was kommt auf uns zu?

„für die politik wird es ein sehr schwieriger herbst werden.“ solche aussagen sind in den letzten tagen auf und ab zu lesen. beim nachdenken über das warum und wieso, liegt nahe, dass es für ALLE schwierig werden wird, denn nur jene die energietechnisch zu fast 100% autark sind, werden es vielleicht etwas einfacher haben. obwohl auch jene, die über die energiekosten nicht direkt betroffen sind, könnten gemeinsam mit allen anderen darunter leiden, dass vieles, sehr vieles einfach nicht mehr geht.

ist das „den teufel an die wand malen“ oder realistische risikoeinschätzung?

dass energierechnungen in ungeahnten höhen – deckel hin oder her – zu dramatischen verwerfungen führen können, ist wohl klar. dass aber ein einbruch der versorgenden industrie, ein ausfall von infrastruktur, öffis, bahnen, krankenhäusern nicht unmöglich sind, dürfte uns irgendwo auch bewusst sein. was es bedeutet, sich ohne gas und strom durchzubringen und in familienhäusern oder wohnblocks dennoch durchzukommen, das können sich sicher sehr viele nicht vorstellen.

ohne internet, ohne mobiltelefon, ohne heizung, ohne kühlschrank, ohne warmwasser, ohne auto, ohne bus und bahn, wie wäre das tatsächlich?

ich habe in südamerika gesellschaftliche prozesse kennengelernt, die selbst bei 60% inflation oder mehr die ruhe bewahren lässt, weil es ein inneres know how vieler gibt, auf was es in solchen situationen wirklich ankommt und wie gegenseitge hilfe funktioniert. solidarität ist dann kein schlagwort mehr, sondern überlebensnotwendig.

so entstehen unter anderem spontane parallelwirtschaften auf basis von volksküchen, tauschgeschäften, mikrounternehmen, nachbarschaftshilfen sowie kreativen umgehungsmärkte. 

es werden zum beispiel offiziell kaufbare dollars, in argentinien derzeit maximal 200 us-dollar pro person, umgehend auf dem schwarzmarkt weiterverkauft und damit durch die gewinne die inflation gemildert.

speziell die mitteleuropäischen gesellschaften, insbesondere die urbanen gruppen, haben dieses know how nicht, sie müssen im ernstfall bei null anfangen. oder wissen anderer herbeiholen und akzeptieren.

„die nächsten 2 jahre werden jahre sein, wie wir sie noch nicht erlebt haben“, sagte ein lieber freund in kleiner runde bei einem gemütlichen bier unter kastanien. ich erlebe mich nicht als vorbereitet oder gefasst. eher schwankt die sorge in sehr grosse sorge und dann wieder in etwas kleinere sorge.

es sind (noch) keine kriegsängste. aber die nächte sind etwas schlafloser geworden. wie können wir uns vorbereiten? wer und wo sind unsere „role models“ für den katastrophenfall?

und: was können wir tun, dass im megakrisenfall nicht alte faschistoide muster fröhliche urständ feiern?

was kommt auf uns zu?

_______
bild: © bernhard jenny

dieser blogpost ist am 18.7.2022 auf DER STANDARD erschienen.

Autor: bernhardjenny

kommunikationsgestalter meine unternehmen: jennycolombo.com, conSalis.at blogger, medienkünstler, autor, erwachsenenbildner salzburg - wien

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

%d Bloggern gefällt das: