sie sind wirklich faszinierend: die möglichkeiten des web 2.0 sind überraschend und schnell wachsend. weltweit nutzen mehrere hundert millionen täglich das web 2.0, wodurch das internet nun endgültig zum medium der massen wird.
ob facebook, xing, vimeo, youtube, flickr oder all die blogs, wikis und sonstigen plattformen zur virtuellen vernetzung, verlässlich wächst die zahl meiner kontakte, freundInnen, friends, followers und wie sie sonst noch heissen mögen.
von „falschen freundInnen“, also solchen, die sich mit einer falschen identität an nichts ahnende freundInnen heranmachen, bis zum freudigen virtuellen wiedersehen mit lang nicht mehr gesehenen verwandten und bekannten ist die palette der kontaktqualitäten weit gestreut. inzwischen ist es fast schon gewohnheit, neue – soeben in der realen welt kennengelernte menschen – so schnell wie möglich auch virtuell zu „adden“, also mindestens einer, wenn nicht gleich mehreren listen der virtuellen freundInnen hinzuzufügen. reizvoll, wenn die digitale verknüpfung reale auswirkungen hat, wenn sich interessensgemeinschaften nach virtuellem kennenlernen auch real treffen oder gemeinsam reale aktionen setzen.
im „plädoyer für die sozialen medien im internet“ steht zu lesen:
„Gesellschaften brauchen Öffentlichkeiten. Zum Austausch von wichtigen Informationen, zur Auseinandersetzung über strittige Meinungen, zur Vermittlung unterschiedlicher Interessen. Öffentlichkeiten stiften Identitäten und erzeugen Differenzen; sie sind Orte des Zusammenfindens und der Abgrenzung zugleich: gerade auch die des Web 2.0. Die digitalen Öffentlichkeiten im Web 2.0 bereichern die plurale Vielfalt unserer Gesellschaft. Und das ist gut so.“ (quelle: http://is.gd/5109F)
dem kann ich zwar zustimmen, aber wir sollten eines nicht übersehen:
bei aller vielfalt der kontakte, bei aller buntheit der vernetzung, bei aller faszination über das tempo, in der meinungen ausgetauscht und eingeholt werden können, dürfen wir nicht vergessen, dass es immer noch viele, sehr viele menschen in unseren gesellschaften gibt, die an dieser vernetzung nicht teilnehmen (können), ihre möglichkeiten nicht kennen und daher in diesem bereich nicht nur nicht partizipieren, sondern diese auch kaum einfordern werden (können).
nicht gemeint sind hier jene, die zwar jederzeit die möglichkeit hätten, sich digital zu vernetzen, dies aber – aus welchen gründen auch immer – nicht tun wollen. diesen menschen ist es durchaus möglich, einzuschätzen, welche folgen ihre entscheidung hat, wo sie daher nicht involviert sind.
aber es gibt zwei gruppen, die wir nicht im „blinden fleck“ des web 2.0 aus unserem blickfeld verlieren dürfen:
wir werden also ein besonderes „schnittstellen-management“ brauchen, zwischen denen, die selbstverständlich dabei sind, und jenen, die erst ihre grundbedürfnisse einigermassen regeln müssen, bevor sie sich selbst in unsere vernetzungen einbringen können. bis dahin müssen wir uns der lücken unserer netze bewusst sein.
es gibt auch ermutigende beispiele, wo sozialprojekte bewusst die webpräsenz von menschen, die am rande unserer gesellschaft leben, fördern. aber es ist die aufgabe von uns allen, den „blinden fleck“ des web 2.0 nicht zuzulassen und bei allen neuen wegen der vernetzung und allen scheinbar flachen hierarchien niemals zu vergessen, dass genau jene, die wir hier nicht sehen, unbedingt sichtbar bleiben müssen. im „real life“ ebenso, wie auch hier in der virtuellen welt.
in der virtuellen welt vergessen zu werden hätte ganz reale konsequenzen, die wir nicht zulassen dürfen.