absolute mehrheit für die schamlosigkeit.

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bildlicher könnte die angelegenheit im wahrsten sinne nicht sein. die als erfolg gefeierten verhandlungen von minister josef ostermayer, mit der der 95jährigen rechtmässigen erbin eva zirkel drei von fünf schiele-bildern „herausverhandelt“ wurden, sind schamlos.

ostermayer macht damit den von ihm angesprochenen „dunklen schatten“, der über dem leopold-museum gelegen wäre, wohl zu einem noch viel dunkleren. denn einer rechtmässigen erbin zuerst ersatzweise geld anzubieten und dann – weil diese nicht an geld interessiert war – durch „kluge verhandlungen“ aus fünf bildern, die ihr persönlich zustehen, lediglich zwei bilder zu übergeben, während drei für die leopold-stiftung erhalten bleiben, ist wohl mehr als eine „typisch österreichische“ lösung.

aus klarer verantwortung zur restitution ein „bisserl“ restitution zu machen und dann diese umgangsweise auch noch süffisant als „salomonische lösung“ (sic!) zu bezeichnen, ist für einen vertreter des österreichischen staates nicht angebracht. darüber kann auch eine jubel-pressekonferenz nicht hinwegtäuschen.

die „bildliche“ und offizielle haltung österreichs zur restitution ist also offiziell 2:3 ausgegangen. 2 für den politischen anstand, 3 für das profitieren von naziraub.

absolute mehrheit für die schamlosigkeit.

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foto: © matthias cremer / der standard 
erika jakubovits (IKG), minister ostermayer und elisabeth leopold (v. li.).

der ultimative intelligenztest

wenn die abschiebungen gefühlte welten entfernt von hier stattfinden, regen sie hierzulande kaum mehr auf. doch die festung europa baut ihre mauern mit unrecht

europas politiker haben sich in der flüchtlingskrise einiges vorgenommen. mit dem inkrafttreten des eu-türkei-deals, der einem präsidenten, dessen verhalten, wie die „washington post“ kürzlich schrieb, eher einem despoten denn einem staatsoberhaupt einer nato-demokratie ähnle, die drecksarbeit gegen gutes geld überlässt, wird die schande der humanitären krise auf eine neue stufe gehoben. war es bisher – zumindest scheinbar – eher die passivität der unverantwortlichen politik, also das nichtstun oder das unterlassen dringendst notwendiger versorgung von menschen in not, so wird nun aktiv gehandelt.

menschen auf der flucht, die unglaubliches hinter sich gelassen haben und nochmal unglaubliches durchgemacht beziehungsweise überlebt haben, um an einen als sicher geglaubten ort in europa zu gelangen, und brutal am weiterkommen gehindert worden waren, werden nun in ein land zwangsverbracht, dessen regierung in keiner weise ein garant sein kann – weder für die sicherheit noch für eine menschenrechtskonforme behandlung.

die dummheit der massen

europas unverantwortliche politiker scheinen zu hoffen, dass die engagierte zivilgesellschaft, die sich für ein humanitäres, menschenrechtskonformes und helfendes europa engagieren will, ermüdet und mit regionalen schauplätzen ausreichend beschäftigt ist. das allein wäre allerdings zu wenig. sie setzen auf die dummheit der massen: ein lkw mit leichen mitten in europa, das schockiert sogar solche, die sonst nicht lange über die zusammenhänge nachdenken. aber bilder von abschiebungen an der „außengrenze“ in ein land, wo wenig nachvollziehbar ist, was mit diesen menschen passiert, befriedigt die xenophoben einerseits, während andererseits die naiven froh sein können, dass es „bei uns“ wieder ruhiger wird. dass diese „ruhe“ eine folge brutalster eingriffe in die grundrechte ist, für diese erkenntnis braucht es schon jenes maß an reflexion, das der bevölkerung offensichtlich nicht zugetraut wird.

räumungen, deportationen, abschiebungen, zwangsunterbringungen. die szenen erzeugen genügend „hässliche bilder“, wie sie manche schon lange herbeireden. wenn sie nur gefühlte welten weit weg stattfinden, regen sie hierzulande kaum mehr auf. wird schon nicht so schlimm sein. innerhalb der festung europa soll sich die dummheit durchsetzen, dass draußen vor der festung „eh nicht viel passiert“. den blick über die mauern hinunter in die wassergräben und rüber ins offene land wagen nur wenige. die festung europa baut ihre mauern mit unrecht. seit montag ist dieses unrecht gegenstand eines milliardenschwerden vertrags mit einem despoten. seit montag ist er in kraft, der ultimative intelligenztest. (bernhard jenny, derstandard.at, 6.4.2016)

panamapapers erschreckend? gooooooooooool!

Barcelona vs Raja Club Athletic en Tanger

mag sein. aber nicht wirklich.

sind es wirklich eine #breakingnews, dass treuhänderkanzlein und banken einfach alles geld von a nach b scheffeln, wenn sie nur entsprechend beteiligt sind?

ist es wirklich neu, dass mit genau diesem geld aus menschen-, waffen- und drogenhandel die macht der mächtigen einzementiert und gesichert wird, die dann wiederum menschen-, waffen- und drogenhandel dazu nutzen, um die profite ins endlose zu steigern?

kann es noch irgendjemanden überraschen, dass es nicht nur die „üblichen verdächtigen“ aus der schon offiziell als „kriminell“ bezeichnete szene sind, die da kräftig geld scheffeln, sondern eben auch die „üblichen verdächtigen“ – weil eben nur scheinbar – sauberen?

kann das ausmass der daten, das ausmass des geldes und die weltweite vernetzung uns in staunen versetzen?

gestern war wohl eher das überraschendste, dass sich der ORF in einer solchen aktion mit dem FALTER koordiniert, wohl in der hoffnung, hier den überdrüberhype des aufdeckungsjournalismus landen zu können.

das wars aber auch schon. soundsoviel millionen dokumente, soundsoviel terrabyte daten. so what.

dort oder da wird ein bauernopfer gefunden werden, dort oder da werden vielleicht konsequenzen gezogen. scheinbar.

niemand glaubt, dass durch solche enthüllungen der kapitalismus sein morden beenden wird. bei aller aufdeckung von details. es ist letztlich das „business as usual“, in dem alle mehr oder weniger stecken.

georg schramm zitiert seit jahren in seinen programmen den grossinvestor warren buffet, der den zentralen konflikt unserer zeiten unverblümt als „krieg reich gegen arm“ bezeichnet und dazu sagt: „meine klasse, die klasse der reichen, hat diesen krieg angefangen, und sie wird ihn auch gewinnen.“

wir können uns entsetzt geben und uns ekelnd abwenden. wir können verbote und strafen fordern. die wirklich mächtigen wird es nicht einmal einen lacher entlocken. dazu ist das gesamte system viel zu gut abgesichert. eine welt ohne menschen-, waffen- und drogenhandel wäre eine welt ohne prostitution, krieg, armut und krankheit. von einer solchen welt träumen viele. aber sie wäre eine welt der gleichen chancen und der gleichen nutzen. wenn alle aber gleich viel haben, funktioniert die macht nicht mehr. und die geben jene, die sie haben niemals freiwillig her.

wer noch einen beweis gebraucht hat, wie die schmutzigen geschäfte funktionieren, dass tod und elend an tischen verursacht werden, wo die verhandler in feinstem tuch gekleidet sind und sich niemals ihre eigenen hände schmutzig machen, hat gestern einen solchen beweis bekommen.

wenn daraus aber nicht die notwendigkeit des handelns abgeleitet wird, die unverzichtbarkeit eines systemwechsels, dann wird letztlich alles beim alten bleiben. solange es so bequem ist für uns. spätestens beim 500sten tor von lionel messi ist alles wieder in ordnung. shit happens, aber was solls.

panamapapers erschreckend? gooooooooooool!

 

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foto: pedrito guzman cc licence by sa

 

grödiger schule schafft matura testweise ab

„für heuer ist es zu spät“, sagt schulleiterin helga wenzel-anders vom oberstufenrealgymnasium grödig, „aber für das kommende schuljahr haben wir den ersatz der reifeprüfung durch PECHA KUCHA vorträge als pilotversuch beschlossen.

vor einigen wochen hatten die organizer der PECHA KUCHA NIGHTS SALZBURG, die seit 7 jahren in der ARGEkultur stattfinden, vorgeschlagen, doch generell die matura abzuschaffen und mit einer reihe von präsentationen in dem bewährten „20 folien á 20 sekunden“-format den blick auf die begeisternden interessensgebiete, auf das individuelle wissen und die kreative darstellung zu lenken. „schaffen wir die matura ab“ hiess es damals in einer aussendung.

„uns war klar, dass das schulsystem vermutlich gar nicht reagieren wird“, meint organisator bernhard jenny, „dass nun aber ein erstes pilotprojekt dafür realisiert wird, das finden wir sehr toll. hoffentlich ist es der anfang einer grundsätzlichen reform des schulabschlusses an allgemeinbildenden höheren schulen.“

„da bin ich zuversichtlich“, versichert direktorin wenzel-anders, „es wäre nicht das erste mal, dass wir beispielgebend für viele andere schulen einen weg beginnen. wir werden mit den PECHA KUCHA NIGHTS im april 2017 starten!“

das unterrichtsministerium ist zwar informiert, war aber zu einer stellungnahme heute nicht erreichbar.

im juni dieen jahres gibt es wieder die möglichkeit für alle, ob maturant_in oder nicht, dieses format live zu erleben.

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