schluss mit zukunft.

foto: pommiebastards creative commons (CC BY 2.0)

mitteilung der republik österreich an kinder und jugendliche.

wir können uns eure zukunft nicht mehr leisten.
wir müssen sie kürzen.
bildung kostet.

seid jetzt brav kinder.
nicht schreien oder toben.
ruhig bleiben.

das war der schlimme jörgl.
der hat das geld verspielt.
das geld für eure zukunft.

wie? da sollen auch noch andere dabei verdient haben?
was? ihr wollt das untersucht haben?
wo? im parlament?

nein kinder, so geht das nicht.
ihr müsst das jetzt zur kenntnis nehmen.
wir können uns nur mehr um eliten kümmern.

schluss mit chancen für alle.
schluss mit bildung.
schluss mit zukunft.

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foto: pommiebastards creative commons (CC BY 2.0)

bravo herr spindelegger, bravissimo!

foto: dragan tatic via creative commons (minorittenplatz8/flickr)

vermutlich war es die anregende gesprächsatmosphäre im publikumssaal der salzburger nachrichten. oder der wahlkampf hat endgültig bei ihnen die antörnende wirkung hinterlassen. aber es muss eine sternstunde gewesen sein. einer jener seltenen momente, wo sie ohne angst und ressentiment einfach nur ehrlich sind. das ist wenige tage vor der wahl wirklich bemerkenswert.

ich entnehme dem bericht der salzburger nachrichten, dass sie die „wohlhabenden österreicherinnen und österreicher“ in die pflicht nehmen wollen. das schul- und bildungssystem soll aber nicht über eine garstige vermögenssteuer (backgroundsound: pfui, huuuuu, neeeiiiiin) finanziert werden, nein, sondern über „freiwillige spenden“.

„in den usa oder grossbritannien funktioniert das auch“, sagen sie, und dass dort fast jedes gebäude der universitäten den namen von sponsorInnen trage. sie wünschen sich solches auch für österreich.

bravo, bravissimo, gratulation.

sie bekommen eine römische eins (mit sternchenpickerl ins heft) für ehrlichkeit vor der wahl. selten sind so entlarvende, klare worte von politikerInnen zu hören, die das weltbild, das denken, das konzept dahinter erkennen lassen.

sie bekommen eine weitere römische eins (mit sternchenpickerl ins heft) in verachtung der menschen. wer die bildung der menschen von almosen der reichen abhängig macht und weiter noch machen will, vergeht sich an den lebensmöglichkeiten und chancen unserer kinder, jugendlichen und jungen erwachsenen. während die untersten einkommensschichten eine verpflichtende zwangsbesteuerung erfahren, sollen die wirklich reichen nicht durch zwang belästigt werden, sie sollen freiheit geniessen. wer von ihnen geld will, soll irgendwo in sie hineinkriechen.

sie bekommen eine dritte römische eins (mit sternchenpickerl ins heft) in moralischer bankrotterklärung. sie stellen kindergärten, schulen, akademien und universitäten auf eine ebene mit formel1-rennen, profifussball oder extremrekordversuche.

sie bekommen eine vierte römische eins (mit sternchenpickerl ins heft) in täuschung der öffentlichkeit. das geld ist nicht zu wenig, es wurde und wird noch immer nur ganz anderen in die taschen geschoben. doch die öffentlichkeit soll glauben, wir hätten einfach kein geld mehr. das zwölftreichste land der welt soll bei der finanzierung des bildungssystems auf spenden der reichen angewiesen sein? brilliante täuschung!

sie würden allerdings eine dicke fünf in humanismus bekommen, weil sie den wert der bildung als zivilisatorische errungenschaft im prozess der menschwerdung nicht erkannt haben. aber die sponsorInnen unseres systems haben schon rechtzeitig dafür gesorgt, dass sie kaum jemand in diesem fach beurteilen wird.

nachdem sie ihre aussagen nicht irgendwo im stillen kämmerlein, sondern in einer öffentlichkeit getätigt haben, die ihre botschaften dechiffrieren und analysieren kann, lässt dies folgendes vermuten: ihnen liegen informationen vor, dass längst eine mehrheit unserer gesellschaft bildung für einen verzichtbaren luxus hält, während sich nur mehr eine minderheit um jene menschen kümmert, die immer noch glauben, dass bildung ihre chancen im leben steigert. auf die paar stimmen können sie getrost verzichten.

deshalb:
bravo herr spindelegger, bravissimo!

foto: dragan tatic via creative commons (minorittenplatz8/flickr)

der neue papst ist der falsche.

Pileolus http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pileolus.jpg

wir wissen zuviel:

er wird nur von männern gewählt,
obwohl die welt aus frauen und männern besteht.

er wird nur von alten gewählt,
obwohl die welt aus jungen menschen, solchen mittleren alters und alten besteht.

er wird nur von befangenen machtrepräsentanten gewählt,
die selbst niemals demokratisch legitimiert wurden, obwohl die welt demokratie zumindest als anspruch erkennt.

er wird von tätern gewählt,
die entweder direkt oder indirekt in systematischen missbrauch verstrickt und dadurch mitschuldig sind, aber niemals zu wirklicher aufklärung und öffnung beigetragen haben,
im gegenteil.

er wird von regressiven männern gewählt,
die freiwillig in anachronistischen nachthemden, in seidenem prunk und goldbesticktem ornat herumspazieren, auf fahrenden plattformen und in luxuslimousinen reisen, dicke ringe tragen, sich diese küssen lassen und massgeschneiderte luxusschuhe tragen. was leider nicht nur lächerlich ist, sondern auch viele arme menschen dieser welt verhöhnt.

es bräuchte einen neuanfang.
meinte ein spanischer pfarrer, der selbst mit den armen lebt. wenn ein neuer papst seinen respekt haben wollte, müsste er als erstes den vatikan verlassen, sich weigern ein staatsoberhaupt zu sein, sich allen machtspielchen und lächerlichkeiten entsagen, gemeinsam mit den armen, entrechteten und schwachen dieser welt leben und sich für sie einsetzen. auf deren seite. nicht von oben, sondern von innen.

aber die verweigerung der zukunft hat viele freundInnen.
ähnlich wie bei königInnen und monarchien scheint für viele auch kirchlich die regression
die bevorzugte form der beheimatung zu sein. mit zukunft hat regression beruhigend wenig zu tun. eine zukunft muss ohne papst auskommen.

wir wissen mit sicherheit:
der neue papst ist der falsche.

europa der verliererInnen

paramostodo foto: creative commons izquierda unida http://www.flickr.com/photos/izquierda-unida/

manchen geht das wachstum zu langsam.
manchen geht es zu wenig rasant.
manchen geht es um den kick.

wenn es nach oben nicht so schnell geht
wenn da die immobilien und dort eine andere blase platzt
wenn manche realisieren dass das alles nicht mal mehr papier ist

dann muss eben der abstand
zwischen oben und unten vergrössert werden
dann muss getreten werden
auf die massen

wie zynisch muss aus der sicht
der arbeitslosen spanierInnen
der auf die strasse gestellten portugiesInnen
der hungernden griechInnen
das projekt der
europäischen union
wirken
ausgezeichnet mit dem höchsten preis des friedens

was denken die aus allen gebieten
verjagten roma und sinti über europas nobelpreis?

welcher frieden?
das geld der gemeinschaften
das geld der sozialen strukturen
das geld der bildung
das geld der klassenzimmer
das geld der kindergärten
das geld der universitäten
das geld der pflege
das geld der krankenhäuser
das geld der geburten
das geld der sterbenden
das geld der erstversorgung
das geld der grundversorgung
das geld der notstandshilfe
das geld der jungen
das geld der alten
ist weg

damit banken überleben?
millionen
milliarden
von a nach b
aber dort
wo das geld gebraucht würde
kommt es nie an

käme es an
wäre das ein fehler im system der umverteilung

regierungen werden ausgetauscht wie schmutzwäsche
kühle technokratInnen sollen exekutieren
was unpopulär
aber angeblich sein muss

dann muss eben der abstand
zwischen oben und unten vergrössert werden
dann muss getreten werden
auf die massen

polizistInnen müssen dann treten und schlagen
delogieren und verjagen
tränengas und wasserwerfer
der widerstand
soll von den plätzen gespült werden
weg aus den zentren der städte
weg von den kameras
weg aus dem blick

manchmal schaffen es dann tote
was lebende kaum können
wenn sie oft genug
springen
sich aufhängen
sich die adern aufschneiden
dann wird mal kurz eingelenkt
zum schein
damit der widerstand nicht zu gross wird

dann muss eben der abstand
zwischen oben und unten vergrössert werden
dann muss getreten werden
auf die massen

europa gibt vor
grenzen geöffnet und überwunden zu haben
ein schöner gedanke

wenn eine sagt
leistung muss sich wieder lohnen
meint sie
die schwachen müssen abgehängt werden
für arme ist keine zeit mehr
die faulen sollen arbeiten
wir sind die entscheidenden
und ganze länder
bekommen das brandzeichen aufgedrückt:
nichtnutze verlierer

europa ist dabei
grenzen zu ziehen
schikanöser als die fiesesten zollkontrollen
schwerer zu fall zu bringen als die mauer

die grenzen
zwischen
versorgt und unversorgt
gesichert und ungesichert
gepflegt und verwahrlost
besitzend und verjagt
gebildet und verwendet
wissend und benutzt
informiert und abgehängt

die grenzen
trennen nun nicht mehr die alten territoriale gebiete
sie brechen soziale gefüge auseinander
trennen neue territorien
in villenviertel und notbehausung
in festbezirke und schubhaftzellen
in macht und ohnmacht
und
stellen klar:

die gewinnen
ihr verliert

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zum heutigen aktionstag des widerstandes gegen das verbrechen krise
foto: creative commons izquierda unida

deine flattr microspende per mausclick

universität? die bildung ist verraten.

universität salzburg foto: bernhard jenny

kaum einen tag alt. dieses semester. für manche das erste. studienbeginn. mit all den erwartungen, den naiven, den realeren und da und dort auch vielleicht befürchtungen. dennoch. so ein anfang ist immer etwas besonderes. viele studentInnen nennen sich gerade mal ein paar stunden so. und müssen das gefühl dabei erst erspüren. sich als studentInnen wahrnehmen.

gestern noch eine spannende erste vorlesung. hat gepasst. war ausblick eröffnend. war interessant. machte lust auf mehr. heute dann die andere veranstaltung. mit der ganz anderen botschaft. es wird nicht genug platz geben für alle. die prüfungen in den einführungen sind zum aussieben da. selektion. es wird nicht leicht sein. bedaure. ja da können eben nur die besten.

so ist das eben. bildung? was dich interessiert, interessiert hier niemanden. universitäten sind längst nicht für alle da, da muss selektiert und ausgesondert werden. ganz wenig platz ist da, eng und nochmal enger. ihr seid zuviele. zuviele für bildung.

also. die einführung ins studium ist mit einer überschrift versehen: ihr seid hier fehl am platz. reduziert euch, werdet weniger, fangt lieber gar nicht erst an. der stoff ist ohnehin kaum zu erlernen, wer nicht jetzt schon viel von vornherein weiss, soll lieber nicht anfangen.

ihr seid unerwünscht. unser land hat kein interesse an eurer bildung, die platzzuweisung weist nach unten. ihr wolltet einen weg finden? ihr erwartet motivation? da seid ihr grund falsch. hier kommt fast niemand rein. bildung? wer spricht von bildung? hier ist die vorhölle der abschreckung. du hast geglaubt ein platz wäre für dich vorgesehen?

was unsere jungen menschen vermittelt bekommen, ist so nicht zu akzeptieren. es ist menschenverachtend, wenn der impuls für einen neuen lebensabschnitt mit ablehnung beginnt. ungeachtet der budgetdiskussion – bildungsmilliarde hin oder her – geht es doch um den umgang, den respekt, die begrüssung, die zusage, ein stück des lebensweges gemeinsam zu gehen. keine raumnot, keine budgetkürzung, kein personalmangel kann entschuldigen, dass junge menschen wie dreck behandelt werden. weg mit euch.

das haben sich unsere jungen studierenden nicht verdient. wie sollten erst professorInnen von universitäten in minder bemittelten ländern mit studierenden umgehen, wenn die verantwortlichen in einem so reichen land zulassen, dass junge menschen von ihrem eigenen staat gemobbt werden.

folge solcher selektion wird sein, dass manche, die wegen einführungsprüfungen aufgeben müssen, ganz aufhören. also erfolgreich abgeschreckt sind. und andere werden vielleicht den weg in privatuniversitäten finden. aber dann nur die, die es sich leisten können. womit die selektion perfekt ist.

universitäten, die ihre studierenden verjagen, statt sie zu begrüssen, die neugierige und forschungswillige verhöhnen, statt ihnen bestmögliche zuwendung zukommen zu lassen, sind keinen cent öffentlicher gelder wert. da wäre die vollprivatisierung von bildung und forschung ehrlicher, als die aufrechterhaltung einer placebo-universität. dann wüssten die jungen menschen gleich, wer unter welchen bedingungen wie zur kasse gebeten wird. und dass das ideal einer freien und unabhängigen bildung und forschung längst verraten ist.

aber manche glauben doch wirklich, alle könnten studieren.

staatssekretär verträgt keine menschen

inklusion überarbeitete grafik aus wikicommons

wenn ein integrationsstaatssekretär die segregation und exklusion als den weg predigt, wie adäquat mit kindern von migrantInnen umzugehen ist, dann sind entweder die wahlen nicht mehr weit oder kurz hat grundsätzlich den gedanken der integration und inklusion nicht verstanden.

weil aber beides der fall sein dürfte, ist auf längere zeit nichts besseres erwarten. es kommt – wie in vielen anderen bereichen – auf eine grundsatzentscheidung an: ist es uns menschen zuträglicher, wenn wir uns in richtige und falsche, in ordentlich sprechende und andere, in behinderte und nicht behinderte, in arme und reiche, in was weiss ich sonst noch für welche kathegorien trennen, auseinanderklabüsern und zerreissen lassen, oder sollte uns verbinden, was für uns alle zutreffen sollte, das menschsein.

auch wenn das manchmal sehr, wirklich sehr versteckt ist.

es war einmal ein intelligenter präsident…

bild: damors / flickr creative commons / bearbeitung bernhard jenny
es muss wohl anfang der 90er jahre gewesen sein. eine gruppe engagierter eltern aus der ersten integrativen volksschule im dorf (sie war wenige tage zuvor gegen den vehementen widerstand eines dann doch nie sportministers erfolgreich gegründet worden) war in absprache mit diversen verantwortlichen auf der suche nach einem standort für eine integrative hauptschule. die gemeinsamkeit aller kinder hatte die eltern zutiefst überzeugt und deshalb die herbergssuche.

da meldete sich ein schulleiter aus dem nördlichen teil des dorfes. er war für vieles berühmt. schliesslich war er für die förderung des breitensports in rot verantwortlich, der dafür genutzte verein mutete in seinem namen irgendwie asketisch an. die schwere verantwortung als sportdirektor und hauptschulpräsident (oder umgekehrt?) verlangte schnelligkeit. wirkliche schnelligkeit. also war ein schneller porsche in der parteifarbe sein weithin hör- und sichtbares markenzeichen.

kaffee und kekse hatte der schulhauptpräsidentsdirektor also für die suchenden eltern vorbereitet. er war überzeugt, dass seine schule der richtige standort für so ein integratives vorzeigeprojekt wäre. wirklich. er wollte die problembewussten eltern gar nicht ausreden lassen. er wusste schon worum es geht, schliesslich hatte auch er schon erfahrungen gesammelt. so berichtete er stolz, integration sei quasi schon längst selbstverständlich für ihn. fast hätten die eltern ihm glauben können, wäre da nicht irgendwie ein komisches bauchgefühl gewesen.

„also dann, dann machen wir einen rundgang durch die schule. am besten beginnen wir unten im erdgeschoss“ sagte der sportvereinsdirektorspräsident. „da, sehen sie die tür dort? das ist die glastür aus sicherheitsglas, durch die sich die behinderten kinder auf der einen seite und die anderen auf der anderen seite wirklich jede pause sehen können. sie verbringen quasi gemeinsam die pause und bleiben trotzdem zu ihrer eigenen sicherheit getrennt. die tür bleibt natürlich versperrt.“

das war für die eltern der ersten integrativen volksschule ein magenschlagendes argument. stumm. ganz stumm schritten die eltern weiter, der präsident interpretierte das als beeindrucktheit.

freudestrahlend berichtete er: „das ist noch nicht alles, folgen sie mir in den ersten stock. ich muss ihnen was zeigen.“ die stummen eltern folgten dem porschefahrer in entsprechend schnellem tempo. die tür zu einem klassenzimmer öffnete sich, ein paar rechner und drucker drin und an der wand und quer durch den raum an leinen aufgehängt noch und nöcher ausdrucke von computerzeichnungen und schreibversuchen.

die freude war dem präsidenten anzusehen. er hatte verstanden, wo die herausforderung für eine zukunft der gesellschaft lag. „das alles,“ sagte er genussvoll in gedanken in einen höheren gang schaltend, „das alles sind computerarbeiten von meinen rollstuhlkindern.“ eigentlich hätte musik erklingen müssen, wie in den amerikanischen serien, wenn was wichtiges passiert, jetzt aber auch, um die immer lauter werdende stummheit der eltern zu übertönen. der hauptschulpräsident brachte seine botschaft auf den punkt: „sie glauben gar nicht, wie intelligent rollstuhlkinder sein können!“

das dorf bekam dennoch eine integrative hauptschule. aber an einem anderen standort.
ein märchen über intelligenz.

(ähnlichkeiten mit heute noch existierenden standorten und/oder präsidenten und direktoren wären reiner zufall;-)

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bild: 3745819011 damors flickr creative commons / bearbeitung bernhard jenny