im mai 2010 hat karoline edtstadler ein urteil gegen demonstranten gesprochen, das sie selbst gerne erwähnt, wenn sie ihre „harte linie“ als richterin dokumentieren will. es war damals spürbar, dass sie in keiner phase des prozesses auch nur den anschein von unparteilichkeit und parteilosigkeit erwecken wollte. wer gegen die damalige innenministerin fekter demonstriert hatte, musste wissen, dass sie alleine deswegen verurteilt gehören. exemplarisch.
eigentlich hätte sie das urteil gleich am anfang der prozessreihe verlesen können, denn sie wusste anscheinend schon immer, wie die sache gelaufen sein muss und was sie davon zu halten hat.
weit mehr als die hälfte der wortmeldungen der verteidigung hat die richterin entweder unterbrochen oder die fragen an zeug*innen einfach nicht zugelassen. ob es beeinflussung von zeug*innen durch die polizei gegeben hat oder vielleicht doch die verletzung des polizisten (wie der betreffende selbst als möglichkeit einräumte) eben nicht von einem demonstranten verursacht wurde, hat sie niemals interessiert. entsprechende beweisanträge wurden von ihr abgewiesen.
umgekehrt diente ihr das einschreiten der polizei als ausreichender hinweis (!!!), dass da „wohl was gewesen sein muss“, denn sonst „hätte ja die polizei nicht so gehandelt“. soll wohl heissen: wenn wo die polizei mit massiver gewalt zugreift, war das für edtstadler ein gültiger beweis, dass es einen zu verurteilenden tatbestand gegeben haben muss.
das urteil war ein vorläufiges ende einer langen geschichte, die mit einer harmlosen demo gegen die unmenschliche politik fekters begann und dann mit einem spruch endete, der sehr stark den geruch nach urteil „auf bestellung“ hatte.
führende kräfte aus der polizei haben später bestätigt, dass es eben üblich sei, dass ein „fall“ sehr schnell eben ein „roter“ oder ein „schwarzer“ fall sei. „da kennen sich dann alle aus.“ ist einmal klar, welche politische identität ein „fall“ hat, so sagte einer wörtlich: „dann ist klar, welches team die einvernahmen durchführt, wer im gericht zuständig ist, usw.“ die beamt*innen wüssten dann genau, wer in den einzelnen phasen für den „fall“ federführend sei, das geht „von der festnahme, über ermittlungen bis zum urteil.“
jedenfalls war das urteil auch für die staatsanwaltschaft salzburg nicht koscher. was edtstadler heute nicht dazu sagt, wenn sie auf ihre so strengen urteile pocht:
- selbst der staatsanwaltschaft erschien eine politische motivation für das urteil als denkbar:
die staatsanwaltschaft erhob einspruch zu gunsten des von edtstadler verurteilten und begründete das wie folgt:
„Wir sahen uns fast genötigt“ , Berufung zugunsten des Angeklagten anzumelden, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft im Standard-Gespräch. Und man wolle nicht den Eindruck erwecken, „am politischen Gängelband“ zu hängen. (…) „Wir haben uns an der gängigen Spruchpraxis des Oberlandesgerichts orientiert“ , heißt es vonseiten der Staatsanwaltschaft.
derStandard.at, 10.6.2010
- die von edtstadler nicht zugelassene definitve klärung der frage, ob die verletzung des polizisten wirklich aufgrund eines widerstandes des angeklagten entstanden sei, wurde dann in der zweiten instanz geklärt.
die verletzung war anderswo passiert. ein faktum, das die anwältin des angeklagten bereits in der ersten instanz geklärt haben wollte, dessen aufklärung aber von edtstadler verwehrt wurde.
es muss also sehr verwundern, dass gerade die ehemalige richterin edtstadler, die selbst der staatsanwaltschaft zu nahe „am politischen gängelband“ urteilte, sich nicht nur immer wieder eines – später durch die zweite instanz korrigierten – urteils rühmt, sondern heute als hohe priesterin der unabhängigkeit eine weisungsfreie bundesstaatsanwaltschaft einfordert. wohl nicht der neutralität wegen, sondern weil die unabhängige WKSTA gegen ihren parteifreund ermittelt.
seit jahrzehnten selbst für staatsanwält*innen eine ziemlich (un)durchsichtige geschichte:
edtstadler und das politische gängelband.
______
bild: screenshot orf remixed by bernhard jenny cc free
Ein Gedanke zu „edtstadler und das politische gängelband.“