13 chancen für politische aufrichtigkeit.

die aktuellen entwicklungen rund um einen von der stadt salzburg in auftrag gegebenen historiker*innen-bericht zu salzburger strassennamen sind ernüchternd. so wird trotz sehr deutlich erwiesener NS-verstrickung so mancher proponenten laut darüber nachgedacht, ob es nicht ausreichend sei, wenn der umstand der nationalsozialistischen umtriebe vielleicht doch nur verschämt in einer fussnote auf dem digitalen stadtplan der stadt oder mit einer eventuellen erläuterungstafel dokumentiert würde.

die 13 von der kommission in die dringlichste stufe gereihten namen sind laut bericht der salzburger nachrichten:

Gustav Resatz (Resatzstraße in Aigen), Kuno Brandauer (Straße in der Riedenburg), Josef Thorak (Straße in Aigen), Heinrich Damisch (Straße in Parsch), Herbert von Karajan (Platz in der Altstadt), Tobi Reiser (Straße in der Riedenburg), Ferdinand Porsche (Straße beim Bahnhof), Erich Landgrebe (Straße in Leopoldskron/Moos), Franz Sauer (Straße in Liefering), Karl Heinrich Waggerl (Straße in Maxglan/Riedenburg), Hans Sedlmayr (Weg in Nonntal/Krauthügel), Hans Pfitzner (Straße in Nonntal) und Erich Schenk (Straße in Leopoldskron/Moos).

zeitgleich mit dem bekanntwerden der liste werden gleich relativierende informationen geliefert: so wäre es zb bei herbert von karajan quasi „spitz auf knopf“ (zitat sn) gestanden, ob dieser überhaupt auf die liste kommen solle, oder nicht.

unerklärlich ist es, warum dann (ohne wirkliche not?) der zuständige vizebürgermeister vorauseilend die dringlichkeit der umsetzung relativiert: „Ich glaube schon, dass es Umbenennungen geben wird. Aber sicher keine 13.“

und er spricht von einer waage, auf die man „alles legen“ müsse. wenn also jemand etwas für die stadt geleistet habe, könne das eventuell die mittäterschaft in der ns-zeit aufwiegen? echt jetzt?

zählen wir also wunderbar dirigierte opern auf der einen seite und verbrechen der nationalsozialisten auf der anderen seite? zählen wir die blumengedicht-reime und wägen wir diese gegen stolpersteine auf? lassen wir uns von der schönheit des designs eines sportwagens beeindrucken und vergessen wir dafür – wieviele? – opfer der shoa?

sinn des auftrags an die historiker*innen kann nur gewesen sein, ein deutliches und wissenschaftlich abgesichertes bild zu haben, um daraus ebenso deutlich einen politischen handlungsauftrag abzuleiten. jetzt, wo es so weit ist, hat es den anschein, als würde manche den bericht der kommission am liebsten im hohlraum des denkmals der bücherverbrennung am residenzplatz begraben um nie mehr wieder rein schauen zu müssen.

es stellt sich die frage, welchem geist sich diese stadt heute, hier und jetzt tatsächlich (=nicht durch lippenbekenntnisse, sondern durch taten ersichtlich) verpflichtet fühlt.

13 umbenennungen wären eine chance: eine marko-feingold-strasse wäre trotz stegs durchaus noch dringend angebracht. die übrigen 12 sollten tunlichst nach verdienstvollen frauen benannt werden. denn derzeit hat salzburg noch mehr strassen mit nazi-namen als mit frauen-namen. da gibt es noch viel zu tun.

13 chancen für politische aufrichtigkeit.

dies ist ein einblick in das verschämt unauffällige denkmal der bücherverbrennung auf dem salzburger residenzplatz. unauffälligkeit hat bei ns-gedenkmälern in salzburg tradition. das titelbild oben zeigt das versteckte denkmal, das als sitzgelegenheit von tourist*innen genutzt wird unmittelbar vor einer werbung für einen „drindl-konfigurator“. alles ein zufall?
(dieses bild und titelbild: cc by eweht)

Autor: bernhardjenny

kommunikationsgestalter meine unternehmen: jennycolombo.com, conSalis.at blogger, medienkünstler, autor, erwachsenenbildner salzburg - wien

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