erbsünde des homo sapiens

tchernobyl liquidators foto: stahlmandesign (creative commons / flickr)

nein, ich will keine theologische diskussion lostreten. und auch mit dem begriff „sünde“ will ich vorsichtig sein, denn damit wurde nur allzuoft schlimmes angerichtet. im zusammenhang mit atomkraft aber gestatte ich mir die verwendung dieses begriffes: atomkraft ist erbsünde.

tschernobyl oder fukushima sind nicht der sündenfall. der sündenfall passierte bereits in jenem moment, wo profitgierige akw-betreiber beschlossen haben, den mist müssten andere wegräumen. also von anfang an.

ganz unmerklich haben wir es geschafft, der menschheit für die zukunft ein problem einzuhandeln, das die menschheit länger beschäftigen wird, als es die menschheit bisher gibt. anstelle das erbe all unserer vorfahren zu achten und zu ehren, hinterlassen wir ein erbe, das tod und zerstörung bringt.

politische bewegungen wurzeln in vergangenen jahrhunderten, religionen und kulturen beziehen sich auf mehrere jahrtausende. die wissenschaft schätzt das alter der menschheit „homo sapiens“ auf 200.000 jahre.

plutonium hat eine halbwertszeit von 24.000 jahren, eine endlagerung muss mindestens 10 halbwertszeiten gewährleistet sein. der atommüll, den wir nun bereits hinterlassen (selbst wenn wir alle heute aussteigen würden) überholt also die bisherige lebenszeit der menschheit.

das nenne ich erbsünde.

im gedenken aller opfer schamloser gier.

fukushima ist keine naturkatastrophe

Fukushima Dai Ichi Power Plant, Japan (credit: DigitalGlobe) (cc)

naturkatastrophen sind unausweichlich. lediglich die konsequenzen können dadurch gemindert werden, indem entsprechende vorkehrungen und schutzmassnahmen geschehen.

das dürfte in japan in sachen erdbeben zutreffen, ein beben dieser stärke hätte überall anders auf der welt vermutlich noch wesentlich mehr zerstören können.

in sachen tsunami waren zwar auch schutzwälle und alarmpläne vorhanden, die wohl nicht auf diese dimension ausgelegt und daher nicht ausreichend waren.

was jetzt aber seit zwölf tagen in fukushima passiert, ist nicht nur die folge dieser naturkatastrophen, es ist die folge der groben fahrlässigkeit und verantwortlungslosen gier der akw-betreiber. (manchmal passt die gegenderte form einfach inhaltlich nicht, oder?)

fukushima ist der beweis, dass das restrisiko für viel zu viele und für generationen tödlich – und daher nicht verantwortbar – ist. wir haben das auch gewusst, eigentlich bereits bei der errichtung des ersten akws in dieser welt, dennoch aber die augen verschlossen und sogar nach harrisburg und tschernobyl der gier den vorzug gegeben.

fukushima ist eine katastrophe der gier.

fukushima: erinnerung mit wut

fukushima on tv - masaru kamikura (cc)

eigenartiges deja vu. ein atomkraftwerk entgleist, gerät ausser kontrolle. scheibchenweise werden halbwahrheiten verkündet. behörden sind automatisch unglaubwürdig. das war doch schon mal. vor 25 jahren. tschernobyl hiess damals, was heute fukushima heisst.

damals wurden wir verspätet informiert. auch hier in österreich. so knapp vor den maiaufmärschen und einem wahlsonntag wollte niemand farbe bekennen. da konnte natürlich leicht von den schlechten informationsquellen in russland gesprochen werden.

heute gehen informationen schneller. dank twitter, facebook und co. wissen wir beinahe in echtzeit, was sich die bevölkerung denkt. behörden beteiligen sich an dieser offenen kommunikation nicht.

gerade haben wir am familientisch die zeiten von damals, die zeiten nach tschernobyl revuepassieren lassen. manche unserer heute erwachsenen kinder waren noch gar nicht auf der welt, andere erinnern sich an die milch- und käseeinkäufe bei engagierten bäuerInnen, die ihre kühe nur mit silofutter ernährten und dadurch für unbelastete milch garantieren konnten. in salzburg war es eine gruppe von engagierten müttern, die nicht nur redete, sondern handelte und informierte. kein verkauf unbelasteter milch an stillende mütter ohne entsprechender information, was noch zu tun wäre, wie wir uns weiter schützen können. wir erinnerten uns heute, wieviel anstrengungen das für uns alle bedeutete, die umstellung, die ein bewusstes leben in der atomgefahr verlangte.

damals ging ein riesenruck durch die gesamte antiatombewegung. bis dorthin waren es eher wenige, die schon von vornherein wussten, welches verbrechen der einsatz einer technologie ist, die todbringenden müll für tausende generationen zurücklässt, oder wie demokratiefeindlich automatisch eine technologie werden muss, die ein derartiges gefahrenpotential bedeutet. nach tschernobyl waren es dann ganz viele neue menschen und gesellschaftsschichten, die sich gegen den atomwahnsinn engagierten.

damals wurde vielen klar, dass wir uns nicht auf politik und behörden verlassen dürfen, sondern selbst aktiv werden müssen. und wir glaubten nach dem GAU in tschernobyl würde nun endlich vernunft einkehren in die welt der wirtschaft und jener verbrecher, die auf kosten der menschheit profite machen. wir wissen, dass es ganz anders gekommen ist.

wir wissen noch nicht, welche folgen die tragödie in fukushima haben wird. ich höre wieder stimmen, die den ausstieg aus der atomenergie weltweit fordern.

und in der tat. die menschheit hat es in der hand. „veränderungen passieren immer nur bei entsprechendem leidensdruck“, sagte ein befreundeter therapeut einmal treffend. wir haben es also in der hand, ob das leid, das fukushima verursachen wird, für uns ausreicht, unsere welt zu verändern. tschernobyl hat uns nicht gereicht. wenn uns auch fukushima nicht reichen sollte, dann wird noch schrecklicheres geschehen müssen, bis wir umdenken. bis dahin verdient eine lobby (gemeinsam mit den von ihr gekauften politikerInnen) todbringendes geld.

sehr vielen bringt es den tod, ganz wenige macht es unverschämt reich.

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