österreich braucht dringend eine:n innenminister:in

es ist ja nicht so, dass die qualifikation oder dessen gegenteil des aktuellen amtsinhabers nicht hinlänglich bekannt wäre. schon von anfang an war die referenz als betreiber eines wohl zumindest dem austrofaschismus nicht besonders kritisch entgegenstehenden dollfuß-museums für viele alles andere als eine empfehlung für das amt.

in wellen war gerhard karner mal mehr und dann wieder mal weniger im zentrum der aufmerksamkeit. und es entsteht der eindruck, dass innerhalb der ÖVP sich verschiedene flügel um die oberhand bekämpfen.

da sind die sebastian-verehrer:innen, die nicht nur bei schinkenfleckerl und gin tonic immer noch krampfhaft versuchen, die rechtsextremen rechts zu überholen. das hat zwar eher ins verderben geführt, aber wenn der unheilige zurückkäme, dann würde vielleicht die balkan-route nochmals „geschlossen“, aber dafür die „es war nicht alles schlecht bei dollfuß“-route als neue zukunftsperspektive geöffnet.

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absurder wahnsinn

überlegen wir mal genauer. der deutsche bundeskanzler olaf scholz weiß offensichtlich mit der berechtigten erschütterung über den tod eines polizisten, der gegen einen wild um sich stechenden und offensichtlich töten wollenden menschen eingeschritten ist, nicht anders umzugehen, als die abschiebung von täterpersonen selbst in länder zu fordern, deren regime selbst terroristisch sind. 

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sind wir noch? menschen?

angesichts
kleiner kinder, deren leben am dünnen faden des überlebenstriebs ihrer eltern hängt,
angesichts
junger menschen, die als fünfjährige wohl längst kein kind mehr sind, weil sie der tägliche kampf ums leben gegen krieg, bomben, terror und kälte zu kleinen erwachsenen werden hat lassen,
angesichts
verzeifelter eltern, die alles, wirklich alles geben würden, auch ihr leben, wenn sie nur wüssten, dass wenigstens ihr liebstes wirkliche sicherheit erleben können würde,
angesichts
traumatisierter menschen, die den glauben an eine bessere welt in ihren wunden vergraben haben,
angesichts
weinender menschen, die nicht verstehen können, warum ihr leben nirgendwo auf dieser welt platz haben darf,
angesichts
zerstörter menschen, die ihre erfrorenen und zerschossenen angehörigen nicht einmal würdig begraben können,
angesichts
schmerzverzerrter schwerverletzter, die sich nicht in sicherheit bringen dürfen,

fällt uns nichts ein.
schauen wir weg.
senden polizei.
veranstalten schiessübungen.
lassen nicht anlanden.
werfen tränengas.
und machen klar.

wir sind so unendlich übersättigt,
dass uns wirklich nichts mehr interessiert,
als die grenzen zu sichern.

ein armes baby ist ertrunken?
so arm!
aber wir werden sicher niemanden über die grenzen lassen.
das muss klar sein.

sind wir noch? menschen?

jede abschiebung ist ein verbrechen.

kein mensch ist illegal. menschen, die von unseren behörden hereingelassen wurden, vorzuwerfen, sie wären illegal eingereist, ist zynisch. der österreichische staat hat tausenden auf diese weise „illegal eingereisten“ selbst zur weiterreise nach deutschland verholfen. hat sich unser staat als schlepper betätigt?

damals – im herbst 2015 – war bei vielen verantwortlichen die einsicht gegeben, dass in solch wirklich dringlichen situationen einfach kein bürokratismus vertretbar und haltbar gewesen wäre. die jetzt aktuell in wien liesing betroffene syrische familie hat sich absolut nichts zu schulden kommen lassen, haben ihren asylantrag gestellt und sich um integration bemüht.

wieder einmal fahren die behörden einfach über jedes menschliche mass hinweg und versteigen sich in den paragraphen des dublin-abkommens, das ohnehin eine zumutung ist. es würde zb. bedeuten, dass alle, die über die balkan-route gekommen sind, sich nach griechenland begeben müssten, denn dies ist jenes land, in dem sie als erstes gelandet sind.

menschen, die es bis in unser land geschafft haben und hier bleiben wollen in schubhaft zu nehmen und zwangsweise zu deportieren, ist ein verbrechen. es ist daher u.u. angebracht, kreative unterbringungsmöglichkeiten und sonstige massnahmen zu setzen, die – wann auch immer es möglich ist – eine abschiebung vereiteln oder unmöglich machen.

widerstand ist angesagt.
die mitschüler_innen und freund_innen der familie aus aleppo haben das verstanden.

jede abschiebung ist ein verbrechen

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bild: screenshot aus ORF ZIB2 vom 20161006

danke!

angesichts des heutigen jahrestags könnten hier sehr viele aspekte und gesellschaftliche fragen analysiert und erörtert werden. ich will heute aber nicht das augenmerk auf die zuspitzung des politischen diskurses oder auf die unfähigkeit vieler behörden, mit der zivilgesellschaft zu kommunizieren, eingehen. auch die integration und deren erfolge und hindernisse sollen hier heute nicht im vordergrund stehen. in solchen betrachtungen werden viel zu oft die willkommenen (ich nenne sie bereits seit vielen jahren so) zu objekten. zu neuerlich fremden.

heute will ich danke sagen:
allen menschen, die – aus welchen gründen auch immer und von wo her auch immer – zu uns gekommen sind. euer dasein beschenkt unsere gesellschaft, bereichert uns alle. es sind neue erfahrungen, neue sichtweisen und so unglaublich viele schöne begegnungen, die uns durch euch ermöglicht wurden.

ihr gebt uns die möglichkeit, die entscheidenden fragen in unserer gesellschaft zu stellen. ihr lasst uns erleben, wie es wirklich um unsere gastfreundschaft, offenheit, ehrlichkeit und unser menschenbild bestellt ist. ihr zeigt uns deutlich, wie wertvoll unvoreingenommene begegnungen sein können und dass angst niemals ein guter zwischenmenschlicher faktor sein kann.

mit euch werden wir eine bessere gesellschaft.

ihr müsst auch dinge erleben, für die ich mich am liebsten bei euch entschuldigen würde, wenn es denn sinn machte. und ihr teilt mit uns gemeinsam die machtlosigkeit und ratlosigkeit angesichts jener mächte, die immer wieder mit kriegen, waffen und menschenleben geschäfte machen.

manche von euch sind uns enge freunde geworden. erst kürzlich tauschten wir uns fassungslos über die bilder des kleinen jungen in aleppo aus, der lebend aus den trümmern der zerbomten stadt gerettet werden konnte. sein bild wurde zum symbol für den wahnsinn krieg. sein bild konnte leider nicht verhindern, dass sein älterer bruder starb.

„was können wir machen, um den krieg zu beenden? können wir etwas tun?“ war die frage, die sich schmerzend über unsere tische wälzte. ein lieber freund aus syrien meinte dann: „von hier aus können wir dort wenig tun. ihr könnt aber jene, die hier her kommen, gut aufnehmen, das könnt ihr tun.“ und weiter: „ihr könnt uns als menschen behandeln, nicht als flüchtlinge. manchmal glaube ich, ich habe ein grosses schild umgehängt, auf dem „flüchtling“ steht. dieses schild will ich nicht mehr.“

euer dasein ist ein geschenk.
für solche begegnungen bin ich dankbar.
danke!

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bild: screenshot orf sbg beitrag vom 1.9.2015 zeigt kinder auf dem hauptbahnhof in salzburg, in der nacht vom 31.8. auf den 1.9.2015

omran bitte hilf uns

die bilder des kleinen omran haben meinen heutigen tag überschattet. die augen des kleinen omran fragen mich: „warum?“ und ich habe keine antwort. oder vielleicht gefiele mir die antwort nicht. denn es ist die gier, die pure gier nach macht, nach reichtum koste es was es wolle, und wenn es unschuldige kinder sind.

es fällt mir schwer… nein, ich will diese fragenden augen nicht vergessen, auch wenn es mir das herz zerreisst, jedesmal, wenn ich diese bilder sehe.

und einmal mehr muss ich mich fragen, was mache ich, was mache ich konkret, um mich für eine ende des krieges zu engagieren. ende des krieges, da rede ich noch lange nicht von frieden.

während irgendjemand von burkaverboten schwafelt und ein anderer flüchtenden menschen ihre mobiltelefone wegnehmen will, wird ernsthaft über ausnahmezustand in unserem land geredet?

krieg!!!!!!! DAS ist ausnahmezustand.
es ist zynisch in unserem land von ausnahmezustand zu sprechen.
wer will es dem kleinen omran sagen, dass er nicht zu uns flüchten kann, weil wir ausnahmezustand haben?
wer kann dem kleinen omran überhaupt etwas sagen?

omran ist wieder so ein kind, das uns nicht ruhen lässt.
omran ist zum symbol geworden.
omran hatte das glück, einstweilen zu überleben.
omran steht für viele kinder, die es nicht überlebt haben
und andere, die schwer verletzt wurden und werden.
es muss aufhören.

ich weiss nicht wie.
aber ich will nicht aufhören zu hoffen.
wir brauchen sofort ein ende des krieges.
das nackte sterben und leiden muss ein ende haben.
zwingen wir die mächtigen zum ende.
es muss uns noch einfallen wie.

omran bitte hilf uns

hier ein wichtiger artikel vom „the guardian“ zum zustandekommen des videos.

foto: screenshot the guardian

 

wenn diversität keinen platz hat, hat der terror gewonnen

„pray for paris“, „don’t pray“, das blau-weiß-rote profilbild: in social media wird gestritten, wie man trauern soll

die social-media-community beschimpft sich gegenseitig. posten die einen in betroffenheit „pray for paris“, antworten die anderen „don’t pray“ mit verweis darauf, dass anscheinend die religionen die wurzel allen übels, daher auch des terrors seien. andere wiederum färben ihr profilbild blau-weiß-rot in solidarität mit den opfern der anschläge, schon kommen jene, die darin eine falsche solidarisierung mit der kriegführenden nation frankreich und überhaupt mit nationalismen sehen.

trauer um die toten ist auch nicht so einfach. „wenn ihr um die toten von freitag trauert, warum trauert ihr nicht um jene vom donnerstag in beirut, um jene vor monaten in kenia, um jene in syrien, palästina, israel oder sonst noch wo?“

moralische keulen

manche scheinen sich also das recht herauszunehmen, anderen menschen ihre betroffenheit vorzuschreiben. dass anschläge in unmittelbarer gefühlter nähe schneller betroffen machen als anschläge in vermeintlich sicherer entfernung, ist wohl verständlich, wird aber zum ziel moralischer keulen der selbstdefinierten politischen korrektheit.

kann es also wirklich sein, dass sich manche das recht herausnehmen, das trauern, das beten, das weinen zu verbieten, solange es nicht auf absolute weltgerechtigkeit durchdekliniert ist? muss ich also das nächste mal, wenn ich zu einem tödlichen verkehrsunfall komme, meine betroffenheit zurückhalten angesichts der tausenden toten, die es sonst wo auf der welt gibt?

darf ich mein profilbild bearbeiten, wie es mir gerade passt, oder soll ich vorher hundert reflexionsschleifen durchlaufen, damit mir klar wird, dass eigentlich jedes symbol, jede reaktion ob ihrer individuellen verkürzung auch genauso falsch sein kann? ist meine spontanität also immer verdächtig?

social media sind schnell – und voller emotionalität

die social-media-community ist schnell. sehr schnell. und sie verbreitet sowohl wichtiges wie banales. wenn aber die plattformen einigermaßen sinnvolle kommunikation ermöglichen sollen, dann müssen wir uns emotionalität zumuten. da haben angst und sorge ebenso platz wie humor und satire.

wenn aber manche glauben, anderen vorschreiben zu können, wie gefälligst richtig getrauert und korrekt protestiert wird, dann wird jene diversität verloren gehen, die soziale medien brauchen. es muss meine höchstpersönliche entscheidung bleiben, in welcher form ich betroffenheit und trauer ausdrücke. das können weder religionsgemeinschaften noch säkularisierte meinungsvertretungen diktieren. wenn diversität keinen platz hat, hat der terror gewonnen. (bernhard jenny, derstandard.at, 17.11.2015)