die menschenrechte sind makulatur.

keine noch so parteipolitische taktik, keine vermutete strategie kann das rechtfertigen, was in der nacht auf heute in wien passiert ist.

kinder, die in österreich geboren und hier aufgewachsen sind, wurden unter einsatz massivster polizeilicher gewalt abgeschoben. in ein land, das sie nicht kennen, in ein land, mit welchem sie nichts zu tun haben.

die unterstützer*innen und freund*innen sind von einem innenminister überfahren worden: nicht das rechtzeitige anhalten eines nach munition suchenden wirrkopfs, der zum terroristen wurde, ist unverzichtbar für diesen innenminister, nein, das deportieren von kindern, eine 12jährige und auch ein 5jähriges kind ist oberste priorität, die mit polizeigewalt und wegaeinsatz durchzusetzen ist. kinder sind per deportationsbus von der zinnergasse nach schwechat gebracht worden. ab in das zerstörte leben!

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wer da ist, ist da. willkommen! (#corona #19)

jetzt wäre der richtige moment, haltung zu zeigen. staatshaltung. in diesen tagen wurde bekannt, dass die reisebeschränkungen wohl eine der hartnäckigsten folgen der coronakrise sein werden. ein- und ausreise in unser land wird noch lange nicht einfach passieren.

das hat nicht nur auswirkungen auf viele berufsgruppen, die uns lange nicht so bewusst waren: von den 24-stunden-pfleger*innen bis zu den gurken-erntehelfer*innen. wir kommen ohne menschen aus dem ausland nicht aus.

das bedeutet aber auch: wir sind als land plötzlich auf uns selbst zurückgeworfen. das sollte uns zum nachdenken bringen. eine unglaublich bedeutungsvolle entscheidung könnte sein: wer da ist, ist da. und darf bleiben. schluss mit dem zynischen herumgetruckse zwischen asyl hin und her, zwischen aufenthalt hin oder her, arbeitsgenehmigung hin oder her.

wir brauchen uns. wir brauchen uns alle. in zeiten, in denen die einreise und ausreise ohnehin (für manche schmerzhaft) nicht möglich ist, sollten wir denen, die bleiben wollen, ein herzliches „willkommen“ zurufen. es wäre ein befreiender erster schritt!

in krisenzeiten haben wir wichtigeres zu tun, als menschen in berechtigte und unberechtigte zu sortieren. wir könnten beginnen, eine gesellschaft der sozialen wärme aufzubauen. wir müssen in diesen wochen so viele gegebenheiten akzeptieren und lernen mit ihnen zu leben, warum nicht auch endlich einen erleichternden schlussstrich unter zermürbende verfahren? was haben wir wirklich davon?

es gibt momente im leben, die entscheidend sind, weil sie manchmal von völlig neuen bedingungen geprägt werden. einen solchen moment bedeutet die derzeitige coronakrise allemal.

wieviel energie, wieviel aufwand bedeuten die laufenden verfahren? nicht zuletzt könnte auch eine unsumme an kosten eingespart werden, wenn all die schwebenden verfahren eingestellt werden und klar ist:

wer da ist, ist da. willkommen.

 

dieser text ist am 10.3.2020 auf DERSTANDARD.AT erschienen.

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Bild von kalhh auf Pixabay

wieviel kickl steckt in kurz? wieviel blau ist türkis?

türkisblau, türkisblaubraun, türkisblaun, … die farben schillern, wenn es um die betitelung der im vorjahr implodierten regierung geht. eine regierung, die wohl alle rekorde der zweiten republik hinsichtlich der politischen implementierung von unmenschlichkeit, menschenverachtung, xenophobie und rassismus gebrochen hat.

die erklärungsmodelle für derartig grausames geschehen waren damals sehr oft von einer grundvorstellung geprägt: die türkis benutzen die blauen, um selbst an die macht zu kommen, die blauen wiederum treiben die eigentlich nur machtgierigen türkisen vor sich her.

tatsächlich war es auch unminister kickl, der heute genau vor einem jahr ali wajid zum zweiten mal entgegen der bescheidmässigen garantie, nicht verhaftet zu werden, in schubhaft nehmen liess. (bericht orf) dramatische tage der verzweifelten suche nach einer lösung waren die folge, letztlich war das erzwungene exil nach kenia für ali wajid der weg zur definitven rückkehr ins land.

nun ist kickl weg, peschorn weg, nehammer im amt. und ein neues farbenspiel ist da: türkisgrün heisst die neue kombination. doch was passiert in sachen menschenrechten, in sachen menschlichkeit und humanität?

sicherungshaft, kopftuchverbot, rückkehrzentren, lager mit „wohnsitzauflage“, internierung statt hilfe, abschaffung der freien rechtsberatung, zwangsübersiedlung von arbeitslosen, streichungen und kürzungen wo es nur mehr wenig zu streichen gibt, und so weiter und so fort. das sind allesamt forderungen einer regierung, in der es keine blauen, keine braunen und keine blaunen geben sollte.

dass die grünen die türkisen für derartig unmenschliche forderungen vor sich hertreiben, dürfte wohl niemand ernsthaft behaupten.

bleibt also nur ein schluss: die ursprünglich als blaue handschrift durchgedrückten grausamkeiten a la kickl sind keine blauen, sondern türkise kernforderungen. es sind anscheinend die türkisen, die fremdenfeindlichkeit, kulturüberheblichkeit, rassismus und inhumanität betreiben.

bei kickl hat sich niemand wundern müssen, was der nicht nur mit ali wajid, sondern mit vielen anderen menschen in notlage zu verantworten hatte.

nun aber sind es nehammer und co, also auch kurz, die für die aktuelle gebahrung der regierung verantwortlich zeichnen. wenn heute menschen und sogar kinder gejagt und in schwerste bedrängnis gebracht werden, dann geht das auf ein türkises konto.

ein aufsehenerregender aktueller fall zeigt die wahnsinnigkeiten, wie menschen von unseren behörden nach wie vor drangsaliert werden: doro blancke berichtet:

„Nach 4 Jahren Dublinverfahren soll eine afghanische Familie mit 4 Kinder, seit 4 Jahren in Österreich, Schule, Kindergarten, Mama seit einem 3/4 Jahr im Spital wegen massiver psychischer Erkrankung nach Kroatien abgeschoben werden. Rechtlich vielleicht korrekt, humanitär letztklassig!“

https://oe1.orf.at/player/20200124/586189/1579846155085

Dublinskandal – eine humanitäre Katastrophe

es stllt sich daher die dringende frage:

wieviel kickl steckt in kurz? wieviel blau ist türkis?

 

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bild: kremlin.ru licence cc by &
michael lucan, licence cc-by-sa 3.0 de
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frühere artikel über ali wajid
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unerschrocken aufrechte haltung

in der lockeren serie über menschen, die im zusammenhang mit der unglaublichen geschichte von ali wajids kirchenasyl und exil nach kenia eine besondere rolle spielten, darf vor dem jahreswechel jener mensch nicht fehlen, der wohl zu den prägensten persönlichkeiten in diesen 505 tagen und darüber hinaus zählt.

den ruf als seelsorger, der seinen glauben auch im praktischen leben umsetzt, hatte alois dürlinger spätestens seit der aufnahme von 25 geflüchteten jungen menschen in seinem pfarrhof im pongau 2015.

die erste kontaktaufnahme per telefon war bereits eine prägende erfahrung: ein mensch, der wahrlich von sehr vielen themen und menschen in unterschiedlichsten lebenslagen konfrontiert ist, vermittelt innerhalb weniger minuten gespräch klarheit und überblick. alois dürlinger, damals (2018) dechant in st.johann, schwarzach und goldegg sowie vulgo bereits als „flüchtlingspfarrer“ weitum bekannt, wusste bereits über die situation von ali wajid bescheid und zeigte sich sehr hilfsbereit.

meine frage, wie er die chancen auf ein kirchenasyl einschätze, beantwortete dürlinger mit der zusage, umgehend den erzbischof franz lackner über alle details zu informieren. innerhalb von stunden war klar, dass der erzbischof ein kirchenasyl für ali wajid unterstützt.

das war der beginn einer sehr langen und intensiven zusammenarbeit mit alois dürlinger, die bis heute zu einer vertrauensvollen verbundenheit wurde. er ist ein mann der klaren worte, er weiss genau, was er sagt und wie es bei menschen innerhalb und ausserhalb der kirche ankommen wird und in der breiten öffentlichkeit wirkt.

unmissverständliche – und auch wohl für manche provozierende – klarheit ist dabei sein rezept: „migration ist der atmen des lebens“ oder „wir helfen einem jungen menschen, der in not ist“ waren inhaltliche festlegungen, an denen sich eine öffentlichkeit orientieren kann. unerschrocken bleibt alois dürlinger auch dann, wenn seine positionen heftig angegriffen werden, was nicht selten passiert.

er bleibt dran. trotz der zahlreichen seelsorglichen verpflichtungen, die mit seiner übersiedlung aus dem innergebirg in den pfarrverband salzburg süd auch in diesem jahr nicht weniger wurden, ist er bereit, die entwicklungen genau zu verfolgen und sich einzusetzen.

dass alois dürlinger am 31.1.2019 ali wajid bei seiner „freiwilligen ausreise“ nach kenia begleitete und mit ihm dort die ersten tage in nairobi verbrachte, war mit sicherheit für das ankommen von ali wajid nach kirchenasyl und schubhaft ungemein wichtig. innerhalb weniger stunden, in denen alois dürlinger nicht wissen konnte, in welches land und kontinent ihn die reise bringen würde, war immer klar: „ich fliege mit ali!“ die sehr persönlichen erlebnisse in nairobi in einer sehr besonderen – weil völlig unvorbereiteten – situation werden wohl beide nie mehr vergessen.

wenige stunden nachdem dürlinger mit dem flugzeug wieder zurück in wien gelandet war, bezog er in einem pressegespräch in salzburg stellung: „es wühlt mich wirklich auf, dass ausgerechnet kenia ali die türen öffnet – ein land, das selbst mit grösster armut kämpft.“

zum letztlichen erfolg der geschichte von ali wajid haben viele beigetragen. eines haben diese menschen wohl gemeinsam:
unerschrocken aufrechte haltung

 

andere blogposts aus dieser serie:

 

bild: screenshot orf

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heute genau vor 1 jahr: ali wajid wird aus dem kirchenasyl geholt

der 6.7.2018 wird mir immer in erinnerung bleiben:

mein mobiltelefon läutet. erzabt korbinian birnbacher klingt alarmiert, er hätte schon seit längerer zeit versucht mich zu erreichen, aber ich wäre nicht erreichbar gewesen. (zufall?) die polizei stünde in der pforte und bestehe darauf, ali mitzunehmen.

es ist der letzte schultag, verregnet, entsprechendes verkehrchaos. dennoch erreiche ich relativ schnell das kloster st.peter, nicht ohne auf dem weg über facebook einen aufruf zu starten, dass wir möglichst viele solidarische menschen beim kloster brauchen. auch die presse wird über mittelspersonen informiert.

als ich in der pforte eintreffe sind dort erzabt korbinian und drei polizisten und eine polizistin der „schengenfahndung“. es ist jene einheit, die wie das BFA dem innenminister direkt unterstellt ist, die beamt*innen agieren unabhängig von der salzburger (bundes-)polizei.

ich erfahre von einem freundlichen beamten, dass es „nur darum geht, dass ali wajid zu einer einvernahme ins BFA kommen soll“, es gehe sicher nicht um eine schubhaft. ich misstraue dem natürlich. nach mehreren telefonaten mit dem rechtsanwalt, büro des landeshauptmanns und beratung mit erzabt korbinian erhalten wir – also der erzabt und ich – die verbindliche zusage aus dem BFA, dass ali wajid das büro des BFA wieder als „freier mann“ verlassen könne. erzabt korbinian und ich beschliessen, dieser zusage zu vertrauen.

wir vereinbaren mit den beamten eine ruhige und unaufgeregte vorgangsweise. auch wenn die beamt*innen ursprünglich ali wajid am liebsten direkt im innenbereich des klosters aufsuchen und von dort mitnehmen wollten, war es wohl die entschiedenheit des erzabts, die uns vereinbaren liess: ich gehe allein in den innenbereich des klosters, treffe mich dort mit ali, erkläre ihm in ruhe die situation und berichte ihm von der uns gegebenen garantie. dann kann ich gemeinsam mit ihm mit der polizei mitfahren.

ein weiterer vereinbarungspunkt: ali wajid ist psychisch ohnehin schon in einem ausnahmezustand, daher ist es wichtig, friedlich und unaufgeregt den vorgang abzuwickeln.

wir bekommen dazu eine zugage. die beamtin meinte „selbstverständlich alles in ruhe“.

ich gehe also in den innenbereich des klosters und begebe mich zur unterkunft von ali. er hat natürlich längst mitbekommen, dass es einen einsatz der polizei gibt und ist sehr verängstigt, was ich verstehe.

erst als ich ihm versichere, dass ich wirklich allein bin, öffnet er mir die türe. ich setze mich zu ihm und erkläre ihm die ausverhandelte situation. ich verspreche ihm, nicht von seiner seite zu weichen und berichte ihm, dass ein ruhiger ablauf versprochen wurde.

wir begeben uns also gemeinsam in die pforte, wo die beamt*innen und erzabt korbinian warten. inzwischen ist auch eine journalistin in der pforte eingetroffen. kaum betritt ali den raum bewegt sich plötzlich jener beamte, der bis dahin wortlos im hintergrund gestanden war, schnellen schrittes auf ali zu, greift seinen körper von oben bis unten ab und schreit ihn dann in absolut übertriebener lautstärke an: „sie sind festgenommen! verstehen sie das?“

erzabt korbinian und ich verstehen die welt nicht, hatten wir doch gerade ruhiges vorgehen vereinbart! „was soll das?“ brach es aus uns beiden zeitgleich heraus und die bis dahin freundliche polizistin meinte nur, das wäre „alles routine“.

„wieso festnahme?“ „das ist nur, damit er auf der fahrt versichert ist.“ polizeifremde personen seien auf einer fahrt im polizeiauto nur dann versichert, wenn sie festgenommen wären.

es war offensichtlich, dass ali durch diese grobe vorgangsweise geschockt war. das war ja auch wohl das ziel des beamten.

die anwesende jounalistin fotografiert die perlustrierung, daraufhin wird sie umgehend von mehreren beamten angeschrien, sie solle das gefälligst unterlassen und die gemachten bilder wieder löschen. ob sie dem folge leistete, ist nicht überliefert.

ich teile den beamt*innen mit, dass ich als vertrauensperson mitfahre. mir wurde erklärt, dass das nicht ginge und ich selbst sehen solle, wie ich ins BFA komme, aber dann erklären sie sich doch noch bereit, mich mitzunehmen, aber im zweiten auto. ich verlange neuerlich die garantie, dass die fahrt zum büro des BFA an der staatsgrenze gemeinsam stattfinden müsse und bitte keine plötzlichen umleitungen die beiden fahrzeuge trennen dürften. das sichert man mir zu.

wir verlassen also das klostergebäude und gehen in den öffentlichen innenhof, wo die polzeiautos stehen. dort stehen einige aktivist*innen und journalist*innen von zeitung und fernsehen. das macht die beamt*innen sichtlich wütend, einer ruft mir zu „ist das ihr dank dafür, dass wir mit ihnen überhaupt verhandeln?“ er läuft auf die wartenden zu uns belehrt sie, dass keine bilder des einsatzes an die öffentlichkeit gelangen dürften. (was so nicht stimmt. aber das wissen die journalist*innen ohnehin und machen in den aufnahmen die gesichter der beamt*innen unkenntlich, ohne aber auf den bericht selbst zu verzichten.)

ali muss in den ersten zivilwagen der schengenfahndung steigen, ich muss in den zweiten, ein beamter (jener der die „festnahme“ gebrüllt hatte) fährt, ein anderer nimmt neben mir auf der rückbank platz. als wir an den kameras der presse vorbei den klosterhof verlassen schimpft nocheinmal der beamte „ist das der dank? sie mobiliseren da presse und öffentlichkeit? ist das wirklich ihr dank?“ (da ich nicht festgenommen war, war ich auf dieser fahrt unversichert?)

der andere beamte neben mir klingt freundlicher. „sie müssen verstehen, wir machen nur unsere arbeit, wir machen das, was unsere aufgabe ist, was uns befohlen wird.“ ich entgegne: „ich mach nur das, was ich für richtig und wichtig halte und ich wehre mich gegen abschiebungen – so wie sie ali droht.“ da kann der fahrende beamte nicht mehr, es bricht aus ihm heraus: „ihr werdet schon noch sehen, wohin das führt! wenn ihr das schafft, dass der damit durchkommt, dann werden sich schnell mal die kirchen mit tausenden füllen, die auch nicht abgeschoben werden wollen, und dann? ist es das was ihr wollt?“ ich entgegne: „wenn sich die kirchen mit tausenden schutzsuchenden füllen, dann ist das ein thema, mit dem zuallererst die kirchen umzugehen haben, oder?“ „die wollen aber dann alle dableiben!“ „möglich, dennoch bin ich gegen abschiebungen.“

die polizei beobachtet selbstverständlich genau jede meldung auf facebook und twitter. so auch während dieses einsatzes.

im BFA eingelangt werden ali und ich in einen vernehmungsraum geführt, wo ein fest entschlossener beamter bereits auf uns vorbereitet ist. er hat kamera und stempelkissen bereit und stellt ali drei fragen:
„ich gebe ihnen hier ein formular, das sie auszufüllen haben, es geht um die feststellung ihrer identität und die frage, ob ali oder wajid ihr nachname ist.“ das formular wäre ein antrag auf ersatzreisepapiere gewesen, um die abschiebung zu erleichtern. deshalb sagt ali, dass er das nicht unterzeichnen möchte. dann fragte der beamte: „ich würde gerne ein foto von ihnen machen, sind sie damit einverstanden?“ ali verneinte wieder. „ich habe hier alles vorbereitet um von ihnen fingerabdrücke zu nehmen, sind sie damit einverstanden?“ ali verneint zum dritten mal.

ali wajid hätte jenes formular ausfüllen sollen, das er schon vor wochen vorgelegt bekommen hatte und auf anraten des anwaltes aber nicht mitwirkte. ebenso wollte das amt passfoto und fingerabdrücke um ersatzreisepapiere erstellen zu können, was ali wajid aus gründen auch nicht wollte.

der beamte verlässt beinahe wortlos den raum und gibt uns zu verstehen, dass wir zu warten haben.
nach einiger zeit kommt eine andere BFA-beamtin:
sie belehrt ali, dass die tatsache, dass er nicht nach schwechat gekommen wäre, wie es ihm der bescheid vom 1.7. befohlen hatte, strafbar sei. dafür fasste er auch eine geldstrafe von 100 € aus.

nun wird ihm neuerlich ein bescheid vorgelegt, der ihn wieder auffordert, nach schwechat zu kommen. eine nichtbefolgung würde wieder strafen nach sich ziehen.

die bescheide sind im übrigen alle teilweise falsch, wie schon die vorangehenen, da sie zu teilen in panjabi und anderen teilen in farsi übersetzt sind, letztere sprache kann ali nicht!

die anwesenheit einer dolmetscherin bei der belehrung durch die zweite beamtin wird zu einer farce, denn ali wajid versteht, spricht und schreibt bestens deutsch. dennoch lässt es sich die dolmetscherin nicht nehmen, zu übersetzen. dass ihr dabei ausgerechnet bei der übersetzung der offiziellen frist für das eintreffen in schwechat ein übersetzungsfehler passiert, macht ali wajid ungehalten. ihm fällt der fehler sofort auf, da er den deutschen text von der beamtin natürlich vollinhaltlich versteht. nach protesten von ali muss die dolmetscherin vor der einvernehmenden beamtin eingestehen, dass ihr tatsächlich ein fehler unterlaufen sei.

nicht auszudenken, wie oft derartige mangelhafte bescheide und unrichtige übersetzungen verfahrensrelevant sind und zu abschiebungen führen, aber nur deshalb nicht aufgedeckt werden, weil die betroffenen keine so grosse welle der unterstützung an ihrer seite haben.

nicht unerwähnt soll bleiben: nach der weigerung bei der erlangung von ersatzausreisepapieren mitzuwirken, müssen ali und ich ziemlich lange auf die andere beamtin mit dem neuen bescheid und die dolmetscherin warten.
in dieser zeit geht vor der geschlossenen türe des vernehmungsraumes wohl jene beamtin, die beim einsatz im kloster dabei war, lautstark telefonierend auf und ab, so dass wir es – ob wir wollten oder nicht – teilweise mitanhören müssen. vermutlich spricht die beamtin mit ihrem vorgesetzten im BFA salzburg oder im innenministerium:

„ich hab eh alles probiert, aber dann war auch schon der jenny und die presse da. da ist dann nichts mehr gegangen.“

kurze zeit später kann eine gruppe solidarischer menschen, die im BFA auf den ausgang der einvernahme warten, ali und mich begrüssen. wir kehren gemeinsam ins kloster zurück.

der erste versuch, ali aus dem kirchenasyl zu holen ist gescheitet.
heute genau vor 1 jahr.

 

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frühere artikel über ali wajid
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dass wir ali wajid 5 monate in kenia unterstützen konnten, ist den zahlreichen spenden zu verdanken, den vielen kleinen und den grossen. jede spende hilft. danke!

deshalb bitten wir wieder um spenden auf das konto

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ali wajid dem zielfernrohr kickls entrissen!

nach einer schrecklichen woche
galgenfrist
ist es uns gelungen im letzten moment
eine lösung zu finden, die keine ist.
wir verspüren riesenfreude über einen erfolg der keiner ist
und maximale wut auf den wahnsinn
der hier regiert

in einem land
in dem die regierung nicht weiss, was menschenrechte sind
in dem ein minister sehenden auges die grundrechte bricht
ist die absurdität
die groteske
der absolute wahnsinn ausgebrochen

wir schieben menschen ab
die wir dringenst brauchen
wir verachten menschen, die alles tun um sich zu integrieren
wir haben ein programm
und es heisst nicht „nie wieder“, sondern
wieder!
wieder und wieder einzelfälle
wieder und wieder wiederbetätigung
und „wir werden uns von gesetzen nicht aufhalten lassen“
wird im parlament gebrüllt.

ich hätte nie gedacht,
dass ich jemals einem menschen das leben retten muss,
weil unser staat sich anschickt
ihn in lebensgefahr, drohende folter oder zuminest erniedrigende strafe zu deportieren.

ich hätte nie gedacht,
dass ein zentralafrikanischer staat
die lösung für die ministerielle menschenverachtung in unserem land
sein würde.

je mehr ich erleichtert bin,
dass ali wajid in sicherheit ist,
umso grösser meine wut und entschlossenheit
nicht zuzusehen,
wie die rechten wieder und immer wieder
menschen hetzen, jagen und in tödliche gefahr bringen.

für die sieben monate kirchenasyl muss ich vielen menschen danken:
dank an erzabt korbinian birnbacher osb,
dank an die gemeinschaft aller brüder im kloster st.peter,
dank an erzbischof franz lackner und alois dürlinger von der erzdiözese,
dank an das netzwerk der unzähligen mitdenkenden und helfenden,
die zahlreichen unterstütz*innen,
die grossen und kleinen spenden.

alles verloren?
nein.
ali wajid hat freiheit gewonnen,
aber eine freiheit, nachdem er zu unrecht in eine zwangslage gebracht wurde.

alles verloren?
ja.
das land hat menschlichkeit verloren.

wer das für ein lapalie hält,
soll hoffentlich nie erleben müssen,
was unmenschlichkeit bedeuten kann.

ali wajid wird es eines tages vielleicht hier erzählen.

ali wajid ist zum symbol für viele geworden!
hunderte werden abgeschoben, ohne dass für sie eine lösung gefunden werden kann,
hunderte wurden unserem land entrissen, aus arbeitsstellen, aus schulen und ausbildungsplätzen, und nicht zuletzt aus unserer mitte.

ist unser land reicher geworden, weil die wiederbetätigung zum programm geworden ist?

die gefährder unserer demokratischen ordnung,
die gefährder der grundrechte
müssen gestoppt werden.

allen voran herbert kickl.
die menschlichkeit wurde bereits geraubt.

 

 

herbert kickl, ich klage sie wegen menschenrechtsverletzung an

wir mussten in den letzten tagen mitansehen, wie herbert kickl nicht nur die grundpfeiler unserer demokratischen ordnung zerstören möchte, sondern die menschenrechte abschaffen will.

seine stellungnahmen, nachdem er zum bundespräsidenten zitiert worden war, sind reine lippenbekenntnisse und stehen im krassen gegensatz zu seinen taten.

ich klage herbert kickl wegen verletzung der menschenrechte und des völkerrechts an.

es gibt für dafür viele beweise.
der mir naheliegendste ist der umgang mit ali wajid, der letzte woche in schubhaft genommen wurde.

dass ali wajid im falle einer abschiebung in sein heimatland pakistan in konkrete lebensgefahr gebracht wird, dass ihm folter und unmenschliche bzw. erniedrigende strafen drohen, ist erwiesen. damit sind alle voraussetzungen für ein subsidiäres bleiberecht erfüllt.

da dieses subsidiäre bleiberecht ali wajid nicht zugestanden wird, bricht kickl mutwillig und aus niedrigen beweggründen bereits zum wiederholten mal die menschenrechte und das völkerrecht.

herbert kickl, sie haben zwei dinge zu tun:
1. stoppen sie sofort jede abschiebung, mit der sie menschen in lebensgefahr oder bedrohung von folter bringen!
2. treten sie umgehend zurück!

herbert kickl, ich klage sie wegen menschenrechtsverletzung an
nachtrag:
diese klage ist auch ein aufruf an alle politisch und gesellschaftlich verantwortlichen in unserem land.
wir müssen handeln. wir müssen aufstehen.

nehmen wir den heutigen gedenktag zum anlass,
nie wieder menschenverachtung und gefährdung von leib und leben zuzulassen.
wir müssen das leben von ali wajid und vieler anderer, für die dieser fall symbolisch steht, retten.