dass donald trump erneut zum präsidenten der vereinigten staaten gewählt wurde, sorgt für erstaunen, unverständnis, verärgerung und verunsicherung. viele beobachter:innen fragen sich nun, was dies über die amerikanische gesellschaft aussagt und welche konsequenzen dieser wahlsieg für europa und die welt haben wird. die tatsache, dass die wähler:innen sich gegen die amtierende vizepräsidentin kamala harris und für den polarisierenden republikaner entschieden haben, zeigt, wie tief die spaltung in den usa verankert ist. dieser wahlausgang wirft nicht nur fragen über die qualität der demokratie und den zustand der schwarmintelligenz auf, sondern hat auch weitreichende implikationen für die internationale gemeinschaft.
der wahlsieg von trump könnte bedeuten, dass seine basis ihn als eine art „stimme des volkes“ betrachtet – jemand, der gegen das establishment und vermeintliche eliten aufsteht. diese wahrnehmung wird durch die zunehmende entfremdung großer teile der amerikanischen gesellschaft von den traditionellen medien und etablierten politiker:innen verstärkt. trump ist in der lage, die gefühle der unzufriedenheit und des misstrauens gegenüber institutionen zu kanalisieren, und viele menschen sehen in ihm einen kämpfer, der für sie eintritt.
kamala harris hingegen wurde von vielen als vertreterin der bestehenden machtverhältnisse wahrgenommen. als frau und als erste schwarze und südasiatisch-amerikanische vizepräsidentin steht sie zwar für diversität und fortschritt, doch diese werte werden von einem teil der amerikanischen bevölkerung nicht als prioritäten angesehen. stattdessen sehnen sich viele wähler:innen nach einer politik, die ihrer ansicht nach traditionelle werte und wirtschaftliche stabilität betont – bereiche, die sie eher mit trump als mit harris in verbindung bringen.
medien und der einfluss von desinformation
ein bedeutender faktor für trumps wahlsieg ist seine fähigkeit, die sozialen medien effektiv zu nutzen. durch plattformen wie twitter und truth social spricht er seine anhängerschaft direkt und ungehindert an und umgeht dabei traditionelle medien, die er als parteiisch darstellt. diese kommunikationsstrategie stärkt seine anhänger:innen und schwächt gleichzeitig das vertrauen in etablierte nachrichtenquellen. in einer ära, in der die verbreitung von desinformation eine große rolle spielt, sind trumps einfache botschaften und die wiederholung von slogans wie „fake news“ extrem wirkungsvoll.
zudem haben desinformation und gezielte manipulationen durch in- und ausländische akteur:innen das politische klima vergiftet und die fähigkeit der wähler:innen, objektive entscheidungen zu treffen, erschwert. durch den zugang zu alternativen medienplattformen und die zunehmende akzeptanz extremer ansichten entsteht eine informationsumgebung, in der einfache und polarisierende botschaften wie die von trump erfolgreich wähler:innen mobilisieren.
trump ist es anscheinend gelungen, seine erste amtszeit als eine zeit wirtschaftlichen aufschwungs darzustellen – obwohl diese darstellung von vielen expert:innen angezweifelt wird. dennoch verknüpfen viele amerikaner:innen ihn mit einer phase relativer wirtschaftlicher stabilität, die sie vor der pandemie erlebten. die aktuelle wirtschaftliche unsicherheit, geprägt von inflation und den nachwirkungen der pandemie, hat viele menschen verunsichert und dazu gebracht, nach einem vertrauten gesicht zu suchen, das ihnen das gefühl von wirtschaftlicher sicherheit gibt. trump verkörpert offensichtlich für viele diesen wunsch nach stabilität und einer rückkehr zu besseren zeiten.
harris, als teil der biden-administration, wurde hingegen von vielen als mitverantwortlich für die aktuelle wirtschaftslage betrachtet. diese assoziation könnte trump entscheidende stimmen eingebracht haben, besonders in den gebieten, die stark unter den wirtschaftlichen auswirkungen der letzten jahre gelitten haben.
europa und die internationale gemeinschaft
die wahl trumps hat nicht nur innenpolitische konsequenzen, sondern verändert auch das internationale kräfteverhältnis. in seiner ersten amtszeit verfolgte trump eine „america first“-politik, die internationale partnerschaften wie die nato auf die probe stellte und den rückzug der USA aus verschiedenen internationalen abkommen bewirkte. seine wiederwahl bedeutet vermutlich eine rückkehr zu diesem außenpolitischen kurs. für europa ist dies eine herausforderung: die nato könnte weiter geschwächt werden, und das transatlantische verhältnis könnte erneut belastet sein.
ein zunehmend isoliertes amerika könnte die eu zwingen, ihre verteidigungspolitik eigenständiger zu denken. in fragen wie klimaschutz, internationaler handel und geopolitische stabilität könnte europa gezwungen sein, stärker auf eigenständige lösungen und neue partnerschaften zu setzen, was zu einer verschiebung der globalen machtbalance führen könnte.
auch im verhältnis zu ländern wie russland und china könnte sich eine neue dynamik entwickeln. trumps oft schwankender umgang mit autoritären regimen gibt anlass zur sorge, dass internationale abkommen und stabilitätsstrategien geschwächt werden könnten. ein mögliches ende von kooperationen oder die drosselung internationaler unterstützungsprogramme könnte die geopolitische unsicherheit erhöhen und europa vor zusätzliche herausforderungen stellen.
demokratie und schwarmintelligenz?
die erneute wahl trumps verdeutlicht, dass demokratie ein spiegelbild der gesellschaftlichen spaltungen ist und dass schwarmintelligenz möglicherweise nur dann funktioniert, wenn wähler:innen zugang zu objektiven informationen haben und vertrauenswürdige institutionen existieren. das prinzip, dass große gruppen zu guten entscheidungen kommen, scheint dann gefährdet, wenn desinformation und polarisierung überhandnehmen.
ein wahlergebnis wie dieses fordert demokratische gesellschaften auf, sich mit den grenzen ihrer eigenen funktionsweise auseinanderzusetzen. die frage stellt sich, ob mechanismen entwickelt werden könnten, um besser mit desinformation und manipulation umzugehen, um den einfluss solcher faktoren auf das wähler:innenverhalten zu verringern. demokratie basiert auf einer informierten wählerschaft – und wenn diese durch verzerrung und misstrauen in die institutionen beeinträchtigt wird, muss die gesellschaft – nicht erst seit heute – überlegen, wie sie sich erneuern kann, um langfristig stabil zu bleiben.
trumps wiederwahl zeigt, wie stark der einfluss der desinformation via social media auf das wahlverhalten sein kann. für europa und die welt bedeutet dies eine phase der unsicherheit und möglicherweise des wandels. die transatlantischen beziehungen könnten erneut belastet werden, und globale partnerschaften sowie die internationale stabilität stehen vor neuen herausforderungen.
die wahl trumps zum präsidenten markiert zudem einen moment, in dem demokratische prozesse kritisch hinterfragt werden müssen, um den einfluss von polarisierung und desinformation besser zu verstehen. das ergebnis könnte als mahnung dienen, dass demokratie zwar die mehrheitsentscheidung widerspiegelt, aber auch eine informierte und stabile gesellschaft erfordert, um langfristig die besten entscheidungen zu treffen. in dieser hinsicht könnte die erneute wahl trumps ein weckruf sein, wie wichtig es ist, vertrauen und den zugang zu objektiven informationen in demokratischen systemen zu sichern. das bedeutet größte anstrengungen gegen den widerstand der mächtigen. denn musk, besos, trump und co. wissen genau, was sie anstellen.
solange desinformation seriösen quellen überlegen ist, gilt:
schwarmintelligenz? doesn´t exist!
ps. ich bin viel aufgewühlter, als es dieser text vermuten lässt, aber ich musste dringend einige dinge für mich ordnen.
Dieser Blogpost ist in ähnlicher Form am 7.11.2024 auf DER STANDARD erschienen.