eine abschaffung. und ein mehr.

der verein talktogether hat mich eingeladen ein paar gedanken zur eröffnung des flüchtlingsfestes 2011 am samstag, 11.6.2011 in der argekultur salzburg zu sagen. das habe ich dort gesagt:

willkommenenfest argekultur 11.6.2011

in salzburg lebende flüchtlinge sind heute gastgeberInnen.
„die flüchtlinge feiern, wir feiern mit.“
so lautet der titel des heutigen festes.
ich lese nochmal:
„die flüchtlinge feiern, wir feiern mit.“
und nochmal:
„die flüchtlinge feiern, wir feiern mit.“

ich möchte euch alle einladen, dieses heutige fest zum anlass zu nehmen, etwas abzuschaffen und etwas anderes mehr werden zu lassen.
ich spreche vom wort „flüchtling“ und vom wort „feiern“.

flüchtling.
dieses wort möchte ich abschaffen.
ich möchte es überflüssig machen.

ihr sollt keine flüchtlinge mehr sein.
ihr wart lange genug flüchtlinge.
ihr sollt hier bei uns wirklich nicht mehr flüchtlinge sein müssen.

flüchtling
– bezeichnet das, was hinter euch liegt, das vergangene.

flüchtling
– erzählt uns über die vielen schrecklichen dinge, die ihr erleben und überleben musstet, über die gründe, die schlimm genug gewesen sein müssen, alles hinter euch zu lassen und aufzubrechen. aus der verzweiflung in richtung hoffnung.

flüchtling – dieses wort wird hier bei uns viel zu oft von jenen in den mund genommen, die in euch eine gefahr und eine belastung sehen. es ist ganz einfach, einem „flüchtling“ alles mögliche zu unterstellen. „flüchtling“ ist schnell eine identität für jene, die keine wirkliche identität haben dürfen.

wie gesagt, ich lade euch alle ein, das wort flüchtling abzuschaffen.

das soll nicht heissen, dass wir ignorieren oder vergessen wollen, warum und dass ihr hier nicht freiwillig bei uns seid.

wir müssen uns auch bewusst machen, dass die gründe, die euch hierher kommen haben lassen, immer auch mit uns zu tun haben, ja oft sehr nachvollziehbar mit jenem system zu tun haben, von dem wir profitieren und viele, sehr viele andere verlieren.

es wäre auch nicht richtig, weil sehr naiv, so zu tun, als hättet ihr ohnehin die gleichen chancen, wie alle anderen auch, als wäre alles an schwierigkeiten schon vorbei und überwunden.
aber ich will nicht mehr „flüchtling“ zu euch sagen, sondern „willkommene“.

wir streichen das wort „flüchtling“ und sagen „willkommene“ zu euch.

ich glaube, es ist wesentlich, die bilder in unseren köpfen zu verändern.
nur dann kann sich auch in der wirklichkeit etwas verändern.

wenn wir euch als „willkommene“ bezeichnen, dann ist das auch programm für unser handeln:

willkommene – lassen wir uns nicht einfach wegnehmen.
willkommene – dürfen damit rechnen, wirklich aufgenommen zu werden.
willkommene – gehören zu uns.

wesentlich ist auch, dass alle willkommen sind.
alle, die grund genug hatten, alles aufzugeben um hier bei uns in sicherheit ein leben aufzubauen, alle die da sind, um zu bleiben. ich kann und will mir kein recht nehmen, zu entscheiden, wer willkommen sein soll und wer nicht.

es muss also auch egal sein, ob euer schicksal den medien bekannt ist oder nicht, ob journalistinnen über euch schreiben oder nicht, ob politikerinnen euch kennen oder nicht, ob ihr sympathisch oder zurückgezogen, laut oder leise, gesprächig, lächelnd, trauernd oder depressiv, kraftstrotzend oder krank, schwach oder sportlich, ob ihr jung seid, oder älter, ob ihr christen, moslems oder sonst religiös seid oder euch keiner religion zugehörig fühlt, ob ihr herausragende fähigkeiten habt oder bisher keine bildung hattet, welche visionen euch antreiben, welche träume ich habt, ob ihr hetero-, homosexuell, ob ihr frau, mann oder transgender seid, ob ihr familie und kinder habt oder ganz allein da seid.

ihr seid alle willkommen. kein mensch ist illegal.

das wars mit der abschaffung.

und nun noch zum „mehr“ werden lassen:

wenn nun nach erfolgreicher abschaffung dieses fest nun neu heisst:

willkommene feiern, und wir feiern mit!

dann erleben wir sofort, wie schnell
die abschaffung den mehrwert dieses festes steigert,
wie „feiern“ eine neue qualität bekommt.

oft genug müssen wir über die traurigen zustände sprechen,
die euer hiersein gefährden.

oft genug sind wir gezwungen uns alles mögliche und unmögliche einfallen zu lassen, um euch hier bei uns bleiben zu lassen.

wenn wir nun alle gemeinsam feiern,
dass ihr willkommen seid,
dann können wir aus solchen festen genau jene kraft schöpfen,
die wir alle brauchen werden,
um etwas zu verändern.

wir bedanken uns bei euch,
ihr verändert unsere welt durch euer hier sein.

lasst uns das feiern.

Autor: bernhardjenny

kommunikationsgestalter meine unternehmen: jennycolombo.com, conSalis.at blogger, medienkünstler, autor, erwachsenenbildner salzburg - wien

2 Kommentare zu „eine abschaffung. und ein mehr.“

  1. Danke für diese Worte! Mögen sie in den Köpfen der Menschen Wurzeln schlagen und eines Tages Früchte tragen!

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