staatliche grausamkeit macht selbst vor kindern nicht halt

update 20170822 – 14:50: soeben bestätigt:
narine und ihre kinder sind frei!!! super erfolg für die aktiven menschen in #walding!!!




gestern wurde wieder einmal sogenanntes recht zum unmenschlichen unrecht exekutiert. kleine kinder wurden von der polizei mit ihrer mutter in schubhaft genommen, denn unser staat will sich deren anwesenheit nicht leisten. in der oberösterreichischen gemeinde walding gibt es aber eine gruppe von menschen, die da nicht tatenlos zusehen wollen.

brigitte raffeiner, obfrau des netzwerkes „überbrücken‟ schrieb gestern auf facebook:

Der kleine Maxim wäre heute eigentlich zu einer Geburtstagsparty eingeladen gewesen. Die Mutter des Geburtstagskindes wollte ihn gerade abholen als die Polizei bereits vor Ort war.
So gab er der Mutter seines Freundes tränenüberströmt das Geburtstagsgeschenk mit und fügte noch leise hinzu, „er soll mich nicht vergessen.

und veronika pernsteiner:

Deportation heute Mittag:
Ich bin fassungslos und erschüttert: ich war soeben dabei, als Narine und ihre Kinder (7 und 9) ins Polizeiauto einsteigen mussten, alle haben bitterlich geweint. – Ist das noch Österreich, hab ich mir gedacht? Narines Mann wurde vor wenigen Wochen im Mühlviertel begraben, die Halbweisen und die Witwe – gut integriert, seit über 6 Jahren hier im Mühlviertel, gutes Deutsch, Kinder gute Schulergebnisse! – werden abgeschoben nach Armenien! Ist die Humanität in Österreich gänzlich verloren gegangen?

 

kann es wirklich sein, dass kleinen menschen und ihrer mutter, die schlimmstes durchgemacht haben, nun zwangsweise deportiert werden, weil es ein buchstabe des gesetzes so will? Hat menschlichkeit keinen platz mehr?

die integrationsplattform „überbrücken‟ schreibt:

Seit sechs Jahren lebt Narine Bughdaryan mit ihrer Familie im Flüchtlingshaus Walding Rottenegg. Die Familie trägt ein schweres Schicksal: Der Vater Tigran, schon bei der Flucht schwer krank, erkrankte zusätzlich in Österreich an Krebs.
Drei Wochen vor seinem Tod fand der erste unrechtsmäßige Abschiebeversuch statt. Die Familie durfte nach der Verhaftung wieder zurück ins Flüchtlingshaus, da der Vater zum Zeitpunkt der Abschiebung im Krankenhaus lag. Schwer traumatisiert vergingen die nächsten Tage, bis der Vater Tigran im Juni im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern seiner schweren Erkrankung erlag. Er wurde am 24. Juni 2017 in Walding im Beisein seiner Familie und vieler Trauergäste aus der Gemeinde begraben.

Die Worte von Mane, der 9 Jahre alten Tochter, bei der Totenwache rührte uns alle zu Tränen: „Lieber Papa, ich hab dich sehr lieb, ich weiß, dass du mich auch sehr lieb hast und mich immer beschützt.“
Der Schutz aus dem Himmel reichte jedoch nicht.

Gestern um 14.00 Uhr wurde die Familie von der Polizei zur Abschiebung nach Wien abgeholt.

die waldingerInnen wollen kämpfen:

Wir WaldingerInnen verstehen die Welt nicht mehr!
Ein Antrag auf Humanitäres Bleiberecht wurde kurz nach dem Tod des Vaters gestellt und ist zur Zeit noch nicht in Bearbeitung durch das BFA.
Die Kinder sprechen Deutsch als wäre es ihre Muttersprache, haben hier in Walding ihre Freunde, sie sind gute Schüler und für die beiden ist Walding ihre Heimat.

Die Integrationsplattform „Überbrücken“ der Gemeinde Walding setzt sich schon des längeren zusammen mit Pfarre, Schuldirektion, Gemeinde für ein humanitäres Bleiberecht dieser Familie ein. Ich ersuche Sie, speziell diesen Fall, der ein großes menschliches Drama ist, mit uns zu verbreiten, und uns bei unserem Vorhaben, eine Abschiebung zu vermeiden, zu unterstützen!
Wir machen uns große Sorgen um Narine, die Mutter der Kinder, welche den Tod des Vaters ihrer Kinder und ihres geliebten Ehemanns noch nicht verkraftet hat. Ihre ganze Liebe gilt jetzt ihren Kindern, aber die ohnehin sehr schlanke Frau ist die letzten Wochen stark abgemagert und steht kurz vor dem körperlichen Zusammenbruch.
Der Familie würde mit der Abschiebung alles verlieren. Ihr Zuhause, ihre Heimat, ihre Freunde und auch den Ort der Trauer. Tigran ist in Walding beigesetzt – die Kinder können dann das Grab ihres Vaters nicht mehr besuchen.
Am Donnerstag soll der Flieger zurück nach Armenien gehen! Wir hoffen, wir beten, dass die Familie dann nicht in diesem Flugzeug sitzt, sondern zurück in ihre Heimat nach Walding darf.

Bei Fragen steht die Obfrau des Netzwerkes „Überbrücken‟ Brigitte Raffeiner sehr gerne unter der Telefon-Nummer: 0699 133 86061 zur Verfügung.

brigitte.raffeiner@studien-monitor.at

wie dieses drama endet, ob es noch gut geht, weiss derzeit niemand. aber da wahlkampf herrscht, werden manche versuchen, den fall als exempel zu statuieren. denn staatliche grausamkeit ist nicht zum ersten mal wahlkampffutter für xenophobe zielgruppen. dass dies eines zivilisierten rechtsstaates unwürdig ist, scheint in diesen zeiten unwichtig. wichtiger scheint das unterscheiden von menschen, die immer schon hier waren und solchen, die „weg gehören“. traditionspflege der wahnsinnigen art.

staatliche grausamkeit macht selbst vor kindern nicht halt.

heisst es jetzt „too dirty to fail“?

mafia des langsamen todes

jemand vergiftet regelmässig und bewusst menschen. nicht einen, nicht drei, nicht zwanzig, sondern millionen. es ist kein einzeltäter, sondern es ist ein kartell. ein kartell, das gesetzliche bestimmungen höchstens mit einem achselzucken kommentiert. die täter wähnen sich über dem gesetz. sie schreiben der politik vor, was sache sein darf und was nicht.

dieselgate, dieselskandal, abgasskandal… das mörderische geschehen hat viele namen. und in dem moment, wo manche dachten, dass das fass nun endlich überlaufen würde, weil bekannt wurde, dass es markenübergreifende abstimmungen und absprachen in der gesamten autoindustrie gegeben hatte, genau in diesem moment blieben politik und justiz (vorerst zumindest) zahnlos. lächerliche „optimierungen“ sollen beheben, was in wirklichkeit nicht zu beheben ist.

rückblende

wir vergessen schnell. sehr schnell. die sogenannte bankenkrise, eines der grössten verbrechen unserer zeit, wurde dank einer willfährigen politik zum schaden aller gelöst. banken wurden „gerettet“, bekamen also fiktive buchwerte quasi von den staaten bezahlt, menschen verloren oft vieles, budgets wurden ausgehungert und ausgedünnt. die „bankenkrise“ wurde zum geflügelten wort, den „kleinen da unten“ wieder einmal zu erklären, dass da leider kein geld da sei, und den „grossen da oben“ wurde es vorne, hinten und sonst wo reingestopft.

dort und da hat dieser ganze wahnsinn auch sehr konkret menschenleben gekostet. sei es, weil menschen in die verzweiflung getrieben wurden und sich suizidierten, sei es, weil plötzlich nicht mehr die adäquate gesundheitsversorgung vorhanden war. die menschen in den „südstaaten“ europas mussten da viel mehr leiden, als jene der „mittleren und nordstaaten“.

und jetzt?

was passiert mit der autoindustrie? kommt sie davon, wie seinerzeit die spekulanten?* wird sie gestützt, geschützt, wird weiter gemauschelt und betrogen? muss ja wohl sein, denn ein konsequentes handeln würde zu einem völligen umbruch in der fahrzeugwelt führen, da bliebe kaum eine karosserie auf dem fahrgestell. bei den banken hiess es damals „too big to fail“.

und konsequenzen so knapp vor wahlzeiten sind unpopulär. dennoch wäre es unverständlich, wenn die politik sehenden auges die systematische, bewusst geplante, je geradezu industrieimmanente gefährdung des lebens in vielen millionen fällen einfach akzeptiert oder mit lächerlichen abmahnungen samt strafgebühren nur zum schein bekämpft.

gesetz gilt nur für die kleinen?

politisch verantwortliche, die zulassen, dass die autoindustrie tote und lebensgefährlich erkrankte schnell mal als kollateralschaden der gier nach profiten einplanen, sind der mittäterschaft schuldig. ausserdem wird jede diskussion über sonstige bereiche des konsument_innenschutzes á la inhaltsstoffe, reinheitsgesetze und nebenwirkungen lächerlich, wenn schadstoffe in zigfach überhöhtem und lebensgefährlichem ausmass nicht umgehend und konsequent als verbrechen geahndet werden.

müssen wir jetzt die autoindustrie vor konsequenzen der totbringenden betrügereien schützen, weil die wirtschaft blühen soll, selbst wenn es auf den gräbern viel zu früh verstorbener menschen sein sollte? ist das ausmass des verbrechens wieder einmal so gross, dass es für die täter – siehe „bankenrettung“ – wieder mal mit belohnung, statt mit strafen endet?

heisst es jetzt „too dirty to fail“?

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foto: enno lenze cc licence by nc bearbeitet von bernhard jenny cc licence by nc

*) in machtrelevanten (und speziell täter-)kontexten wird hier öfter bewusst nicht gegendert, weil dadurch eine wirklichkeit verzerrt dargestellt würde. das tätersystem ist eindeutig männlich beherrscht.

 

politavantgarde dynamisiert stadt salzburg

der amtierende bürgermeister der stadt salzburg ist noch gar nicht zurückgetreten. er hat den rücktritt nur angekündigt. und schon wird die stadt von einer schier unfassbaren dynamik erfasst. kaum jemand hätte darauf wetten abgeschlossen, dass ausgerechnet salzburg mit einer reihe von kandidat_innen atemberaubende persönlichkeiten in den mittelpunkt bringt.

selten noch war es derart spannend, wer denn jetzt wirklich das rennen um das höchste amt der landeshauptstadt machen könnte. eines dürften aber alle wahlwerbenden parteien erkannt haben: ein neuanfang muss her, „bewegung“ wie das jetzt auf neupolitisch heisst, zukunftsorientiert und mit umwerfendem elan ausgestattet.

der eine ist schon länger auf plakatwänden zu sehen, war uns etwas verfrüht für 2019 angepriesen worden und hat uns schon mal gemeinsam mit seiner frau einen schönen sommer gewünscht. das pfeift!

mit soviel dynamik waren die mitbewerbenden gruppen unmittelbar herausgefordert, weshalb die anderen schon mal ihren altbekannten vize als jetzt runderneuert und lammfrommen kandidaten aufstellen. wer sich jahrzehntelang rechtsaussen aus dem beiwagen gelehnt hat, kann garantiert auch die zugmaschine lenken, so sagen die fahrschulexpert_innen.

resigniert mussten die blaubraunen auch einen neuling suchen, gingen in die küche brainstormen (sorry in diesen kreisen sagen die wohl eher: „hirnwinde blasen lassen“) und schon hatten sie ihren kandidaten.

da war es nur logisch, dass die bürgerliste an einer noch grösseren überraschung basteln musste. sie fanden auch einen idealen kandidaten, nämlich einen, auf den nicht einmal er selbst gewettet hätte. ein „beim verkehr habe ich aufgegeben“-kandidat ist allerdings ein starkes signal an die feministisch denkende basis.

einzig den neos fiel entgegen ihres einwort-partei-programms nichts neues ein. sie scheiterten an der vorgabe (woher eigentlich???) bitte nur männer als kandidaten aufzustellen und treten wenig überraschend mit ihrer stadträtin an. das bringt die homogene männerselbsthilfegruppe ordentlich ins wanken.

ein verzweifelter bürger für salzburg wirft sich dann noch im letzten moment in die riege, irgendwer muss ja für konservative ruhe und stabilität sorgen – angesichts einer so ausser kontrolle geratenen politlandschaft.

egal wer gewinnt, salzburg zeigt mut, dynamik, genderbewusstsein und hört auf jene, die die basis bilden, die wählen sollen. das kann uns nur zuversichtlich stimmen. die wahlbeteiligung wird alle rekorde sprengen. wir sind modern!

eine politavantgarde dynamisiert stadt salzburg.

 

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foto: bernhard jenny cc by