schluss mit kreide und weichspüler

die gestrige erste runde bei der bundespräsidentschaftswahl hat mehr als einen erdrutsch gebracht. die politische landschaft österreichs droht im politischen schlamm unterzugehen. optimistische schätzungen behaupten, dass das wohl das maximale potential für die ultranationalist_innen gewesen sei, aber das ist wenig trost, solange nicht die überwiegende mehrheit der „anderen“ endlich zu einem verantwortungsvollen gemeinsamen nenner finden.

die zahlreichen unterstützer_innen von norbert hofer, allen voran faymann, doskozil, mikl-leitner und kurz haben ganze arbeit geleistet. ihre arbeit ist von einem fulminanten erfolg gekrönt, der allerdings – kleiner schönheitsfehler – auf einem ganz anderen politischen konto aufgebucht wird. frei nach dem motto „meine stimmen sind nicht weg, es hat sie nur ein anderer.“

es wird verdammt schwierig werden, denn allzuviel müsste jetzt innerhalb von 4 wochen passieren (und die vergehen schneller, als gedacht). es müsste eine sehr grosse mehrheit jener wähler_innen, die gestern irmgard griss gewählt haben, für alexander van der bellen stimmen, weiters müssten noch viele nichtwähler_innen ebenso für die demokratie stimmen und dass die stimmen von rot und schwarz unter umständen (trotz der geringen zahl) sowas wie ein zünglein an der waage spielen könnten, sollte allen, die vor hundstorfer oder khol gestimmt haben, auch darüber nachdenken lassen, warum es denn so weit gekommen ist.

es wird verdammt schwierig werden, ein land aus der lähmung und lethargie zu reissen und zutiefst unterschiedliche lager an einem strang ziehen zu lassen. wie werden nichtwähler_innen motiviert?

es wird verdammt schwierig werden, aber es muss sein, wenn es in den nächsten jahren eine positive erneuerung in unserem land geben soll.

es wird verdammt schwierig werden, weil der spitzenkandidat der ultrarechten und alle um ihn rundherum kreide gefressen haben. der schlagende burschenschafter norbert hofer, dessen verbindung die nation österreich für einen historischen irrtum hält, sagt im puls4-interview auf seine angekündigte rolle als „autoritäre figur“ angesprochen, doch glatt: „ich bin ein ganz normaler mensch“! dass solche dinge einfach durchgehen, zeigt, wie weit sich die österreichische öffentlichkeit schon an das ultrarechte klima gewöhnt hat. und ursula stenzel behauptete im puls4-studio ergänzend, die fpö sei „endgültig in der mitte angekommen“. diese art von politischer weichspülerei ist ein betrug, denn in wirklichkeit sind norbert hofer und alle in seiner fpö alles andere als die mitte. schlimmer noch: sie sind in vielen punkten noch radikaler als seinerzeit der nationalheilige jörg haider.

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ich bleibe bei meiner einschätzung, die ich gestern bereits in der sendung wahlschauen auf puls4 abgegeben habe: es geht darum, ob in zukunft eine ultranationalistische oder eine vernünftige demokratische politik gefragt und ermöglicht wird. es geht um viel, um sehr viel.

jetzt ist es höchste zeit, die kreide wegzublasen, den wolf zu enttarnen, die weichspüler wegzugeben und die beinharten folgen einer rechtsextremen politik a la hofer, strache, kickl und co. zu antizipieren. und dies unmissverständlich und klar den wähler_innen zu kommunizieren. jetzt ist die zeit der aufklärung gekommen.

es wird verdammt schwierig werden, weil 4 wochen für eine aufklärung eines grossteils der bevölkerung nur ein wimpernschlag sind. aber es darf nichts unversucht bleiben! alle demokratischen kräfte müssen sich jetzt für ihren kandidaten einsetzen.

schluss mit kreide und weichspüler

 

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bild: screenshot puls4 wahlschauen

jelincic rechtfertigt löschung mit „triftigen gründen“?

bild: bernhard jenny cc by

meine distanzierung von fischundfleisch hat sehr viele reaktionen ausgelöst, hat sehr viel aufmerksamkeit bekommen und ich bedanke mich bei den vielen, die entweder durch zustimmung oder durch diskussion diese vorgänge konstruktiv begleiteten. es ist beeindruckend, wieviel ich in den letzten tagen erfahren durfte.

silvia jelincic von fischundfleisch gibt nun in einem neuen artikel zu, dass die kritik an ihrem von mir und vielen anderen heftig kritisierten artikel berechtigt war.

sie erwähnt aber interessanterweise in diesem artikel mit keinem wort die löschung meines artikels, obwohl nichts sonst als die von ihr inzwischen als berechtigt bezeichnete kritik inhalt des artikels ist.

was ist das für eine strategie? welche gründe hat diese ja-aber-doch-nicht-vorgangsweise?

heinz schoibl kommentiert diesen artikel auf fb so:

m.E. geht diese selbstkritik an den kritisierten tatbeständen der unsachlichen, unfundierten bzw. auf lügen beruhenden hetze vorbei –> ich vermisse eine professionelle haltung und die bereitschaft, die unsäglichkeiten auch beim namen zu nennen. sich lediglich auf emotionen rauszureden, ist selbst wieder emotional untermalte, aber inhaltlich seichte schmutzwäsche. professioneller journalismus sieht anders aus!

david kreisl will es genauer wissen und schreibt auf fb an fischundfleisch:

Dann würde ich euch fragen wo die grenze dieses „raumes“ ist? Was für gesinnungen da platz haben, in diesem von euch definierten raum? Wohlgemerkt – „Raum für alle“ schließt bei euch Bernhard Jenny offenbar aus. Da seine gegenposition offenbar nicht in euer konzept passte und gelöscht wurde.

darauf antwortet fischundfleisch:

David, die Community kennt die Vorgeschichte, wollen das nicht mehr breittreten, wozu? Es gab für uns triftige Gründe und das hat nichts damit zu tun, dass Bernhard einen Beitrag kritisiert hat. Das hat er schon öfter getan.

diese antwort macht mich betroffen. denn sie suggeriert, es gäbe für „die community“ ein insiderwissen, die eine löschung meines artikels aus gründen rechtfertigen könnten, welche die chefredakteurin nicht preisgeben will. „es gab für uns triftige gründe“, welche sollen das gewesen sein?

haben die anwälte dazu geraten, meinen artikel zu löschen? oder die investoren?

andeutungen auf eine „vorgeschichte“, über die nur wenige bescheid wüssten, sind – ohne klartext zu spechen – einfach nur unterstellungen, sehr nahe an der rufschädigung.

ich erwarte mir keine aufklärung, nicht einmal eine erklärung von silvia jelincic. die fragen von david kreisl stehen stellvertretend für viele, sehr viele fragen interessierter, die von jelincic unbeantwortet blieben…

jelincic rechtfertigt löschung mit „triftigen gründen“?

aus gegebenem anlass: überfordert veränderung?

illustration: bernhard jenny cc by nc

silvia jelincic hat viele eingeladen. sehr viele. ihr schwebt unter dem namen „fisch+fleisch“ eine plattform der vielfalt, eine sehr diverse, niederschwellig strukturierte blogplattform vor, die genau durch diese buntheit lebendig und spannend wird. zugegeben, ich war mir auch nicht sicher, ob ich dort beiträge einbringen möchte, aber nachdem ich freundlich und wertschätzend eingeladen wurde, veröffentliche ich dort auch einmal pro woche. und erreiche dadurch neue leser_innen für meine themen.

fisch+fleisch? da haben mich schon manche angesprochen, warum ich denn ausgerechnet dort auch schreibe. dass diese plattform so seltsam sei. ich entgegnete darauf immer, dass ich diesem projekt gerne eine chance gebe, weil es erfrischend offen schreibende verschiedenster art auf einer plattform verbindet. und dieses experiment interessiert mich. natürlich ist das ein wagnis. vielfalt und buntheit kann in bestimmten situationen sehr bereichernd und wertsteigernd sein, manchmal aber auch die leser_innen überfordern oder im schlimmsten fall langweilen. darüber ist eine diskussion ausgebrochen, der sich silvia jelincic stellt. (siehe beitrag)

aber ist es wirklich fair, angesichts einiger „schräger“ artikel gleich die identität der plattform damit zu verknüpfen?

zitat aus ingrid brodnigs glosse „kraut und lügen„: „Das Blog fischundfleisch.at fällt mit wirren Texten von Impfgegnern und Esoterikern auf.“

ingrid brodnig scheint in ihrer glosse im profil zu meinen, dass „meinungsfreiheit“ etwas sei, das die gesellschaft insgesamt sicherzustellen hat, aber nicht als argument für das zulassen einer (mitunter auch durchaus schrägen) vielfalt gelten könne. sie wertet dann das zulassen von artikeln von „verschwörungstheoretiker_innen“ gleich als mangelnde (journalistische?) haltung der gründerin der site und wertet die plattform als „schmuddelblog“ ab.

ist es wirklich so schnell gegangen? da ist eine bekannt differenziert schreibende und gefühlvolle kennerin der social media welt gerade vom falter ins profil gewechselt, und schon wird aus dem magazin heraus gedisst? eine differenziertere diskussion wäre wünschenswert, die ohne verallgemeinerungen und untergriffe auskommt.

meinungsplattformen werden sich – wie die gesamte medienlandschaft – ultraschnell verändern. die dynamik wird eine andere, die durchmischung, wer wo und wie sich artikuliert (oder sich artikulieren darf) verändert sich und der gesamte prozess des gesellschaftlichen diskurses durchläuft das spannungsfeld zwischen notwendiger strukturiertheit und möglichst breiter offenheit. diesen veränderungen stellen sich experimente wie „fisch+fleisch“ zumindest mutig und engagiert.

das mag manchen zu schnell gehen. oder auch die geduld strapazieren. es ist kein thema für schwarz-weiss-malerei. es gibt kein 100% richtig oder 100% falsch. es ist ein entwicklungsprozess, dem wir uns gemeinsam stellen könnten. um veränderung zu gestalten und ihr nicht passiv ausgesetzt zu sein.

eine professionelle haltung gegenüber veränderungen wäre gefragt.

überfordert veränderung?


dieser artikel ist am 1.3.2015 auf fisch+fleisch erschienen und auch dort aufrufbar:
https://www.fischundfleisch.at/medien-jetzt-ich/ueberfordert-veraenderung.html

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