schaffen wir gefängnisse ab!

foto: michael coghlan_creativecommons_by_sa

der österreichische strafvollzug kommt nicht aus den schlagzeilen. vergewaltigungen, sexuelle belästigungen, schwarzhandel, mordversuch, tödlich „zu heiss“ gebadete gefangene, verwahrloste gefangene, usw. (heutiger bericht)

bei einem als typisch österreichisch anzunehmenden vertuschungsgrad sind die dinge, die ans „tageslicht“ geraten viel zu viele. sie reichen aus um klar sagen zu können:

der strafvollzug steckt in der krise. wir brauchen komplett neue konzepte für justizanstalten.

solange strafvollzug menschen in gefahr, bedrohung und not bringt, kann keine „resozialisierung“ gelingen? wenn wir ersttäter, oft jugendliche, in einer brutstätte der gewalt stecken, welche botschaft gibt damit die gesellschaft diesen menschen?

ja selbst schwerstverbrecher und wiederholungstäter dürfen in keinem fall zu entrechteten kreaturen degradiert werden, die in den „selbstmord“ getrieben werden, wenn nicht sogar versucht wird, sie umzubringen. menschenrechte gelten für ALLE!

eine gesellschaft, die will, dass menschen sich an die regeln der menschlichkeit und der demokratischen gesetze handeln, darf gerade im strafvollzug genau diese werte nicht verraten.

es reicht keine simple gefängnisreform.
wir brauchen einen zeitgemässen umgang mit menschen, die sich etwas zu schulden kommen haben lassen, wir brauchen deren aktive und nach allen erkenntnissen der modernen psychologie gestaltete hinführung zur reifung der menschen.

dass straftaten konsequenzen haben müssen, ist klar. dass wir aber in der gestaltung der massnahmen endlich das finstere mittelalter hinter uns lassen sollten, sollte auch klar sein. dazu müssen wir uns von vielen, sehr vielen scheinbar selbstverständlichen bildern verabschieden und alles neu denken. beginnen wir gleich mit einem zentralen bild:

schaffen wir gefängnisse ab!

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foto: michael coghlan creativecommons lic by sa

politische verantwortung ist abgeschafft.

bild: bernhard jenny

beatrix karl verhält sich nicht nur kriminell (siehe „wir können uns keine kriminelle justizministerin leisten„), sie ist auch schamlos. sich nach all den von falter und co. aufgedeckten missständen vor die öffentlichkeit zu stellen und ein „massnahmenpaket“ zu präsentieren, das die kritischen stimmen verstummen lassen soll, ohne selbst konsequenzen zu ziehen, ist schamlos.

den kritikerInnen wird immer wieder vorgehalten, dass ja die justizministerin persönlich wohl nicht verantwortlich sei für den missbrauch minderjähriger in unseren gefängnissen. wir wissen, dass sie nicht persönlich daran beteiligt war. aber es ist nicht hinnehmbar, dass generell das wort „verantwortung“ in dieser regierung zunehmend zum fremdwort wird.

so wie sich die schottermizzi nach unglaublichen fehlverhalten als innenministerin in das finanzministerium davongestohlen hat, um nur ja nicht in irgendeiner form verantwortung für tote schubhäftlinge und schlimme missstände übernehmen zu müssen, so wurde auch beatrix karl vom sinkenden schiff der wissenschaft und forschung in das jutsizministerium gehievt, unibrennt hatte wohl zu viel hitze erzeugt. fekter, mikl-leitner und karl sind die moralischen schwarzen löcher im regierungsuniversum, neben den zahlreichen vertretern der antimaterie wie „willy“ berlakovich , kurz und spindelegger.

sie alle waren nie dabei, wenn etwas grob aus dem ruder läuft, wenn etwas schief geht, wenn etwas sehr lange schiefgeht oder wenn gar die schieflage zum dauergesetz des trägen (nicht)handelns wird. sie waren nie dabei.

die unterrichtseinheit „verantwortung“ haben sie versäumt. und angesichts des lahmen einknickens der faymann- und frauschaft („ich stehe hinter beatrix karl“) wird deutlich, dass es wohl niemanden in diesem land gibt, der diese unterrichtseinheit für die regierungsmitglieder nachholen könnte.

das ist so logisch wie dramatisch.

logisch, weil wahlen kommen und offensichtlich eine kuschelstrategie die wählerInnen einlullen soll. veränderungen machen immer angst, vor wahlen sind sie absolut tabu.

dramatisch deswegen, weil dadurch das moralische versagen der politischen klasse zementiert bleibt. selbst wenn noch so viele jugendliche in unseren gefängnissen aus verzweiflung ihrem leben ein ende setzen, heisst die devise: wegschauen, bedauern, achselzucken und durch. die nächste pressekonferenz wird dann halt mit noch mehr staffage im hintergrund gehalten. the show must go on. auf teufel komm raus. dass das alles schon eine lange kette von schlimmsten unterlassungen und fahrlässigkeiten ist, die immer gegen die „kleinen“ ausgeht, kümmert nur wenige (siehe „justizbrennt, frau karl!“ juni 2011 !!! )

was viele auch übersehen: wir hören jetzt eine diskussion über jugendgefängnisse und jugendstrafvollzug. vergewaltigung und missbrauch regen verständlicherweise bei minderjährigen opfern besonders auf. dass selbiges auch im ganz normalen strafvollzug vorkommt, ist dennoch nicht einfach hinzunehmen. die missachtung der menschenrechte ist immer ein skandal.
aber auch dafür wird niemand auch nur irgendwas übernehmen.

politische verantwortung ist abgeschafft.

wir dürfen uns keine kriminelle justizministerin leisten.

screenshot orf beatrix karl überabreitet von bernhard jenny

ein kind wird brutal vergewaltigt.
das allein ist nicht nur schlimm, es ist eine niederlage für unsere gesellschaft, wenn solches passiert.
wenn ein kind in staatlicher obhut brutal vergewaltigt wird,
dann ist es eine unglaubliche niederlage unserer behörden,
wenn die staatliche stelle eine jugendstrafanstalt ist, ein nicht hinnehmbares versagen der justiz.

wenn eine justizministerin im fernsehinterview angesichts dieses vorfalls nichts anderes herausbringt, als auswendig gelernte nlp-phrasen, dann ist das unmoralisch.

wenn dieselbe justizministerin dann auch noch meint, dass der strafvollzug für jugendliche nun einmal „nicht das paradies“ sei, dann nimmt sie in kauf, dass solche dinge halt einfach passieren. dann verharmlost sie das verbrechen, dass kinder in unseren gefängnissen von mithäftlingen vergewaltigt und misshandelt werden. das ist dann nicht mehr nur unmoralisch, sondern kriminell.

denn wenn eine justizministerin ein verbrechen an einem kind kleinredet, wenn sie sogar ausdrücklich betont, dass sie nicht für die 100prozentige sicherheit der kinder in unseren gefängnissen sorgen könne, dann ist das grobe fahrlässigkeit gegenüber schutzbefohlenen unter besonders erschwerenden umständen.

wer für die sicherheit im justizvollzug zuständig ist und mit einem feixenden lächeln den fernsehzuseherInnen erklärt, dass das geschehene zwar bedauerlich aber kaum zu verhindern sei, muss zurücktreten.

es hätte schon viele anlässe gegeben, die anlass für einen rücktritt der justizministerin gewesen wären. jetzt aber ist das mass endgültig voll. ein durchtauchen bis zu den wahlen darf schon aus moralischen gründen nicht stattfinden.

der brief der ministerin an das inzwischen enthaftete opfer – mit dem hinweis auf eine mögliche entschädigung nach antrag – ist nach all dem, was karl vorher geäussert hat, ein zynischer versuch dem proteststurm den wind aus den segeln zu nehmen.

kinder gehören ohnehin nicht ins gefängnis.
und:
wir dürfen uns keine kriminelle justizministerin leisten.

kinder gehören weder in gefängnisse noch in kasernen

530000 / 1400 / 65 grafik:bernhard jenny creative commons

offener brief an hofrat mag. franz erwin eiersebner

vor vielen jahren haben wir uns immer wieder getroffen und freundschaftlich verbunden viele gemeinsamkeiten entdeckt. vieles in unserer gesellschaft schien uns stark verbesserungswürdig, vieles erschien uns viel zu unmenschlich. nicht zuletzt war es auch dein werdegang als familienvater und theologe, der dich besonders an die notwendigkeit neuer, friedlicher und konstruktiver wege glauben liess.

umso mehr bin ich nun jahrzehnte später von deinen stellungnahmen als verantwortlicher fachreferent für migration und hofrat des landes betroffen, vorausgesetzt, dass dich die medien (orf, salzburger nachrichten, salzburg24) richtig zitieren.

du siehst also in den unbegleitet minderjährigen flüchtlingen, also in den zu uns flüchtenden kindern (!!!) ein problem? unabhängig davon, ob dieses problem schlimm, eklatant oder weniger schlimm eingestuft wird, allein der umstand, in diesen kindern ein problem zu sehen, erschüttert mich.

du sprichst davon, dass es sich um „ankerkinder“ handelt, die ohnehin nur von den eltern vorausgeschickt werden, damit sie sich hier ansiedeln können. mag sein, dass die verzweiflung und notlage mancher menschen sie wirklich zu allem uns kaum vorstellbaren treibt. ist das wirklich so ein problem für uns, die wir in einer der reichsten regionen der welt leben? wie passt das brandmarken hilfesuchender kinder in dein christliches weltbild?

ich muss lesen, dass 65 kinder bei uns in kasernen untergebracht sind. das fällt vermutlich in deine verantwortung. stelle dir vor, eines deiner kinder wäre aus wahnsinnigen umständen gezwungen gewesen, in ein anderes land zu flüchten und dort hätte ein landesbeamter dein kind in alten militärkasernen untergebracht, obwohl rundherum luxus und reichtum herrscht? wie wäre es dir da gegangen?

du weisst, dass ich in diesem jahr das verdienstzeichen des landes salzburg verliehen bekommen sollte, welches ich aber nicht annehmen konnte. solche missstände, wie jene, die aus hilfesuchenden kindern probleme machen und diese in kasernen vor der gesellschaft versteckt, sind es, warum ich froh bin, diese auszeichnung abgelehnt zu haben.

kinder dürfen niemals ein problem sein.
kinder verdienen in jedem fall unseren uneingeschränkten schutz.
kinder gehören weder in gefängnisse noch in kasernen.

ps. das bild in diesem blogbeitrag zeigt die anzahl der menschen, die im land salzburg leben und darin enthalten die 1400 asylwerberInnen. und die gefahr der 65 unbegleiteten kinder! was für ein problem!

pps. ihr schreibt in euren broschüren
„Die größte Gruppe der Nicht-Österreicher-Innen (42%) kommt aus dem ehemaligen Jugoslawien (28.000 Personen), gefolgt von Deutschland (14.000 Personen) und der Türkei(6.800 Personen).“
das ist unzulässige manipulation. das ehemalige jugoslawien gibt es seit 20 bzw. 9 jahren nicht mehr. wie wäre es, wenn uns eine griechische migrationsbehörde gemeinsam mit vielen anderen als besucherInnen aus dem „ehemaligen dritten reich“ oder aus „österreich-ungarn“ zählen würde?

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deine flattr microspende per mausclick

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