sind wir lebensmüde?

mit fortschreitendem alter kommt die gelassenheit. mag sein. mitunter auch ein stück faulheit. muss ja auch nicht immer schlecht sein. aber dennoch. kann es sein, dass uns bald nichts mehr aufregt.

was haben wir uns über den horrorclown lustig gemacht! bis er dann plötzlich wirklich präsident der vereinigten staaten war. die ersten wochen und monate sind von chaos und skandalösen vorgängen geprägt, ein abgekartetes spiel mit putin ist noch die kleinste form von vorwürfen, die ihm scheinbar berechtigterweise gemacht werden können.

und jetzt? „die mutter aller waffendeals“ schrieb ein blatt. megadeals mit totbringenden waffen hinein mitten in eine der wohl spannungsgeladenstem weltregionen. wen regt das auf? wen kümmerts? die jungen nicht. die mittleren alters auch nicht. und die alten schon gar nicht.

gegen raketenstationierungen sind wir auf die strasse gegangen, gegen die nato, gegen gipfeltreffen und gegen das world economic forum. jedes säbelrasseln hat uns aufgebracht. ist das vorbei?

sind ausgerechnet die saudis plötzlich seriöse partner, die uns nicht aufregen? die inzwischen als richterin tätige claudia bandion-ortner fand einmal nichts dabei, dass dort laufend menschen hingerichtet werden, weil das „nicht jeden freitag“ passierte. aber jetzt werden die saudis als die friedensgaranten plötzlich mit einer kaum dagewesenen anzahl an waffen eingedeckt?

und wir öffnen unser bier, geniessen unser abendbrot und denken, dass es schon nicht so schlimm werden wird. die geschichte lehrt zwar, dass aufmunitionierte problemregime über kurz oder lang zum noch viel grösseren problem werden und gerne ausser kontrolle geraten. aber es kümmert uns nicht?

der horrorclown kann in ruhe waffenschieben. und wir sind zu faul, dagegen auf die strassen zu gehen. schliesslich war da was mit dem versammlungsrecht. wurde das nicht kürzlich verschärft? und würde es wirklich was bringen?

haben wir den widerstand verlernt? vergessen? oder machen wir uns was vor?

wird schon nicht so schlimm sein.
sind wir für widerstand zu müde?
oder
sind wir lebensmüde?

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foto: stephen downes cc licence by nc

österreich könnte ein musterland werden

2015 02 01 Neusiedler See - 10

 

österreich hat allen grund auf so manche best practice modelle hinweisen zu können. so haben wir zb. das sauberste atomkraftwerk der welt, in dem kein einziger atomarer brennstab aktiv wurde und daher ist zwentendorf wohl das verträglichste modell für die nutzung von nuklearer energie weltweit.

seit wenigen tagen haben wir die friedlichste waffenfabrik der welt, in der keine einzige waffe erzeugt wurde. durch den konkurs nach nur einem monat ist FMF tactical in bistrica v rožu in koroška (feistritz im rosental | kärnten) das wohl zufriedenstellenste modell von waffenproduktion weltweit.

ein atomkraftwerk, das niemals atomenergie erzeugt.
eine waffenfabrik, die niemals waffen produziert.

super.

mein wunschzettel für weitere best practice modelle:

eine börse, auf der niemals spekuliert wird.
eine fremdenbehörde, die niemanden abschiebt.
eine grenze, die niemandem den zutritt verwehrt.
eine innenministerin, die nicht mehr in ihrer arbeit erscheint.
die liste lässt sich endlos fortsetzen.

österreich könnte ein musterland werden

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foto: mark strobl cc licence by

das leben ist kein kinofilm.

foto: thomas geiregger creative commons by

die schauplätze waren noch nie so nah. ein vermutlicher londoner ermordet einen amerikanischen journalisten vor laufender propagandakamera. der islamische staat hat also auch europa- und usa-bezug. die schauplätze waren noch nie so weit weg. was verstehen wir von den vorgängen, was ist information, was ist desinformation? jesiden? peschmerga? wohl vielen erst seit wenigen tagen geläufig.

paradepazifisten wie rupert neudeck fordern ehestmöglich waffen für die in not geratenen, andere wie konstantin wecker oder margot kässmann wollen keine einzige waffe irgendwohin liefern und endlich aktive friedensarbeit ein- und umgesetzt sehen.

zu oft wurden wir opfer von vexierbildern der mächtigen und gezielt getäuscht. wie wollen wir uns klare vorstellungen machen, wie wollen wir entscheiden, was wohl richtig wäre?

michel reimon beeindruckte uns mit seinem so unglaublich einfachen und gerade deshalb so direkten video aus dem nordirak. uns wurde plötzlich klar, dass etwas geschehen muss, dass wir nicht wegschauen dürfen.

haben friedensdienste wirklich keine berechtigung, sobald es um wirkliche konflikte geht? oder ist friedensgerede zynisch, während massenmordende banden durch die dörfer ziehen?

haben waffen jemals etwas gelöst? oder sind waffen das einzige mittel, den aggressor zu stoppen?

lässt sich das geschehen auf die bösen da und die guten dort reduzieren? oder ist das gerede von differenziertheit und vielschichtigkeit menschenverachtend, weil mit jedem geschwafelten wort jene zeit verstreicht, die wieder soundsovielen das leben kostet?

im grossen kino dauern die probleme maximal zwei stunden. und es ist (meist) klar, was gut und richtig war. das reale leben und sterben ist längst nicht so eindeutig, es macht uns mitunter ratlos. in kriegszeiten ist keine zeit: zögern kostet leben, handeln kostet leben.

das leben ist kein kinofilm.

foto: thomas geiregger cc licence by

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