warum wir sonderschulen abschaffen müssen

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bernhard jenny tritt für die abschaffung von sonderschulen ein und sieht inklusion als menschenrecht

gertraud zeilinger tritt in ihrem userkommentar für den erhalt der sonderschulen ein. und geht dabei von leider falschen bildern aus.

wenn sie beispielsweise meint, dass jemand mit zahnschmerzen auch zu einer zahnärztin geht und nicht zu einer allgemeinmedizinerin, so stimmt das. wenn jedoch die abschaffung von sonderschulen gefordert wird, ist nicht gemeint, dass das fachwissen, das für eine individuelle pädagogische betreuung von kindern (mit oder ohne den stempel „förderbedarf“) vonnöten ist, verschwinden soll. im gegenteil: dieses wissen (vulgo sonderpädagogik) sollte nicht abgeschafft, sondern in den normalablauf der schule eingebracht werden.

leider glaubt gertraud zeilinger, dass das, was sie früher als „eintopfklasse“ erleben und praktizieren musste, das vorbild für „inklusion“ wäre. da würde mir auch (wie sie über sich selbst berichtet) schlecht werden, wenn inklusion wirklich nichts anderes bedeutete, als einfach die unterschiedlichen dispositionen und bedürfnisse von kindern und jugendlichen zu ignorieren.

inklusion ist menschenrecht

als mitbegründer der ersten integrativen volks- und hauptschulen in salzburg habe ich das ganz anders erlebt. das ziel, allen kindern einen gemeinsamen zugang zum sozialen ort schule zu bieten und ihnen dabei auch jeweils ihren individuellen weg in der bildung anzubieten, trieb uns damals an, trotz vieler widerstände, diese projekte zu initiieren. seit damals sind viele jahre vergangen, wir sprechen mittlerweile von inklusion und meinen damit einen grundsätzlichen anspruch an unsere gesellschaft.

inklusion. nein, das ist keine option. inklusion ist menschenrecht. für alle.

es ist neben vielen anderen engagierten menschen in unserem land auch dem heutigen behindertenanwalt erwin buchinger zu verdanken, dass österreich die un-konvention über die rechte von menschen mit behinderungen ratifiziert hat. kein wunder also, dass diesem engagierten kämpfer für die inklusion langsam der kragen platzt. allerorts scheint der „sonderpädagogische förderbedarf“ (spf) zu fröhlichen urständ der sonderschulen zu führen. denn das „stigma“ spf wird in seinen augen leichtfertig verhängt, um den sonderklassen und sonderschulen eine finanzielle beziehungsweise personaltechnische absicherung zu geben. nicht berücksichtigt wird dabei, dass die betroffenen dadurch im wahrsten sinne des wortes „abgestempelt“ werden.

„modellregionen“ für inklusion

wenn ministerin gabriele heinisch-hosek kürzlich meinte, dass die „sonderschule bis 2020 zur ausnahme“ werden soll und ohnehin „modellregionen“ geplant seien, in denen flächendeckend inklusive bildung angeboten werden soll, dann klingt das für gelernte österreicher_innen wie die verschiebung auf den berühmten sankt-nimmerleins-tag.

wenn sechs jahre nach inkrafttreten der un-konvention über die rechte von menschen mit behinderungen erst an „modellregionen“ gedacht wird, klingt das eher beunruhigend, weil sehr verdächtig nach aussitzen und schwerfälligkeit des schulsystems.

würden wir „modellregionen“ auch bei anderen menschenrechten einrichten müssen, um zu sehen, ob und wie sich das umsetzen lässt? wie wäre es, wenn wir die steiermark oder vorarlberg zur „modellregion“ für meinungsfreiheit erklären, mal schauen, wie das funktioniert, während anderswo die freie meinung längst nicht geäußert werden dürfte?

es ist wirklich beschämend, wie wir uns vom „system“ lähmen lassen. das ist die schlimmste behinderung, weil wir sie selbst erzeugen und anderen zumuten. wer sonst ist das system, wenn nicht wir alle selbst?

neu anfangen

sonderschulen, sonderanstalten, sonderprogramme. schluss mit dem sortieren von menschen.

wir müssen das bestehende system vergessen und ganz neu anfangen. nicht umbauen, nicht testen, nicht adaptieren, sondern grundsätzliches erkennen: erkennen, dass alle menschen gleich sind und den gleichen zugang zu uns allen, also unserer gesellschaftlichen gemeinschaft, zur bildung und zu chancen und damit letztlich auch zu sich selbst haben müssen. alles andere ist längst nicht mehr tragbar. weder inner- noch außerhalb von „modellregionen“.

lisa nimmervoll fordert im standard: „die sonderschule gehört abgeschafft. 26. oktober ist nationalfeiertag, der neutralität gewidmet. inklusion ist nichts für neutrales sich-raushalten. es wäre ein schöner anlass, wenn die feiernde nation ein zeichen setzen würde, dass in diesem land alle menschen, egal ob „behindert“ oder nicht, reich oder arm, seit generationen ‚hiesig‘ oder immigriert, platz und die gleichen rechte und chancen haben. wir sind alle anders.“ sie spricht damit deutlich an, dass es schnell gehen muss. bis oktober wäre gerade noch zeit.

inklusion verträgt weder zeitlichen aufschub noch räumliche einschränkung. nur inklusion ist inklusion.
(bernhard jenny, derstandard.at, 12.9.2014)

nur inklusion ist inklusion.

inklusion eilt

inklusion. nein, das ist keine option. inklusion ist menschenrecht. für alle.

es ist neben vielen anderen engagierten menschen in unserem land auch dem heutigen behindertenanwalt erwin buchinger zu verdanken, dass österreich die „UN-konvention über die rechte von menschen mit behinderungen“ ratifiziert hat. kein wunder also, dass diesem engagierten kämpfer für die inklusion langsam der kragen platzt. aller ortens scheint der „sonderpädagogische förderbedarf“ zu fröhlichen urständ der sonderschulen zu führen. denn das „stigma“ SPF wird in seinen augen leichtfertig verhängt, um den sonderklassen und sonderschulen eine finanzielle bzw. personaltechnische absicherung zu geben, ohne dabei zu beachten, dass die betroffenen dadurch im wahrsten sinne des wortes „abgestempelt“ werden. (siehe artikel heute im standard)

wenn nun ministerin gabriele heinisch-hosek ganz schnell reagiert und die lage beruhigen will, in dem sie ankündigt, dass die „sonderschule bis 2020 zur ausnahme“ werden soll (siehe standard) und ohnehin „modellregionen“ geplant wären, wo flächendeckend inklusive bildung angeboten werden soll, dann klingt das für gelernte österreicher_innen wie die verschiebung auf den berühmten sankt nimmerleinstag, der niemals im kalender steht.

wenn sechs jahre nach inkrafttreten der „UN-konvention über die rechte von menschen mit behinderungen“ erst an „modellregionen“ gedacht wird, klingt das eher beunruhigend, weil sehr verdächtig nach aussitzen und schwerfälligkeit des schulsystems. (tautologie?)

würden wir „modellregionen“ auch bei anderen menschenrechten einrichten müssen, um zu sehen, ob und wie sich das umsetzen lässt? wie wäre es, wenn wir die steiermark oder vorarlberg als „modellregion“ für meinungsfreiheit erklären, mal schauen, wie das funktioniert, während anderswo die freie meinung längst nicht geäussert werden dürfte?

es ist wirklich beschämend, wie wir uns vom „system“ lähmen lassen. das ist die schlimmste behinderung, weil wir sie selbst erzeugen und anderen zumuten. wer sonst ist das system, wenn nicht wir alle selbst?

sonderschulen, sonderanstalten, sonderprogramme.
schluss mit dem sortieren von menschen.

wir müssen das bestehende system vergessen und ganz neu anfangen.
nicht umbauen, nicht testen, nicht adaptieren, sondern grundsätzliches erkennen.
erkennen, dass alle menschen gleich sind und den gleichen zugang zu uns allen, also unserer gesellschaftlichen gemeinschaft, zur bildung und zu chancen und damit auch letztlich zu sich selbst haben müssen.
alles andere ist längst nicht mehr tragbar. weder in noch ausserhalb von „modellregionen“.

lisa nimmervoll fordert heute im standard:

Die Sonderschule gehört abgeschafft. 26. Oktober ist Nationalfeiertag, der Neutralität gewidmet. Inklusion ist nichts für neutrales Sich-Raushalten. Es wäre ein schöner Anlass, wenn die feiernde Nation ein Zeichen setzen würde, dass in diesem Land alle Menschen, egal, ob „behindert“ oder nicht, reich oder arm, seit Generationen „hiesig“ oder immigriert, Platz und die gleichen Rechte und Chancen haben. Wir sind alle anders.

und spricht damit deutlich an, dass es schnell gehen muss. bis oktober wäre gerade noch zeit.

inklusion verträgt weder zeitlichen aufschub noch räumliche einschränkung.
nur inklusion ist inklusion.

eine schule für alle.

es klingt verdächtig österreichisch. soll nicht heissen, dass es solches nicht auch anderswo gibt, aber die tatsache, dass ein staat eine „uno-konvention über die rechte von menschen mit behinderung“ ratifiziert und dann glaubt, das wäre es auch schon gewesen, dürfte auf sehr vertraute muster zurückzuführen sein.

so nach dem motto: „jetzt haben wir es uns selbst bestätigt. schriftlich. urkundlich. mit einem uno-papier. klingt doch gut. ja mag schon sein, dass es da und dort noch kleinere defizite gibt, aber eigentlich haben wir schon vieles eingeführt. also braucht sich sonst nichts mehr verändern. wozu denn auch. wir sind dafür. das reicht.“

eine schule für alle

in den letzten wochen wird wieder einmal kleingeld gezählt. das pech der inklusion ist es, dass sie nicht als sytsemrelevant eingestuft wird. eher als bauernopfer, das wir dann zu opfern haben, wenn es um akuten geldmangel geht. wer allerdings sich auf die diskussion über etwas mehr geld da und etwas weniger geld dort, rollstuhl gegen legasthenie, förderbedarf gegen freiarbeit, stadt gegen land, grosse schulen gegen miniklassen einlässt, geht dem ablenkmanöver der systemverwaltung auf den leim.

  • eine sofortige abschaffung aller sonderschulen würde schülerInnen dorthin gehen lassen, wo sie zuhause sind, wo sie hingehören.
  • eine sofortige abschaffung der doppelten schulverwaltung würde zumindest mittelfristig gelder frei machen, die direkt den schulen zu gute kommen könnten. es ist unerträglich, dass die bürokratischen monster nach wie vor wachsen und gedeihen, obwohl sie selbst immer wieder versichern, sich eigentlich abschaffen zu wollen.
  • eine schule für die gesamte zeit die zeit der schulpflicht und darüber hinaus (bis 18).. spezialisierungen und individualisierungen auf jeweils persönlicher ebene. schulgemeinschaften bestehen aus verschiedensten menschen unterschiedlichster interessen und bedürfnisse.
  • natürlich könnte der kreative faden auch weiter gesponnen werden: freie wahlen der schulgemeinschaften an den jeweiligen schulen könnten die schulleitungen für zb. jeweils 3 jahre bestimmen.

    das würde dann auch die parteipolitisch besetzten „stockwerksdirektionen“ abschaffen. seit jahrzehnten blühen ja bei uns (menschen aus anderen ländern oft nur schwer zu erklären) die direktion „irgendeineschule I“ im erdgeschoss und „irgendeineschule II“ im 1.stock, bloss um den roten und schwarzen jeweils eine leiterInnenstelle zuzusprechen. also wäre dann auch das kollegium des landesschulrates verzichtbar, wo parteipolitische vertreterInnen angeblich fast mit nichts anderem beschäftigt sind, als sicherzustellen, dass – wie einmal lsr-präsident schäffer „meinen damen und herren jetzt einmal ganz deutlich betonen“ wollte – die parteipolitik in unseren schulen „gar nichts, aber wirklich absolut nichts zusuchen hat.“ q.e.d.

    der grosse schultest

    schule verblödet - foto: mkorsakov (creative commons)

    pröll hat mit der heutigen präsentation seines „bildungskonzeptes“ einen grosstest gestartet.

    probandInnen in diesem test sind mehrere millionen. alljene, die einmal eine österreichische schule besucht haben.

    thema des tests: erkennen eines etikettenschwindels.

    es soll ergründet werden, ob diejenigen, die zunehmend unzufrieden mit dem österreichischen schulsystem sind, sich mit einer placebo-kröte abspeisen lassen.

    placebo deshalb, weil am eigentlichen selektionsdenken „neue mittelschule“ draufsteht, aber 0,000 gramm wirkstoff an veränderung drin ist.

    kröte deshalb, weil es sich nicht um eine tablette handelt, die leicht zu schlucken wäre, sondern um ein absolutes unding: die selektion der schülerInnen in die vielen durchschnittlich kathegorisierten da unten und die wenigen zufällig als hochbegabt eingestuften da oben soll betoniert werden.

    ob das ersetzen von „hauptschul“-schildern mit „neue mittelschule“-schildern auf dauer ein renner wird (immerhin würden die dann vermutlich in 50 jahren auch noch „neu“ heissen), können wir nun beobachten.

    es ist eine nagelprobe dafür, wieviele menschen in unserem land trotz österreichschen schulsystems (immerhin von maria theresia damals als „neu“ erfunden 😉 noch klar denken können und sich nicht hinters schwarzrote licht führen lassen.

    EINE schule für ALLE schulpflichtigen ist eine gesellschaftliche notwendigkeit.

    foto: mkorsakov (creative commons)