gestern habe ich es endgültig erfahren: mein menschenbild, mein begriff von kultur ist nicht kompatibel. solidarität, empathie, gleichstellung, teilhabe, kooperation, achtsamkeit, gemeinschaft, offenheit.
viele worte, aber jedes steht für einen teil meines bildes davon, worum es mir geht, wofür ich mich einsetze, was mich in meinen aktivitäten antreibt.
in pandemischen zeiten werden wir mehr oder weniger zwingend auf unsere vorstellungen darüber, was uns wirklich wichtig ist, fokusiert, es sei denn, wir flüchten in konsumismus online oder in möbelhäusern.
der dritte lockdown ist wohl dringend angebracht, wenngleich auch eine bittere niederlage für jene, die messianisch von einem licht am ende des tunnels gesprochen haben, ohne die lokomotive des epidemiologischen weitstreckenzuges zu erkennen. wieviele menschenleben am ende auf dem altar der konsumglaubensgemeinschaft geopfert wurden, werden wir erst sehen.
hart. aber den türkisen ist ein anderes licht aufgegangen: die österreichische seele braucht für ihr seelenheil das skifahren. alle unbill ist zu ertragen, solange wir skifahren dürfen. da vergessen wir sogar die von ratten angebissenen kinder im schlamm von lesbos. skifahren, das macht die feminae alpinae und homines alpinis wirklich glücklich.
kein aphrodisiakum kommt in seiner wirkung an das heran, was skifahren kann. der beliebig wiederholbare höhepunkt, per aufstiegshilfe und dann hui und links und rechts und schwung und zack und sprung und hei, wie geil!
skifahren ist die pflichtdisziplin für jene, die ernsthaft pädagog*innen sein wollen, skifahren ist der jodelnde juchzer, für den wir alles opfern.
medizinisches personal auf intensivstationen? pflegendes personal in altenheimen? solidarität? gesundheit? ok. wirtschaft ist wichtiger. aber noch wichtiger ist skifahren. das dürfte die typischen österreicher*innen endgültig mit dem messianischen slimanzugträger und seinen apostel*innen versöhnen. die wichtigste, grösste und aktivste zielgruppe des landes wird mit dem kaiserlichen gestus des grosszügigen „untertanen, ihr dürft skifahren“ im innersten erreicht.
ich gehöre nicht dazu.
dieser blogpost ist am 24.12.2020 auf derstandard.at erschienen
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