iphone, amazon und kik sind nicht wirklich das problem.

foto: bernhard jenny

schon lange die iphone-fabriken. dann amazon und seine arbeitsbedingungen. und jetzt kik und seine eingestürzte fabrik mit vielen toten.

empörung. berechtigte empörung. nur trotzdem falsch. weil viel zu klein. viel zu punktuell. ja es stimmt, dass iphones unter für uns unglaublichen bedingungen hergestellt werden. aber eben nicht nur iphones. es stimmt vermutlich auch, dass amazon mit schrecklichen arbeitsverträgen mitarbeiterInnen extrem belastet. aber nicht nur amazon tut das. praktisch alles, was uns von heute auf morgen zugestellt wird, was uns zu unglaublich günstigen preisen schnell erreicht, geht auf kosten von menschen, die darunter leiden. und die eingestürzte kik-fabrik, die vermutlich keine war, sondern die eines subunternehmens eines subunternehmens eines subunternehmens? ja auch hier gilt. praktisch alles, was wir uns so anziehen, was wir so schnell günstig mitnehmen, wurde irgendwann unter drastischen rahmenbedingungen zusammengeflickt.

da ist kinderarbeit ebenso drin wie giftbelastung, wirkliche hungerlöhne und arbeitszeiten, die sonst kein leben ermöglichen.

gestern war tag der arbeit. die restlichen tage des jahres sollten tage der sklaverei sein. vermutlich käme das im sinne des ausmasses hin. nur zuviele produkte sind letztlich ergebnis von sklavInnenarbeit. manchmal in unserer nähe, viel öfter aber weit weg aus unserem blickfeld.

wer glaubt, dass das nur billigmarken oder nur „konventionelle“ ware betrifft, schaut weg. unser gesamtes wirtschaftssystem funktioniert nur, weil es diese ausbeutung gibt. gegen einzelmarken, gegen einzelunternehmen aufzustehen, mag uns beruhigen, das system wird dadurch nicht wirklich anders.

es ist einfacher gegen einzelerscheinungen zu unterschreiben.
wer veränderung wirklich will, müsste sich von diesem system verabschieden.

iphone, amazon und kik sind nicht wirklich das problem.

wo ist der fehler?

soeben auf ORF ONLINE gelesen:

Trotz steigender Arbeitslosigkeit scheint es in der Finanzbranche wieder aufwärtszugehen. Die zweitgrößte US-Bank JPMorgan überraschte am Mittwoch mit einem Gewinn von 2,4 Milliarden Euro. Auch bei Gehältern und Bonuszahlungen greifen die Unternehmen wieder tief in die Tasche. Berechnungen des „Wall Street Journal“ zeigen, dass die 23 US-Topbanken heuer über 95 Mrd. Euro an Gehältern zahlen. Das übertrifft sogar das Rekordjahr 2007.

wo ist der fehler?
gleich am anfang!
nicht „trotz steigender arbeitslosigkeit“ sollte es heissen, sondern „infolge steigender arbeitslosigkeit“. oder zumindest umgekehrt: die megagewinne der finanzhaie sind nur in einem system möglich, das die masslose bereicherung auf kosten vieler anderer erlaubt bzw. sogar mit unglaublichen summen fördert!

es ist wirklich unfassbar, was hier passiert. wie lange werden wir da noch einfach zusehen?
wie können wir dagegen aufstehen?

flüchtling oder mensch

blackbei uns läuten immer wieder flüchtlinge an. mal brauchen sie ein paar euro, dann wieder einen tipp oder eine hilfestellung. das geht seit jahren so, mal sind es viele, dann wieder weniger. da scheint es phasen zu geben.

oft ist es auch einfach das gespräch, das kurze berichten über erlebtes, das sie sonst kaum wo loswerden können. da hören wir dann von demütigenden polizeikontrollen, wo sie auf offener strasse die hose runterlassen müssen, oder von der geburt von kindern – eigentlich ein freudiges ereignis, wenn nicht beide eltern flüchtlinge wären. oft können wir nur ein klein wenig helfen, selten wirklich was dauerhaftes bewirken. befreundete rechtsanwälte und menschen in institutionen wissen bereits, dass wir öfter mal anrufen und beraten, was in dem einen oder anderen fall gemacht werden kann.

es sind die „kleinigkeiten“ des alltags, die besonders jenen, die auf die zusage oder ablehnung ihres asylantrages warten, zu schaffen machen: heute eine rechnung über einen krankenhausaufenthalt, ein andermal eine strafe wegen schwarzfahrens im bus usw.

irgendwie bin ich froh, dass diese menschen den weg zu unserem haus finden, offensichtlich unsere adresse auch schon untereinander weitergeben. ich denke, dass wir auf diese weise fast täglich an eine realität in unserem land erinnert werden, die wir sonst nur aus den medien kennen würden. unsere „probleme“ haben gesichter, haben namen und grüssen uns freundlich.

heute war für mich ein besonders rührender moment. einer unserer „besucherInnen“ hatte von meinem sohn letzte woche erfahren, dass ich geburtstag hatte. mit dem nichts, worüber er verfügen kann, hat er es sich dennoch nicht nehmen lassen, mir heute einen aceto balsamico und eine flasche wein als geschenke zu bringen. hübsch eingepackt in geschenkpapier. und mit grüssen von NN.

ich war wirklich zu tränen gerührt, weil ich dem moment spürte, wie dankbar dieser NN. für ein paar kurze worte und ein paar euro sein musste. und immer wieder erzählt er uns, wie unglaublich fad ihm sei, dass arbeit, irgendeine arbeit für ihn das höchste wäre, natürlich auch wegen dem geld, aber auch, um die selbstachtung aufrecht erhalten zu können.

das schlimme: selbst wenn wir oder sonst jemand arbeit hätte, es wäre illegal und ein schritt richtung sichere abschiebung.

und das ist das schlimmste: manche namen, an die wir uns schon so gewöhnt haben, kommen urplötzlich nicht mehr, manchmal erfahren wir es gar nicht, manchmal erst viel später: abgeschoben, weg, draussen.

und das drama beginnt von vorne…