hermann glettler findet klare worte (#corona #17)

am sonntag war palmsonntag. bischof hermann glettler, hat in seiner predigt in innsbruck direkten bezug auf die situation genommen, in der wir heute stehen.

doro blancke, eine vielen von euch bekannte menschenrechtsaktivistin, die mit sehr viel engagement u.a. mit dem verein fairness asyl gemeinsam mit anderen quasi „in serie die hoffnung nicht aufgibt“, hat mir diese predigt in voller länge übermittelt.

an dieser stelle will ich zwei teile hervorheben, die mich besonders berühren:

Was ist los mit uns Menschen? Die Covid-Seuche hat unsere eingebildete Souveränität entlarvt. Wir sind viel verwundbarer als wir dachten – trotz aller Versicherungen und Absicherungen. Ohnmacht ist das momentane Grundgefühl – im System Gesellschaft und für viele persönlich bedrängend. Ohnmacht, weil niemand das zerstörerische Ausmaß der bedrohlichen Krankheit einschätzen kann. Die Wirtschaft ist dabei zu kollabieren. Arbeitslosenzahlen wie noch nie. Medizinische Einrichtungen an ihren Grenzen. In dieser Ohnmacht feiern wir Palmsonntag.

da versteht jemand ganz genau, wie es uns derzeit geht, wo die probleme liegen, die uns wirklich drücken. und er vergisst dabei niemanden:

Was ist los mit Europa? Was ist los mit unserer Verantwortung in Europa – wenn einzelne Staaten sich von demokratischen Strukturen verabschieden? Was ist los, wenn südliche Länder mit ihren Überforderungen allein gelassen werden? Was ist los mit unserer Solidarität, wenn auf griechischen Inseln Tausende Asylsuchende im Dreck hausen – in heillos überfüllten Lagern und nicht wegkommen? Bräuchten wir nicht ganz rasch viele Allianzen von Willigen, von Weitsichtigen – Allianzen von Menschen, die nach dem Programm Jesu leben, den wir heute empfangen? Ja, da wäre was los, wenn es nicht mehr primär um die nationalen Interessen ginge, nicht mehr um ungenierte Profite auf Kosten anderer und der Natur. Ja, da wäre was los, wenn die Sorge um die Schwächsten oberste Priorität hätte. Jesus wusch den Jüngern die Füße und sagte: Tut dies zu meinem Gedächtnis.

beeindruckend, wie kraftvoll doch der aus tiefem glauben formulierte auftrag für konkretes handeln formuliert wird. unabhängig, ob jemand wie glettler durch den bezug auf den glauben, andere durch bezug auf grund- und menschenrechte die lage analysieren. die konsequenz für das politische handeln sollte die gleiche sein.

da ist es wichtig, wenn möglichst viele endlich tachles reden.
hermann glettler findet klare worte.

„was ist los?“ – predigt von bischof hermann glettler in voller länge

____________
Bild: Universalmuseum Joanneum CC BY 2.0

 

wieviel kickl steckt in kurz? wieviel blau ist türkis?

türkisblau, türkisblaubraun, türkisblaun, … die farben schillern, wenn es um die betitelung der im vorjahr implodierten regierung geht. eine regierung, die wohl alle rekorde der zweiten republik hinsichtlich der politischen implementierung von unmenschlichkeit, menschenverachtung, xenophobie und rassismus gebrochen hat.

die erklärungsmodelle für derartig grausames geschehen waren damals sehr oft von einer grundvorstellung geprägt: die türkis benutzen die blauen, um selbst an die macht zu kommen, die blauen wiederum treiben die eigentlich nur machtgierigen türkisen vor sich her.

tatsächlich war es auch unminister kickl, der heute genau vor einem jahr ali wajid zum zweiten mal entgegen der bescheidmässigen garantie, nicht verhaftet zu werden, in schubhaft nehmen liess. (bericht orf) dramatische tage der verzweifelten suche nach einer lösung waren die folge, letztlich war das erzwungene exil nach kenia für ali wajid der weg zur definitven rückkehr ins land.

nun ist kickl weg, peschorn weg, nehammer im amt. und ein neues farbenspiel ist da: türkisgrün heisst die neue kombination. doch was passiert in sachen menschenrechten, in sachen menschlichkeit und humanität?

sicherungshaft, kopftuchverbot, rückkehrzentren, lager mit „wohnsitzauflage“, internierung statt hilfe, abschaffung der freien rechtsberatung, zwangsübersiedlung von arbeitslosen, streichungen und kürzungen wo es nur mehr wenig zu streichen gibt, und so weiter und so fort. das sind allesamt forderungen einer regierung, in der es keine blauen, keine braunen und keine blaunen geben sollte.

dass die grünen die türkisen für derartig unmenschliche forderungen vor sich hertreiben, dürfte wohl niemand ernsthaft behaupten.

bleibt also nur ein schluss: die ursprünglich als blaue handschrift durchgedrückten grausamkeiten a la kickl sind keine blauen, sondern türkise kernforderungen. es sind anscheinend die türkisen, die fremdenfeindlichkeit, kulturüberheblichkeit, rassismus und inhumanität betreiben.

bei kickl hat sich niemand wundern müssen, was der nicht nur mit ali wajid, sondern mit vielen anderen menschen in notlage zu verantworten hatte.

nun aber sind es nehammer und co, also auch kurz, die für die aktuelle gebahrung der regierung verantwortlich zeichnen. wenn heute menschen und sogar kinder gejagt und in schwerste bedrängnis gebracht werden, dann geht das auf ein türkises konto.

ein aufsehenerregender aktueller fall zeigt die wahnsinnigkeiten, wie menschen von unseren behörden nach wie vor drangsaliert werden: doro blancke berichtet:

„Nach 4 Jahren Dublinverfahren soll eine afghanische Familie mit 4 Kinder, seit 4 Jahren in Österreich, Schule, Kindergarten, Mama seit einem 3/4 Jahr im Spital wegen massiver psychischer Erkrankung nach Kroatien abgeschoben werden. Rechtlich vielleicht korrekt, humanitär letztklassig!“

https://oe1.orf.at/player/20200124/586189/1579846155085

Dublinskandal – eine humanitäre Katastrophe

es stllt sich daher die dringende frage:

wieviel kickl steckt in kurz? wieviel blau ist türkis?

 

__________________
bild: kremlin.ru licence cc by &
michael lucan, licence cc-by-sa 3.0 de
remixed by bernhard jenny cc cc-by-sa 3.0 de

___________________
frühere artikel über ali wajid
_______________________

 

spendenkonto HILFE FÜR ALI

AT21 5500 0111 0002 7228

es war nicht umsonst. es ist nie umsonst.

wenn menschen dir in einem schwierigen moment fraglos beistehen, dann ist das etwas sehr wertvolles. hier seien nun zwei menschen vorgestellt, die im laufe einer der schwierigsten phasen für ali wajid seiner 505 tage ausnahmezustand einfach da waren.

rolf sauer ist ein engverbundener freund aus jugendzeiten, familientherapeut in linz, war bereits im dezember 2018 gemeinsam mit ali wajid in die pakistanische botschaft in wien gegangen, wo der reisepass zu beantragen war.

im jänner dann, nachdem der unminister ali wajid trotz gegenteiliger bescheidlage in schubhaft nach wien verbringen liess, war unser stress sehr gross. denn wir hatten ein ultimatum von fünf tagen bekommen, innerhalb dessen wir ein sicheres drittland finden sollten, um eine abschiebung nach pakistan zu verhindern.

wir waren also rund um die uhr mit telefonaten und recherchen, mit emails und visaanfragen beschäftigt, wodurch es rein logistisch für uns unmöglich war, sowohl nach wien zu fahren, um ali im schubgefängnis zu besuchen und zeitgleich weiter nach einer ausreisemöglichkeit zu suchen.

also erklärte sich rolf bereit, ali zu besuchen. rolf hat vieles im leben gesehen, aber die art und weise, wie im schubhaftgefängnis mit menschen, die sich absolut nichts zu schulden kommen liessen, umgegangen wird, hat ihn nachhaltig beeindruckt. „das hatte ich mir nicht gedacht, dass es sowas in unserem land gibt“, sagte mir rolf nach seinem besuch am telefon mit enger kehle.

zwei tage später war es dann eine weithin als engagiert bekannte „aktivistin“, doro blancke, die ich bis dahin nur übers netz gekannt hatte. sie hatte die geschichte von ali wajid die langen monate über genau verfolgt und wusste über den ernst der lage bescheid. auch für sie war es selbstverständlich, uns in dieser bedrängnis zur seite zu stehen und somit bot sie sich an, ali zu besuchen. ein erster versuch scheiterte, weil kein offizieller besuchstag für den anfangsbuchstaben des familiennamens war und auch keine abgabe von briefen oder sonstigen gegenständen genehmigt war.

aber tags darauf konnte doro ali besuchen, wie einen schwerverbrecher nur hinter einer glasscheibe sehen und über eine sprechanlage verbunden. für ali war es wohl eine der schwersten momente, denn niemand konnte ihm garantieren, dass es gut ausgehen werde. nur so viel: doro konnte ihm berichten, dass wir alles in unserer macht stehende in bewegung setzen würden, um eine abschiebung unbedingt zu verhindern. „ich glaub ich hab ihn etwas aufrichten können, er war am anfang einfach nur zerstört, er tut mir unendlich leid, was der durchmachen muss,“ berichtete mir doro.

wieder zwei tage später konnten doro und ich ali wajid auf dem flughafen schwechat umarmen: die „freiwillige ausreise“ nach kenia war im letzten moment die einizige option, die von zig angedachten möglichkeiten übergeblieben war. gemeinsam mit alois dürlinger, dem flüchtlingspfarrer aus salzburg, konnte ali österreich als freier mann verlassen. am 31.1.2019 hat ali aufgehört ein asylwerber zu sein.

unterschiedlicher könnte die gemeinsame vorgeschichte mit den beiden hier vorgestellten menschen nicht sein: rolf sauer, der langjährige familiäre freund und doro blancke, die ich erst am 31.1. persönlich kennenlernen durfte, sie beide spielten in der zeit der schubhaft in wien für ali eine sehr wichtige und psychisch stabiliserende rolle.

gemeinsam gegen unrecht aufstehen bedeutet manchmal auch ganz grundsätzliche handlungen, wie einem menschen in seiner not beizustehen, ihn aufzurichten, ihm zuversicht zu geben.

es war nicht umsonst. es ist nie umsonst.

___________________
frühere artikel über ali wajid
_______________________

aufruf spenden ali wajid HERBST

Ali Wajid braucht für den
NEUANFANG IN SALZBURG
unsere Unterstützung!
Jede Spende hilft!

Spendenkonto HILFE FÜR ALI
AT21 5500 0111 0002 7228

#wirstehenhinterdirAli
Bitte weiterverbreiten!
Cristina Colombo u. Bernhard Jenny