hätte aggressive eskalation wirklich weniger gebracht?

foto: refugeecamp von DD4RC (creative commons)

es ist ein armutszeugnis unseres staates, dass die menschen, die ursprünglich vor und dann in der votivkirche auf die unannehmbaren missstände aufmerksam machten und darauf wie wir mit ihnen umgehen, weil sie bei uns zuflucht suchen, immer noch auf eine lösung warten müssen.

es ist ein armutszeugnis unseres staates, dass selbst die zwar kurze aber intensive öffentlichkeit, die die menschen erlangen konnten, nun scheinbar im nichts versandet. der hype ist vorbei.

es ist ein armutszeugnis unseres staates, dass keine politikerIn bis hinauf zum bundespräsidenten fähig ist, eine menschliche, grosszügige und aufnehmende begegnung mit diesen menschen zu erlangen. ausländerfeinde sind wichtige wählerInnen.

es ist ein armutszeugnis unseres staates, dass nach all den – auch von kirchlicher seite geäusserten – salbungsvollen worten, die nun im verdacht stehen, ohnehin nur der nicht ehrlich gemeinten deeskalation gedient zu haben, rein gar nichts passiert.

es ist ein armutszeugnis unseres staates, dass wir immer noch menschen sortieren. würden wir diesen menschen arbeit geben, wären sogar unsere pensionen gesichert. unsere angebliche krise etwas kleiner. aber uns ist das aussortieren wichtiger.

waren diese menschen schlecht beraten, immer wieder einer eskalation auszuweichen?
ist die lehre aus dem steckengebliebenen protest etwa doch, dass sie alle zu brav waren (und sind)?

hätte aggressive eskalation wirklich weniger gebracht?

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foto: DD4RC (creative commons, flickr)

erfolg verleiht flügel. wohin?

foto: bernhard jenny

das team rund um astrid rössler darf sich gemeinsam mit ihr einfach mal freuen. es ist ein beeindruckender erfolg aller, die sich in diesem mitunter von anderen sehr dreckig geführten wahlkampf nicht beirren liessen, klar bei der sache zu bleiben.

vermutlich war gerade das chaos, die untergriffigkeit und das täuschen anderer genau jenes umfeld, in dem der ruhige und besonnene stil, die sprache einer ausschussvorsitzenden und ihre achtsamkeit, sich nicht vereinnahmen zu lassen, gold wert waren. das mitbrüllen, das mitschlägern und mitschlammschmeissen wäre nicht seriös gewesen. im chaos sachlich zu bleiben strapaziert vielleicht die geduld so mancher beobachterInnen, war aber offensichtlich wohltuend.

auch wenn nach manchen umfragen eine sehr grosse mehrheit der grünwählerInnen eine regierungsbeteiligung wünschen, wird in den kommenden tagen entschieden, wie kurzfristig, mittelfristig oder langfristig der erfolg sein kann.

wenn die grünen sich als willfährige mehrheitsbeschafferInnen für immerhin jene partei präsentieren, die schliesslich das zocken und spekulieren auf landesebene eingeführt hat, wäre der erfolg vermutlich schnell verpufft.

wenn die grünen sich ihre selbständige position bewahren, also selbstbewusst ihr politisches profil schärfen, ohne sich zu schnell im rausch des erfolgs den vorgaben eines zweiten verlierers zu beugen, entspräche dies der fortsetzung jenes stils, der viele wählerInnen überzeugt hat.

die gratwanderung zwischen regierungsbereitschaft einerseits und (budget-)geknebelter mehrheitsbeschafferIn andererseits, die niemals wirklich eine eigene politik durchsetzen kann, ist sehr schmal.

unabhängig davon, ob astrid rössler und ihr team in den kommenden tagen die angebote zur regierungsbeteiligung als attraktiv und realpolitisch aussichtsreich genug einschätzen oder ob sie klare gründe erkennen werden, warum sie sich nicht in ein boot mit zwei anderen parteien setzen wollen – in jedem fall wird die klare kommunikation der sachverhalte an die öffentlichkeit und damit auch an die vielen neuen wählerInnen entscheidend sein.

sieben landtagsabgeordnete sind so oder so eine grosse chance.
wie sie genutzt werden kann, muss erst ausgearbeitet werden.
erfolg verleiht flügel. wohin?

iphone, amazon und kik sind nicht wirklich das problem.

foto: bernhard jenny

schon lange die iphone-fabriken. dann amazon und seine arbeitsbedingungen. und jetzt kik und seine eingestürzte fabrik mit vielen toten.

empörung. berechtigte empörung. nur trotzdem falsch. weil viel zu klein. viel zu punktuell. ja es stimmt, dass iphones unter für uns unglaublichen bedingungen hergestellt werden. aber eben nicht nur iphones. es stimmt vermutlich auch, dass amazon mit schrecklichen arbeitsverträgen mitarbeiterInnen extrem belastet. aber nicht nur amazon tut das. praktisch alles, was uns von heute auf morgen zugestellt wird, was uns zu unglaublich günstigen preisen schnell erreicht, geht auf kosten von menschen, die darunter leiden. und die eingestürzte kik-fabrik, die vermutlich keine war, sondern die eines subunternehmens eines subunternehmens eines subunternehmens? ja auch hier gilt. praktisch alles, was wir uns so anziehen, was wir so schnell günstig mitnehmen, wurde irgendwann unter drastischen rahmenbedingungen zusammengeflickt.

da ist kinderarbeit ebenso drin wie giftbelastung, wirkliche hungerlöhne und arbeitszeiten, die sonst kein leben ermöglichen.

gestern war tag der arbeit. die restlichen tage des jahres sollten tage der sklaverei sein. vermutlich käme das im sinne des ausmasses hin. nur zuviele produkte sind letztlich ergebnis von sklavInnenarbeit. manchmal in unserer nähe, viel öfter aber weit weg aus unserem blickfeld.

wer glaubt, dass das nur billigmarken oder nur „konventionelle“ ware betrifft, schaut weg. unser gesamtes wirtschaftssystem funktioniert nur, weil es diese ausbeutung gibt. gegen einzelmarken, gegen einzelunternehmen aufzustehen, mag uns beruhigen, das system wird dadurch nicht wirklich anders.

es ist einfacher gegen einzelerscheinungen zu unterschreiben.
wer veränderung wirklich will, müsste sich von diesem system verabschieden.

iphone, amazon und kik sind nicht wirklich das problem.