amt? wir sind das amt!

aufgrund diverser klagen soll nun der frage nachgegangen werden, ob im zusammenhang mit den affären um meinl und der gleichnamigen bank auch die republik österreich selbst mit schuld am desaster für anlegerInnen trage.

sollte sich dies bewahrheiten bzw. das erkenntnis rechtsgültig werden, dass die bankenaufsicht, die finanzmarktbehörde – aus welchen gründen auch immer – grob fahrlässig gehandelt hat, dann könnten wir ja fast glauben, dass gerechtigkeit passiert, endlich klarheit in die affären kommt und die schuldigen gefasst werden.

doch eine halbe schrecksekunde später müssen wir erkennen: AMTShaftung hiesse, dass das amt, also die republik für den entstandenen schaden aufkommen muss.

da kommt die lutschbonbon-werbung in neuer spielart:
„wer ist die republik, hä?“
„ja, die steuerzahlerInnen.“
„und wer genau?“
„wir!“

eben. die schuldigen werden noch lange nicht dingfest sein, werden wir schon zahlen dürfen. wir sind das amt.

kulturloser umgang mit kultur

waldklang
aus dem stand hat ein junges team im jahr 2008 unter dem titel waldklang ein neues winterfestival im waldbad anif mit grossem erfolg organisiert: 11.000 besucherInnen und über 60 künstlerInnen aus verschiedensten genres.

es war ein wohltuend frisches signal in einer jahreszeit, die sonst nur allzu laut von konsumgeiler kaufhausmusik und gieriger kauflust geprägt ist.

nun hat ein einzelner beamter der landesumweltanwaltschaft dieses engagierte projekt einfach abgewürgt. seine stellungnahme war der grund dafür, dass sich die veranstalter nicht mehr in der lage sahen, rechtzeitig und verantwortlich das festival zu planen und zu realisieren. gesprächsangebote wurden ausgeschlagen.

einem einzelnen ist hier ein fehler unterlaufen oder er hat von hier aus nicht nachvollziehbare gründe für seinen einspruch gehabt.

dass solch ein vorgehen aber ein neues, junges projekt einfach zum scheitern bringt und damit all die vorarbeiten und mühen zahlreicher menschen zynisch frustriert, dem kann nicht einfach so zugesehen werden.

hier müssen wohl viele verantwortliche in politik und ämtern sich den vorwurf gefallen lassen, dass sie ohne sinn für junge kultur entweder weggesehen oder bewusst geschwiegen haben.

ein vorgang, der eine von zahlreichen besucherInnen freudig aufgenommene kulturinitiative so kläglich zum scheitern bringt, kann nur als kulturlos bezeichnet werden.

die homepage des projekts:
http://waldklang.at/

kopfstand unserer werte?



in den dreissiger jahren hat der argentinier enrique santos discépolo einen tango geschrieben, der weltruhm erlangte, obwohl oder weil er so schön fatalistisch ist. in „cambalache“ heisst es:

Que el mundo fue y será una porquería ya lo se
en el quinientos seis y en el dosmil también…

also auf deutsch: „dass die welt eine schweinerei war und sein wird, das weiss ich schon, im jahr 506 und im jahr 2000 auch …“

für discépolo mag das jahr 2000 weit weg gewesen sein, für uns muss aber jahre nach der jahrtausendwende leider die erkenntnis gelten, dass der tango wohl durch die realität noch übertroffen wird.

da verlieren kleine arbeiterInnen und angestellte ihre jobs, weil sie flaschenpfandbons oder 4 (ja vier) maultaschen gestohlen haben, während andere sich millionen und milliarden auf konten in steueroasen verschieben und dafür noch wahnsinnsgehälter, boni und sonstige peanuts einstecken.

da wird ein kapitän, der hungernde flüchtlinge aus ihrer seenot rettet und damit vor dem sicheren tod bewahrt, wegen schlepperei vor das gericht gestellt, während in unseren schubhaftsgefängnissen flüchtlinge krepieren.

da „übersehen“ staatsanwälte über hundert seiten starke anzeigen, weil sie sich gegen die falschen richten, obwohl von der presse regelmässig nachgefragt wird, ob in diesem fall was weitergeht.

die beispiele könnten endlos fortgesetzt werden, einige davon waren hier in diesem blog schon thema.

welche werte zählen nun in unserer welt wirklich?
laufen wir nicht hinter trugbildern her, die uns über gerechtigkeit, menschlichkeit und würde was erzählen, während die praxis der grossen welt ganz anders funktioniert?
sind wir naivlinge, wenn wir glauben, es müsste sich was ändern, zum besseren, zum offeneren, zum gemeinsamen hin?

fest steht, mit perspektivenwechsel allein ist es nicht getan: auch wenn wir uns auf den kopf stellen, werden die praktizierten werte nicht menschlicher.

in discepolos „cambalache“ heisst es am schluss, dass alles egal sei, „egal ob einer tötet oder heilt“. wenn wir eine lösung nicht nur suchen, sondern auch finden wollen, müssen wir wieder lernen, wahrzunehmen und klar zu benennen, was uns tötet und was uns heilt.

nicht weniger als ein neuanfang müsste her.

wo ist der fehler?

soeben auf ORF ONLINE gelesen:

Trotz steigender Arbeitslosigkeit scheint es in der Finanzbranche wieder aufwärtszugehen. Die zweitgrößte US-Bank JPMorgan überraschte am Mittwoch mit einem Gewinn von 2,4 Milliarden Euro. Auch bei Gehältern und Bonuszahlungen greifen die Unternehmen wieder tief in die Tasche. Berechnungen des „Wall Street Journal“ zeigen, dass die 23 US-Topbanken heuer über 95 Mrd. Euro an Gehältern zahlen. Das übertrifft sogar das Rekordjahr 2007.

wo ist der fehler?
gleich am anfang!
nicht „trotz steigender arbeitslosigkeit“ sollte es heissen, sondern „infolge steigender arbeitslosigkeit“. oder zumindest umgekehrt: die megagewinne der finanzhaie sind nur in einem system möglich, das die masslose bereicherung auf kosten vieler anderer erlaubt bzw. sogar mit unglaublichen summen fördert!

es ist wirklich unfassbar, was hier passiert. wie lange werden wir da noch einfach zusehen?
wie können wir dagegen aufstehen?

darf menschenwürde eingespart werden?

in der letzten zeit häufen sich wieder die meldungen über geplante oder gar schon realisierte kürzungen in der betreuung von behinderten menschen, in der psychosozialen versorgung und in der integrativen pädagogik. fast wie selbstverständlich wird hier über kürzungen gesprochen, weil – wir sollten das ja schon lange gelernt haben – kein geld mehr da ist.

abgesehen davon (siehe frühere einträge in diesem blog), dass sich darüber diskutieren lässt wieviel da ist und wieviel fehlt, so dürfen wir eines nicht vergessen: die einführung der integrativen pädagogik, der psychosozialen versorgung und der betreuung von menschen, die darauf angewiesen sind hat NICHT deshalb stattgefunden, weil wir einmal soviel geld hatten, dass wir nicht mehr wussten, wohin damit, sondern diese „errungenschaften“ wurden erkämpft, erreicht und eingeführt, weil es als unverzichtbar erkannt wurde, dass wir menschen niemals aus unserer mitte drängen dürfen, dass ALLE einen anspruch auf die gemeinsamkeit unserer gesellschaft haben.

also können diese dinge nicht „gecancelt“ werden, wie die fünfte urlaubsdestination oder das siebte luxusessen im monat. integration oder inklusion und individuelle betreuung sind unverzichtbare umgangsformen einer menschheit, die sich selbst und ganz wertschätzt. hier zu „sparen“ bedeutet die menschenwürde zu verkaufen.

krankheit oder zynismus?

irgendwo hinter den bergen gibt es ein land, in dem viele markgrafen und herzoge ihre macht nutzen, um den grossen reichtum anzuhäufen. sie erfinden dafür neue geldhäuser, scheinschlösser und sonstige vereinigungen, über die das gold, das allen menschen zustehen würde, in die eigenen schatztruhen geschleust wird. dabei gehen sie unglaublich schamlos vor, denn sie lassen sich von keinem gesetz oder gar anstand abhalten, die krummsten dinger zu drehen. hauptsache, das gold wird immer mehr und mehr. dem volk geht es immer schlechter, den markgrafen und herzogen immer besser.

das seltsame in diesem land ist, dass das volk eigentlich immer schon wusste (oder wissen hätte können), welche abartigkeiten sich diese markgrafen und herzoge einfallen lassen, aber dennoch hat ein teil des volkes sich genau diese markgrafen als machthabende gewünscht. selbst wenn ihre raubzüge vor den augen aller und unter beobachtung aller gazettenschreiberInnen das landes tun, denken sie in keinem moment daran, von ihrem tun abzulassen. warum auch, wenn das volk sich fast alles gefallen lässt.

ganz im gegenteil: sie machen immer weiter und weiter. selbst wenn sie schon keine markgrafen mehr sind, haben sie deshalb nicht weniger macht, sondern soviele andere goldanhäufer kennengelernt, dass ihnen die ideen zum vermehren des reichtums nie ausgehen. da muss man halt schon mal die häuser des volkes verkaufen, schon sprudelt wieder genug gold in die säcke.

seltsam nur, dass sie sich manchmal wie kleine taschendiebe benehmen, ganz als ob sie es notwendig hätten, sich durch irgendwelche taschentricks vor einer verfolgung zu schützen, die es in wirklichkeit in diesem lande gar nicht gibt. da stellen dann vereinigungen ihre tätigkeit ein, da wechseln geldhäuser ihre namen oder ein mancher markgraf zieht aus seinem schlösschen in ein anderes, weil sein mitbewohner gerade mal sein gedächtnis zurückerhalten hat, obwohl ihm die vergesslichkeit seit jahren viele dukaten erspart hatte.

ist am ende dieses manchmal reflexartig sich ducken müssen, namen ändern, umziehen und am liebsten das licht ausmachen etwa die gefürchtete krankheit, die „gewissen“ heisst?

wohl kaum, es ist eher der zynismus, der dem volk vorgaukeln soll, irgendetwas hätte sich verändert, irgendwelche konsequenzen wären passiert oder die markgrafen wären heute schon ganz andere.

freilich wäre es ehrlicher, einfach ganz offen weiter zu tun und lauthals zuzugeben: „solange ich die richtigen mitverdienen lasse, kann mir nichts passieren, daher brauche ich auch den namen meines geldhauses nicht zu ändern und mein schlösschen nicht wechseln.“

so ein seltsames land. aber ist weit weit weg, hinter mindestens sieben bergen, oder?

das organisierte wirtschaftsverbrechen feiert!

heute vor einem jahr wurde eine lawine ausgelöst, die seither fälschlicherweise „witschaftskrise“ genannt wird. schnell wurde panik weltweit verbreitet, kein stein werde auf dem anderen bleiben, jetzt bräche die rohe gewalt zwischen allen habenichtsen der welt aus.

doch es ist ganz anders gekommen: massenweise kündigungen dort und da, skandalöse budgetkürzungen an allen unmöglichen stellen, mit dem zauberwort „krise“ konnte jede soziale gerechtigkeit storniert, jedes solidarisches system in misskredit gebracht werden. doch das ist nicht die neue schreckliche welt, vor der wer uns seit einem jahr fürchten sollen, es ist vielmehr die unverschämte und ins unendliche gesteigerte gier einiger weniger, die allen anderen wenn möglich alles und noch mehr wegnehmen wollen.

regierungen sprangen schnell als „retter“ in die szene und wollten das schlimmste vermeiden, indem sie genau jene spekulantInnen, die sich „verzockt“ hatten, mit unglaublichen summen als garantien ausstatteten. seither geht (fast) alles wieder wie gewohnt seinen lauf:

  • unglaubliche gewinne und profite aus organisiertem wirtschaftsverbrechen werden in noch rascherem tempo lukriert als früher, in immer noch höheren summen.
  • unsoziale kürzungen und streichungen von arbeitsplätzen finden immer unverschämter statt, die „wirtschaftkrise“ ist angeblich schuld, hinter der sich die profiteurInnen verstecken wollen.

mag sein, dass es sehr verkürzt ist: unsere machtsysteme brauchen immer ein bild der bedrohung, um das kleine volk glauben zu machen, dass kein geld mehr für alle da wäre, dass leider unbedingt gespart werden müsste: in meiner kindheit hiess die bedrohung „russe“ oder „ostblock“, in diesem jahrtausend dann „terrorismus“ und aktuell „wirtschaftskrise“.

heute feiert ein trugbild geburtstag, das hoffentlich bald möglichst viele menschen durchschauen!