das ende der moral ist bereits erreicht.

foto: dragan tatic cc by überarbeitet von bernhard jenny cc by

 

das grösste kleinformat österreichs jubelt, dass die innenministerin auf die eu-kritik an der „obergrenze“ ein „höflich formuliertes götz-zitat“ als antwort geschickt habe, und fasst die position mikl-leitners sinngemäss so zusammen, dass „österreich sich in der asyl-frage nichts mehr diktieren lässt“.

selbige innenministerin spricht im deutschen fernsehen ungehemmt von einem „strengen regime“ in österreich, welches dafür bekannt werden soll, dass es im falle „dass gewalt von den flüchtlingen ausgeht“ auch vor einem schiessbefehl nicht zurückscheut.

weiters gibt sie offen zu, dass sie die famose „obergrenze“ nur durch systematischen amtsmissbrauch, missachtung von eu-gesetzen und menschenrechten und klarer willkür der ämter einhalten kann.

der politische, der moralische flurschaden solcher aktionen geht weit über das eigentliche thema hinaus. zwar geht es mit sicherheit in erster linie darum, dass sich in europa jene kräfte für ein offenes europa durchsetzen. aber auch jenseits dieses themas ist der verfall der sitten nicht so schnell wieder zu reparieren, wenn gleich mehrere minster_innen einer rotschwarzen regierung sich einen dreck scheren, was rechtens, was staatstragend, was politisch verantwortlich handeln bedeudet.

wenn eine ministerin auf geltendes eu-recht, auf die menschenrechte und auch auf geltende österreichisches recht (amtsmissbrauch etc,) wiederholt und bewusst, öffentlich vor laufender kamera und möglichst oft und verbissen exkrementiert, ist das gesamte land am dampfen.

wer will denn noch von wem ernsthaft verlangen, dass die gesetze einzuhalten wäre. wer kann da noch von einer kultur sprechen? derartige entgleisungen lassen die grundfeste unserer gesellschaft morsch werden. es kracht ordentlich im gebälk. nur interessiert es wenige.

wer so viel minusgespür (analog zu minuswachstum 😉 für die verantwortung eines landes mit seiner geschichte hat, wer österreich derart peinlich als fremdschämland in europa und der welt plaziert, wer so tut, als wäre „die eu“ ohnehin schon etwas anderes, im unterschied zu österreich, hat keinen respekt vor der würde eines politischen amtes. und manche sehen schon das „jetzt erst recht“ aus waldheims unzeiten reüssieren.

viele menschen der zivilgesellschaft leben ein ganz anderes europa, nehmen menschen offen auf und sehen es als pflicht, menschen zu helfen. viele menschen wollen nicht hinnehmen, dass europa zu einer festung der lebensfeindlichkeit und der unmoral wird, vor deren mauern menschen sterben müssen. viele sehen das auch ganz logisch im kontext eines christlich-geprägten wertekatalogs, andere aus anderen – nicht weniger grundsätzlichen – motiven, etwa der freiheit, gleichheit und geschwisterlichkeit.

mikl-leitner wird im gegensatz zu diesen menschen – soviel ist sicher – ihre grausamkeiten fortsetzen. sie wird weder zurücktreten noch umdenken. rücktrittsaufforderungen sind offensichtlich ihr lebenselixir. sie wird weiter und weiter zäune im lande und in unseren köpfen aufstellen. zumindest solange die regierung sie lässt. was dann kommt, kann so viel schlimmer fast nicht sein.

das ende der moral ist bereits erreicht.

foto: dragan tatic für österr. aussenministerium cc by überarbeitet von bernhard jenny cc by

ein schmerzhafter prozess, der spaltet

politische lager sortieren sich neu, die farbenlehre gilt nicht mehr. ist heute die menschenrechtsfrage, was früher die gretchenfrage war?

in den vergangenen wochen musste ich immer wieder an die worte von karim el-gawhary denken. in einem vortrag sagte er sinngemäß: „das, was in den letzten monaten passiert ist, treibt die politiker europas vor sich her wie noch nie in der jüngeren geschichte.“ und: „die frage, wie wir mit den menschen, die zu uns flüchten, umgehen, wird noch einen schwierigen prozess auslösen, der uns spalten wird und der sehr schmerzhaft sein wird.“ er sollte recht behalten.

dieser prozess spaltet uns: in solche, die den geflüchteten menschen offen entgegenkommen und diese willkommen heißen; diese menschen halten es für möglich, dass wir es gemeinsam schaffen, manche zweifeln keine minute daran. und in solche, die am liebsten gleich mal alle, die inzwischen gekommen sind, wieder zurückschicken würden und in jedem fall keinen einzigen menschen mehr hereinlassen wollen. nicht nach europa und schon gar nicht in das jeweilige eigene land.

unerwartete repräsentanten

diese zweite gruppe hat erwartbare repräsentanten: horst seehofer, viktor orbán, jarosław kaczyński und heinz-christian strache. irgendwie genauso logisch wie erwartbar.

die erste gruppe aber, die gruppe jener, die die geflüchteten nicht pauschal kriminalisieren wollen und fest daran glauben, dass es unsere pflicht ist, den menschen, die zu uns fliehen, zu helfen und ihnen einen neuanfang zu ermöglichen, hat eigentlich für viele unerwartete repräsentanten: angela merkel, christoph schönborn und christian konrad.

die neue gretchenfrage

das ist also der schwierige prozess, von dem el-gawhary gesprochen hat? politische lager sortieren sich neu, die farbenlehre gilt nicht mehr. was früher eine gretchenfrage war, ist heute eine menschenrechtsfrage? gelten menschenrechte wirklich immer und überall für alle in gleicher weise? oder sind sie beliebig dosierbar, befristbar oder mit einer zahlenmäßigen beschränkung zu versehen?

mit dem nunmehrigen regierungsbeschluss, der obergrenze für asylwerber, sind werner faymann und reinhold mitterlehner ins seehofer-lager gewandert, während sich so manche menschenrechtsverteidiger in ein „gutmenschen“-lager gedrängt sehen. dieses lager ist das neue „linke gesocks“? merkel, schönborn und konrad? verkehrt? verwirrend? jedenfalls ein schmerzhafter prozess. (bernhard jenny, derstandard.at, 22.1.2016) –

es geht nur mit obergrenze!

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unsere gesellschaft darf sich von niemandem überrollen lassen.

wir brauchen eine obergrenze für politischen zynismus. wer wider besseren wissens hetzbegriffe und feindbilder bedient, weil es vermeintlich cool ist, ist nur sehr schwer verträglich. für solche frauen und männer darf es in unserer politik nur sehr wenig platz geben. hier ist aus meiner sicht die obergrenze bei 0,1 prozent der politiker_innen gegeben.

wir brauchen eine obergrenze für politische dummheit. diese betrifft jene, die es weder besser wissen, noch sonst wie zu einer eigenen meinung fähig sind. obwohl für diese eigentlich eine nulltoleranz angebracht wäre, würde ich grosszügig auch hier eine obergrenze bei 0,1 prozent der politiker_innen ansetzen.

wir brauchen eine obergrenze für politische ratlosigkeit. für das gerede über wirtschaftsflüchtlinge, über zäune, über belastungsgrenzen und terrorgefahr. wir brauchen eine obergrenze für phantasien über aufnahmestopp, leistungskürzungen und nachzugserschwernisse.

wir brauchen eine obergrenze für politische frechheiten. so zum beispiel die gleichzeitige forderung von unbedingten deutschkursen, während diese nicht einmal angeboten werden, oder forderungen von uneingeschränktem integrationswillen, während das asyl ohnehin nur auf zeit gelten soll.

wir brauchen eine obergrenze für obergrenzen-forderungen. diese ist längst überschritten. dass eine alte partei nichts anderes mehr zu sagen hat, als neuerlich grenzen zu fordern, war zwar erwartbar, ist aber dramatisch. und dass ein landeshauptmann, selbst rechtsanwalt, offen die nichteinhaltung von völkerrecht, europäischem recht und verfassung fordert, zeigt, wie schnell selbst grundrechte im ernstfall zur makulatur werden sollen, wenn es den politisch unverantwortlichen passt.

wir brauchen eine obergrenze. wir kommen sonst noch komplett unter die räder. unsere gesellschaft darf sich von niemandem überrollen lassen, schon gar nicht von jenen, die obergrenzen fordern. es reicht.

es geht nur mit obergrenze!

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dieser beitrag wurde in ähnlicher form ebenso am 16.1.2016 auf derstandard.at veröffentlicht.

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foto: augenblickbewahrer cc licence by nc

maria, maria!

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vor einigen wochen

nein, das hab ich nicht so gemeint, damals vor ein paar wochen. das war ganz anders zu verstehen. nicht wörtlich. ja ich hab zwar gesagt, dass… aber das ist ja eher symbolisch, also irgendwie indirekt, jedenfalls jetzt ist das für mich klar.

nein, ich trete natürlich nicht zurück und das wird auch keinen schatten werfen, das ist ja nur einmal eine aussage gewesen, da muss nicht alles gleich in die waagschale. also nein. sie werden sehen, dass das alles wieder in die normalen laufbahnen kommt.

konsequenzen, nein. warum? ich habe zwar damals das gesagt, aber wie gesagt, das war nur so dahingesagt und deshalb ist das jetzt eben klarerweise nicht so. klar?

wenige tage später

nein, das hab ich nicht so gemeint, da bei dem interview. ich meinte da zwar, dass man langsam, aber sicher an die grenzen stossen werde, dass die schmerzgrenze erreicht sein wird. aber das ist ja eher symbolisch, also irgendwie indirekt, jedenfalls jetzt ist das für mich klar.

nein, ich spreche natürlich nicht über obergrenzen und das wird auch keinen schatten werfen, das ist ja nur einmal eine aussage gewesen, da muss nicht alles gleich in die waagschale. also nein. sie können sehen, dass ich gleich gestern auch alles widerrufen habe. ich bin gegen obergrenzen.

konsequenzen, nein. warum? ich habe das zwar gestern gesagt, aber wie gesagt, das war nur so dahingesagt und inwischen ist das jetzt eben klarerweise nicht so. klar?

frage

wird da ein muster erkennbar, oder ist das bloss zufall?

maria, maria!

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foto: "Maria Vassilakou" von Die Grünen Wien - pressefoto. Über Wikimedia Commons
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