machtillusion statt ohnmachtsgeständnis

full taken world bernhard jenny

die vereinigten staaten und dort allen voran die nsa greifen das gesamte internet ab, schneiden alle telefongespräche mit und speichern bewegungsprofile, um alles und jeden so gut wie möglich zu durchleuchten, identifizieren, einzuordnen und letztlich zu kontrollieren.
nur die vereinigten staaten tun das. russland natürlich nicht, china auch nicht, japan schon gar nicht und frankreich, england, deutschland selbstvernatürlich ebensowenig.
wer glaubt das wirklich?

zugegeben, aus österreichischer sicht ist die geschichte haarstreubend überfordernd. denn unter „full take“ verstehen hierzulande nur insiderInnen das vollumfängliche abgreifen von daten, kaum jemand kann sich vorstellen, was das wirklich heisst. und die interessenslage kehr sich im hinterbergland um 180 grad: die empörung eines faymann oder spindeleggers über abhöraktivitäten (schon wieder natürlich ausschliesslich und nur) der amerikanischen spionage blieb aus. viel mehr überwiegt wohl die genugtuung, dass nicht nur mutti im nachbarland wichtig ist.

was auch immer in zusammenhang mit den aktivitäten der geheimdienste herauskommen wird. wer jetzt das getue um „no spy“ abkommen und verbote, beschränkungen und freiwilligen verzicht ernst nimmt, darf getrost zu den dummen gezählt werden. und geheimdienste sind nun einmal dazu da, uns allen genau nicht zu erzählen, was sie tun bzw. können.

das eigentliche geheimnis ist ein anderes: niemand der angeblichen machthabenden in sogenannten regierungskreisen will eingestehen, dass die „geheimdienste“ und alle anderen, die technische möglichkeiten zur datenbeschaffung – locker am grundverständnis der verantwortlichen vorbei – über jahrzehnte entwickelt haben, längst ihr eigenes spielchen treiben. und dieses spielchen können sie so lange sie wollen, so weit sie wollen und so umfangreich sie wollen, weiter betreiben, denn nur sie selbst könnten sich kontrollieren.

sie sind es, die information als eigentliche währung der macht erkannt haben und einen regen handel damit weltweit betreiben. da sind die präsidentInnen, kanzlerInnen und regierungschefs längst selbst so abhängig, dass sie wohl eher zu gesteuerten als zu richtung vorgebenden geworden sind. es geht inzwischen um noch unvollstellbarere dimensionen, als um das vorauseilende speichern regionaler vorratsdaten. unsere regierungen sind abhängige kundInnen und hilflose zielobjekte jener, die technisch vorne dran sind.

big brother is not watching you. big brother controls you. aber es ist auch nicht nur ein big brother.

jene „volksvertreterInnen“, die diese umkehr der macht offen eingestehen, hätten es verdient, vom volk auch weiter unterstützt zu werden. noch aber finden sich kaum welche.

aber noch verkauft sich die illusion besser, als die offenheit:
machtillusion statt ohnmachtsgeständnis.

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wir sind die grösste schwachstelle.

NSA_Teufelsberg foto by abandoned_be creative commons by-nc-nd

lächerlich. das hin und her. das gerede über nsa und spionage, über angelas mobiltelefon und obamas abgeblichen begehrlichkeiten. lächerlich. weil verlogen. was sollen „no spy“-abkommen und uno-resolutionen bringen? welcher staat, welche regierung wird sich an ein solches abkommen halten, wenn es mal wirklich um die berühmte wurst gehen sollte? ruft dann vorher ein amerikanischer präsident an und fragt um erlaubnis, jetzt doch die regierungstelefone abhören zu dürfen?

was technisch möglich ist, wird gemacht. das ist der job der geheimdienste. würden geheimdienste sich an gesetze halten, müssten sie keine geheimdienste sein. das wissen wir nicht erst seit dscheims bond und seinem gerührten.

mit der digitalisierung der welt werden die distanzen immer kürzer, die hindernisse zum schutz vor spionage immer geringer. ein lächerliches schmierentheater soll uns jetzt den eindruck vermitteln, es wäre noch (fast) alles unter kontrolle.

doch diese kontrolle ist eine illusion. ein trugbild. vermutlich wissen die angeblichen machthaberInnen selbst längst nicht mehr, was den offiziellen und den illegalen diensten möglich ist, was sie daraus machen und wie sehr ihnen das geschehen längst aus den händen genommen wurde.

den angeblichen machthaberInnen ist daher der geheimnisverrat durch snowden, manning, assange und andere mehr ein dorn im auge, als der wahnsinn selbst. denn der wahnsinn selbst ist so unkontrollierbar wie die schmelzenden brennstäbe in fukushima. die angeblichen machthaberInnen stehen dumm da, sie haben keine ahnung mehr, was sich abspielt. und wer gar nicht abgehört wurde, muss sich gedanken machen, ob er/sie überhaupt noch was zu sagen hat.

gesetzliche regelung digitaler spionage ist vermutlich so chancenlos wie jene des waffenhandels. beschränkungen der digitalen überwachung so aussichtsreich wie ein schussverbot für waffen. verbote und beschränkungen steigern den preis – der waffensysteme und der informationen.

ohne grossen verschwörungstheorien nachzueifern dürfte es dennoch naheliegend sein, dass wohl keine regierung dieser welt wirklich die (spionage)fäden in der hand hat. die spionagenerds und hackersöldnerInnen gehen wohl längst eigene wege. und sie haben mit sicherheit immer wieder gute auftragslage. es kann für viele von hohem interesse sein, unser verhalten zu berechnen, unsere pläne im vorhinein zu wissen und uns die inhalte finden zu lassen, die uns scheinbar bequem sind. wir sind längst in den vollautomatischen futtertrog der massentierhaltung eingespannt, der uns das reinstopft, was uns zu willigen, steuerbaren konsumwesen macht, die selbst dann nicht munter werden, wenn auch wahlen keine wirkliche veränderung bringen. mmpf.

ist es daher sinnlos, sich gegen vorratsdatenspeicherung und spionage zu wehren?
natürlich nicht. im gegenteil.
aber wir müssen unsere naivität ablegen.
uns muss bewusst sein, dass wir bereits im moment des verfassens von konzepten und gedanken beobachtet und kontrolliert werden können. dass unsere freiheit eine relative ist und dass wir uns niemals 100% sicher sein können, manipulationsdummies zu sein.

wir sind die grösste schwachstelle.

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foto: abandoned.be creative commons by nc nd

achtung. dieser blog wird überwacht.

foto: phoneroom creative commons: nathan reed

dieser blog und alle anderen blogs. die einträge werden bereits in der phase des entstehens, also bereits während des schreibens, löschens, umschreibens und dann wieder beim onlinestellen überwacht. und nicht nur dieser blog, sondern auch die normalen websites, die portale, die sozialen netzwerke. und natürlich auch die emails.

nicht nur durch prism, nsa, cia oder tempora oder scotland yard. vorratsdatenspeicherung, systematisches abhören, speichern von verbindungs- und bewegungsdaten, kreditkartenzahlungen, e-cardzahlungen, das geht noch lange so…

wir werden immer und überall überwacht.
wir sind bereits gläsern.
nicht nur für die einen und die anderen, sondern für alle, die das können.
und das sind viel mehr, als wir wahr haben wollen.

dass uns das nicht bewusst ist, ist der schreckliche erfolg der nicht existenten medienbildung. wir lernen in unseren schulen zwar völlig sinnlose, weil aus dem zusammenhang gerissene geschichtsfakten oder gesteinsschichtungen, jahreszahlen und mathematikformeln, die wir garantiert nie brauchen. aber wie und warum unsere kommunikation und deren steuerung und überwachung funktioniert, das lernen wir natürlich nie. wozu auch.

dass komplette kopien des gesamten internettraffics zur auswertung aufliegen, das kann uns nicht wirklich überraschen.

wir brauchen uns nicht zu fürchten, dass es den cia interessieren könnte, welche pläne wir für heute abend mit wem schmieden. ob wir auf ein bier oder doch ins kino gehen. aber dennoch soilte uns klar werden, dass wir ständig potientielle zielobjekte der überwachung sind:

einmal quasi indirekt: hier geht es nicht wirklich darum, dass jemand konkret wissen will, wo mit wem und was der bernhard jenny am abend des 17.6. gegessen hat. aber die datenpakete, die sich aus einer gesamtüberwachung herausfiltern lassen, die erkenntnisse, die daraus für industrie, versicherungen, banken und behörden im allgemeinen erheben lassen, sind geld wert. viel geld.

und zum zweiten direkt: sollte es – und das geht manchmal schneller als gedacht – doch einmal dazu kommen, dass der staat, die polizei, das militär oder ein bemittelter oder minderbemittelter „geheimdienst“ bzw. auch ein privater schnüffelkonzern konkretes interesse genau an deinen daten hat, dann wird es eben ein kinderspiel sein, nachzuweisen, dass du eben genau jetzt diesen blog gelesen hast. (und das ist noch harmlos 😉

überwachung ist uralt. die dimensionen wurden immer schon über- und unterschätzt.
eine einseitige schuldzuweisung an die „datenkraken“ google, facebook, twitter und co. ist gefährlich naiv. diese megaunternehmen sind mit sicherheit nicht in erster linie an unserem datenschutz interessiert. und kommerzielle verwertung von datenbergen liegt diesen unternehmen im blut.

aber vor vielen jahrzehnten wäre es auch falsch gewesen, die telefongesellschaften für das abhören verantwortlich zu machen. es sind die überwacherInnen selbst, die dafür verantwortlich sind.

strategien dagegen müssen also anders ansetzen, als im plattformen bashing.
überwachung ist nicht die erfindung des internets.
überwachung ist das instrument der unterdrückung aller systeme.
seit jeher.

ob wir fleisch oder vegan bevorzugen ist vermutlich vielen egal,
ob wir tierschützerInnen unterstützen wurde schon mal fast zur terroristInnen-frage.
wir dürfen uns dennoch nicht entmutigen lassen.

sollten wir wirklich unser system verändern wollen, dann sind wir mitten im fadenkreuz.
und das ist dann sicher nicht mehr lustig.

dessen müssen wir uns bewusst stets sein:
achtung. dieser blog wird überwacht.

dazu passend: blogeintrag 11.6.2013 friedensnobelpreis für whistleblower

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foto: nathan reed, flickr, creative commons