es geht um grundsätzliches. sehr grundsätzliches. inklusion ist längst ein unverzichtbares ziel für unserer gesellschaft. wenn es als unverzichtbar erkannt ist, dass wir menschen niemals aus unserer mitte drängen dürfen, dass ALLE einen anspruch auf die gemeinsamkeit unserer gesellschaft haben, dann kann dieser grundsatz nicht „gecancelt“ werden.
wenn landeshauptfrau burgstaller wieder einmal die kürzung von integrationsstunden in jenen salzburger schulen durchsetzen will, die bereits seit langem integration umsetzen, hat sie nicht erkannt, dass „sparen“ bei der inklusion bedeutet, menschenwürde zu verkaufen.
eine elterninitiative mit dem namen „pro integration salzburg“ hat sich gegen die kürzungspläne gestellt und fordert den erhalt der schulischen integration in salzburg.
allerdings haben zumindest nicht alle eltern-vertreterInnen begriffen, was inklusion wirklich bedeutet. lt. orf salzburg:
Nicht nur die Salzburger Lebenshilfe und Eltern behinderter Kinder protestieren nun dagegen, sondern vor allem Eltern nicht behinderter Kinder in Integrationsklassen, wie Vater Alois Autischer-Norman.
„Wir in der Vertretung aller Schulen in der Stadt Salzburg sind zum Großteil Eltern Nicht-Integrationskinder. So eine Solidarisierung hat es in Salzburg noch nicht gegeben“, meint der Elternvertreter.
ich muss alois autischer-normann da leider deutlich widersprechen. wie gesagt, es geht um grundsätzliches:
1. wenn er von „nicht-integrationskindern“ spricht, und damit kinder ohne erhöhtem förderbedarf meint, dann übersieht er, dass integration (ich spreche inzwischen lieber von inklusion) eben nicht nur vier oder sechs vulgo „behinderte“ kinder in einer klasse betrifft. in einer integrativen klasse sind alle kinder teil des integrationsprozesses, sind alle integrationskinder. denn alle profitieren von der ganzheit, die nur dann entsteht, wenn niemand ausgeschlossen wird. wer glaubt, dass integration die einen (die wenigen) betrifft, die anderen (die mehrheit) aber nicht, hat nicht verstanden, worum es geht.
2. wenn autischer-normann über die solidarisierung von eltern „nicht behinderter kinder“ behauptet, dass es das „in salzburg noch nicht gegeben“ hätte, dann muss ich ihn darauf hinweisen, dass eben jene schulen, in denen er selbst elternvertreter ist, im jahr 1989 ihren anfang genommen haben:
ich fühle mich vielen, sehr vielen aktiven eltern der gründungsphase der ersten integrativen volksschule und dann der hauptschule verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass es diese schulen wohl bis heute nicht gäbe, wenn es nicht jene forderung vieler eltern ALLER kinder gegeben hätte, dass die – damals besonders von einem landesschulratspräsidenten schäffer bekämpfte – integration endlich ermöglicht werden müsse. es war damals schon politisch bahnbrechend, dass eltern von kindern, die keinen erhöhten förderbedarf haben, die integration als qualität für ihre kinder und als prinzip für die gesamte gesellschaft forderten.
wohlgemerkt: ich habe die erklärung der pro-integration salzburg gerne unterschrieben und ich stehe hinter dem anliegen!
aber ich weiss aus meiner langjährigen tätigkeit als gründungsmitglied des damaligen vereins „integration mit montessori“ und später auch mitglied des kollegiums im landesschulrat salzburg, dass es sehr wichtig ist, auf die sprache zu achten, auf die details. denn sonst machen wir es den politischen gegenargumenten leicht, wenn wir vergessen, worum es wirklich geht.
und nicht zuletzt geht es um eine faire wertschätzung für die arbeit vieler eltern, die nicht eine bereits bestehende schule nutzen, sondern einen gänzlichen neuanfang riskieren wollten.
wieviel arbeit das bedeutet hat, wissen offensichtlich jene, die das ergebnis heute in anspruch nehmen, nicht mehr.
Lieber Bernhard, liebe Christina!
Herzlichen Dank für Eure Überlegungen. Es ist halt schon über 20 Jahre her, daß Eltern mit ihren Kindern ohne Behinderung über die Ringstraße für die Integration demonstrierten. Wir Eltern von Integration: Salzburg, die gibt es noch, wundern uns, warum sich die jungen Eltern nicht solidarisieren wie damals wir. Für mich war es ein eindrucksvolles positives Erlebnis, daß Eltern die kein Kind mit schulischen Förderbedarf hatten sich mit Eltern mit Kindern mit Behinderungen solidarisierten.
Vielen Dank für Euer Engagement und liebe Grüße von Heidi, Walter & Martin
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ich hab’s gestern deponiert:
Es ist eine ZUMUTUNG, dass Menschen mit Behinderungen um ihre „Integration“ in der Gesellschaft (Schulbildung ist wohl Teil unserer Gesellschaftsform) kämpfen müssen,
gerade so, als wäre sie nicht Teil dieser !!!
Leider hat sich an der Sichtweise, dass „Integration von Kindern mit Förderbedarf“ offensichtlich eine Art Luxus sei, den man sich halt leistet, wenn gerade Geld da ist, und auf den man verzichtet, wenn nicht genug Geld da ist, praktisch seit Jahrzehnten nichts, aber auch gar nichts geändert. Seit Beginn an, ist das Thema Integration ein Kampf und offensichtlich leider unabhängig davon, ob wir ÖVP- oder SPÖ-regiert sind.
Ich wünsche dem Protest viel Kraft und viel Erfolg –
der sicherlich nur dann erzielt werden kann, wenn sich die einzelnen Schulen NICHT gegeneinander ausspielen lassen!
Auch nicht integrative Stadtschulen gegen Kleinstschulen auf dem Lande!! Hier machen wir uns in vollkommen falscher Weise „gegenseitig zum Feind“.
Eine an die jeweiligen Erfordernisse angepasste und flexible Bildungpolitik sollte wohl im Interesse aller sein.
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… abgesehen davon, dass es einfach nicht stimmt, dass nicht genug geld da ist, das ist eine schutzbehauptung der politik, die sich zum komplizen der wirtschaftsverbrechen macht. geld ist vorhanden, es wandert nur in ganz andere „kanäle“.
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Die Unterscheidung von Menschen mit sogenannten Behinderungen und anderen ist sowas von UNMÖGLICH! Sind wir nicht alle Menschen, mit gleichem Recht auf gesellschaftliches Leben? Alle gemeinsam?
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Ja, wir sollten in der Schule ohne SPF
(Sonderpädagogischer Förderbedarf) Stempelchen auskommen. Aber die Gesellschaft hat die Schule im Stich gelassen, hat ihr bei weniger werdenden Ressourcen immer mehr aufgebührdet. Nur mit „Behinderung“ erwirbt man anscheinend ein Recht auf mehr Beachtung und Zuwendung.
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Lieber Bernhard!
Ich bin kein Gründungsmitglied und kein Mitstreiter der ersten Stunde. Habe aber auch schon 14 Jahre „Integrationskampf“ hinter mir und stehe nun mit Alois Autischer an den Info-Ständen und bei den Protesten. Die Gesichter sind vielleicht andere und die Sprache manchmal auch..aber die Sache ist die selbe.
Ich denke darum geht es …“Wissen ist Macht – nicht wissen macht manchmal auch nichts“
Liebe Grüße
Thomas
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lieber thomas, ich halte es wirklich für sehr wesentlich, dass gerade in politischen diskussionen genau und durchdacht vorgegangen wird. es ist also keine kleinigkeit, wenn in der integrations/inklusionsdebatte von einem sprecher der initiative vergessen wird, dass ALLE kinder in einer integrationsklasse integrationskinder sind.
ich erinnere mich selbst noch sehr genau an das verblüffte gesicht des damaligen landeshauptmanns katschthaler, als ich ihm sagte, dass ich nicht will, dass meinen kindern die integration verwehrt wird. darauf seine frage: „was, sie haben auch ein behindertes kind?“ ich: „nein, keines meiner kinder hat erhöhten förderbedarf, aber ich will trotzdem, dass sie von der integration profitieren. es ist eine lebensqualität, die meinem sohn verwehrt wird, wenn er nicht mehr mit ALLEN kindern in die schule gehen darf.“
katschthaler und schäffer warfen mir vor, „die sache zu verdrehen“. aber genau das ist der punkt: es geht nicht darum „dass dann mein kind weniger aufmerksamkeit bekommt“ wenn nur einE lehrerIn in der klasse steht. es geht darum, dass die GANZE gesellschaft eine GANZE bleiben muss, ohne trennung in solche und andere.
um deinen spruch aufzugreifen: nicht wissen ist manchmal ziemlich gefährlich. besonders in der politischen auseinandersetzung.
(und als „sprecher“ auf entgegnungen zu öffentlichen aussage einfach nicht antworten, macht einen ziemlich sprachlosen eindruck…)
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