uch! ach! blasphemie!

foto: bernhard jenny

der aktuelle fall der blasphemie-anzeige gegen ulrich seidl zeigt, wie schnell die fundamentalistischen reflexe auch hier in unseren ländern funktionieren. damit ist dringend abzufahren.

religionsfreiheit impliziert auch, dass niemand das recht hat, anderen ihre meinung zu verbieten. alle müssen sich frei über religiöse inhalte, symbole und bilder ausdrücken, sie darstellen oder in kontext stellen dürfen.

wer geschichten erzählt, filme dreht oder fotos macht soll wie alle anderen auch immer auch dann frei sein, wenn es um jene inhalte geht, die fundamentalisten tabuisieren wollen. was pussy riots in russland erleben müssen macht offensichtlich manchen fundis lust auf mehr.

freundInnen, diese zeiten sind hoffentlich vorbei. wenn nur ein fünckchen aufklärung über ist, dann sind blasphemiegesetze umgehend ersatzlos zu streichen.

blasphemie ist ein tatbestand alter zeiten.
das mittlelalter sollte überwunden sein.

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btw: meine göttInnen (sofern es sie gibt) vertragen es, gelästert zu werden 😉

der polizist und sein kunstbegriff.

freiheit sicherheit foto: bernhard jenny

kripochef andreas huber. wo eine fernsehkamera steht, kann er nicht weit sein. immer am friedlichen verlauf von demos brennend interessiert. da schickt er schon mal ein paar polizeibeamte als vermummte (!!!) demonstranten getarnt in die menge. um zu provozieren? oder so. ein verlässlicher rambo in den tiefen des salzburger stadtdschungels.

aber auch kunstkenner. er entscheidet mit raschem blick, was kunst ist und was nicht. graffiti sind für ihn immer „sicher keine kunst“. da ist selbst das sprayen auf legalen spraywänden dann näher an der strafbaren handlung als an berechtigter kreativität.

ja die welt ist schlimm, gefährlich und voller straftäter. und andreas huber beschützt uns. da werden dann lackstifte, sprühdosen und skizzenbücher der presse präsentiert, wie anderswo schusswaffen und handgranaten.

ich bin nicht für uneingeschränktes immer und überall sprayen. und dass es solche und solche graffitis gibt, ist auch klar. aber: in jeder kreativen intervention im öffentlichen raum einen kriminellen akt zu sehen, kann nicht angehen. und: die immer noch viel zu wenigen von der stadt freigegebenen offenen flächen nun auch zu verteufeln, ist inakzeptabel.

der kunstbegriff eines stadtpolizeihäuptlings wird zwar kaum in der festspielstadt zu grösseren diskussionen führen. aber ausgrenzung, diskriminierung und voreilige, medienwirksame kriminalisierung junger menschen bringt sicher sympathien. meine nicht. ganz im gegenteil.

kreativität muss weiter gehen, als es sich die polizei vorstellen kann.

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bericht orf

der schlingensief ist.

christoph schlingensief (foto: factoids - cc)

der schlingensief ist.
ist tot.
war immer
einer
ohne trennlinie zwischen leben und kunst
einer
der theater = leben = radikal echt = unausweichlich = medial = öffentlich war
ist.
nicht mehr.

der schlingensief.
provokateur?
gegen-den-strich-aktionist?
ein alles-so-laut-und-deutlich-aussprecher?
zu heftig?
zu unangenehm?
zu schrill?
zu schräg?
zu uneinordbar?
zu mensch?

stimmung wie 1989.
damals war thomas bernhard gegangen.

schlingensief wird
keine container mehr mitten in unsere hauptstadt stellen.
wie finden wir die container in unseren hirnen?

endlose immer-wieder-irritation ist.
gewesen?

toten wünschen viele ewige ruhe.
dem schlingensief
kann ich keine ewige ruhe wünschen
hab ich ihn falsch verstanden?
schlingensief?
nur nicht ewige ruhe.

also dann
schlingensief!
auf endlose immer-wieder-irritation.
endlose immer-wieder-irritation ist.

(foto: factoids – creative commons)