cross | cc licence by nc nd

das ende der moral ist bereits erreicht.

foto: dragan tatic cc by überarbeitet von bernhard jenny cc by

 

das grösste kleinformat österreichs jubelt, dass die innenministerin auf die eu-kritik an der „obergrenze“ ein „höflich formuliertes götz-zitat“ als antwort geschickt habe, und fasst die position mikl-leitners sinngemäss so zusammen, dass „österreich sich in der asyl-frage nichts mehr diktieren lässt“.

selbige innenministerin spricht im deutschen fernsehen ungehemmt von einem „strengen regime“ in österreich, welches dafür bekannt werden soll, dass es im falle „dass gewalt von den flüchtlingen ausgeht“ auch vor einem schiessbefehl nicht zurückscheut.

weiters gibt sie offen zu, dass sie die famose „obergrenze“ nur durch systematischen amtsmissbrauch, missachtung von eu-gesetzen und menschenrechten und klarer willkür der ämter einhalten kann.

der politische, der moralische flurschaden solcher aktionen geht weit über das eigentliche thema hinaus. zwar geht es mit sicherheit in erster linie darum, dass sich in europa jene kräfte für ein offenes europa durchsetzen. aber auch jenseits dieses themas ist der verfall der sitten nicht so schnell wieder zu reparieren, wenn gleich mehrere minster_innen einer rotschwarzen regierung sich einen dreck scheren, was rechtens, was staatstragend, was politisch verantwortlich handeln bedeudet.

wenn eine ministerin auf geltendes eu-recht, auf die menschenrechte und auch auf geltende österreichisches recht (amtsmissbrauch etc,) wiederholt und bewusst, öffentlich vor laufender kamera und möglichst oft und verbissen exkrementiert, ist das gesamte land am dampfen.

wer will denn noch von wem ernsthaft verlangen, dass die gesetze einzuhalten wäre. wer kann da noch von einer kultur sprechen? derartige entgleisungen lassen die grundfeste unserer gesellschaft morsch werden. es kracht ordentlich im gebälk. nur interessiert es wenige.

wer so viel minusgespür (analog zu minuswachstum 😉 für die verantwortung eines landes mit seiner geschichte hat, wer österreich derart peinlich als fremdschämland in europa und der welt plaziert, wer so tut, als wäre „die eu“ ohnehin schon etwas anderes, im unterschied zu österreich, hat keinen respekt vor der würde eines politischen amtes. und manche sehen schon das „jetzt erst recht“ aus waldheims unzeiten reüssieren.

viele menschen der zivilgesellschaft leben ein ganz anderes europa, nehmen menschen offen auf und sehen es als pflicht, menschen zu helfen. viele menschen wollen nicht hinnehmen, dass europa zu einer festung der lebensfeindlichkeit und der unmoral wird, vor deren mauern menschen sterben müssen. viele sehen das auch ganz logisch im kontext eines christlich-geprägten wertekatalogs, andere aus anderen – nicht weniger grundsätzlichen – motiven, etwa der freiheit, gleichheit und geschwisterlichkeit.

mikl-leitner wird im gegensatz zu diesen menschen – soviel ist sicher – ihre grausamkeiten fortsetzen. sie wird weder zurücktreten noch umdenken. rücktrittsaufforderungen sind offensichtlich ihr lebenselixir. sie wird weiter und weiter zäune im lande und in unseren köpfen aufstellen. zumindest solange die regierung sie lässt. was dann kommt, kann so viel schlimmer fast nicht sein.

das ende der moral ist bereits erreicht.

foto: dragan tatic für österr. aussenministerium cc by überarbeitet von bernhard jenny cc by

selektion von flüchtlingen ist zynisch

wir sehen flüchtlingen zu, als wäre europa ein gigantisches dschungelcamp mit geilem reality-faktor. warum nicht gleich webcams an den küsten?

unruhe ist in den vergangenen tagen entstanden. besonders durch die wiedereinführung von grenzkontrollen, die aussetzung von zügen und busverbindungen hat deutschland jenen menschen, die sich über ungarn und österreich durchgeschlagen hatten neuerlichen stress verursacht. und die zwischenstationen sind seither an die kapazitätsgrenzen gestoßen, so sagen das die verantwortlichen. haben die europäischen außenministerien, innenministerien, flüchtlingsbeauftragten und sonstige informationsdienste keine kenntnis über die bewegungen aus den krisengebieten?

genauer betrachtet ist die situation allerdings nicht nur künstlich heraufbeschworen, weil aufgrund der über wochen über den balkan ziehenden menschen durchaus absehbar gewesen wäre, wohin diese flüchtenden menschen wollen und entsprechende vorkehrungen längst getroffen sein könnten. sie ist auch eine sehr zynische, denn die gefährdung von menschenleben müsste nicht sein: flüchtenden menschen wird sehenden auges zugemutet, dass sie in ihrer verzweiflung durchs meer schwimmen, in ungeeignete bootsbehelfe steigen, dann elendslange gewaltmärsche durchstehen und sich durch unwegsames gelände oft hungernd und durstend durchschlagen müssen, um letztlich vor stacheldrahtzäunen zu stehen, durch minengefährdetes gebiet zu gehen und oft wie verbrecher gejagt zu werden. auf diesen langen wegen brechen krankheiten aus, werden kinder geboren, müssen die menschen unglaubliche strapazen ertragen, um dann vielleicht auf einer brücke nach freilassing zurückgewiesen zu werden? bitte warten.

refugee-tv?

wir wissen also seit monaten, dass diese menschen entschlossen ihr leben retten wollen und sehen ihnen zu, als wäre europa ein gigantisches dschungelcamp mit geilem reality-faktor? warum nicht gleich webcams an den küsten und wanderrouten aufbauen, für werbefinanzierte live-übertragungen im refugee-tv?

europa versündigt sich an den menschen, die um ihr überleben laufen. schon geil, zu wievielen marschkilometern verzweifelte fähig sind, was? schau, dort drüben kommt wieder einer!

kein hindernislauf

flüchtende menschen haben jeden anspruch auf schutz. wer glaubt, die menschen per wassergraben und hindernislauf aussieben zu dürfen, macht sich schuldig. selektion von flüchtlingen ist zynisch. (bernhard jenny, der standard, 18.9.2015)