rechtsextremismus bleibt rechtsextremismus: „usancen“ können keine rechtfertigung sein.

die wahl von walter rosenkranz zum ersten nationalratspräsidenten markiert einen wendepunkt in der österreichischen politik – jedoch nicht im positiven sinne. die entscheidung, einen mann zum höchsten amt im parlament zu erheben, der einst die rolle prominenter nationalsozialisten in österreichs geschichte in verharmlosender weise würdigte, kann als schlag ins gesicht der demokratie und ihrer werte gesehen werden. es handelt sich nicht nur um eine provokation, sondern um eine bedenkliche verschiebung in richtung einer politischen kultur, die die opfer des nationalsozialismus missachtet und demokratie und rechtsstaatlichkeit untergräbt.

rosenkranz, mitglied der fpö und angehöriger der schlagenden burschenschaft libertas, hat sich in der vergangenheit mehrfach problematisch geäußert und positionen vertreten, die zumindest als bedenklich gelten müssen. insbesondere seine äußerungen in bezug auf johann karl stich, einen bekennenden nationalsozialisten und maßgeblichen akteur im ns-justizsystem, werfen fragen zur politischen haltung von rosenkranz auf. im jahr 2009 würdigte er stich als „leistungsträger in österreich“, ohne dabei dessen verbrechen im ns-regime auch nur zu erwähnen. stich war ein überzeugter nationalsozialist und trug direkt zur ermordung von widerstandskämpfern und zwangsarbeitern bei. rosenkranz jedoch beschrieb ihn als historisch wichtige figur. eine solche verharmlosung kann nicht nur als ein affront gegen die opfer des ns-regimes und deren nachkommen verstanden werden, sondern auch als ein ausdruck einer besorgniserregenden ideologie.

dass nun ausgerechnet rosenkranz zum ersten nationalratspräsidenten gewählt wurde, bedeutet, dass er eine position innehat, die unmittelbar mit der erinnerungskultur und den demokratischen grundwerten der republik verbunden ist. in dieser rolle führt der nationalratspräsident auch das kuratorium des nationalfonds für die opfer des nationalsozialismus an – eine institution, die das leid und die verluste der ns-opfer anerkennt und diese öffentlich aufarbeitet. die wahl von rosenkranz wirft daher die frage auf, wie jemand, der wiederholt apologeten und unterstützer des ns-regimes gewürdigt hat, glaubwürdig dieser verantwortung gerecht werden soll.

die verteidigung der wahl von rosenkranz durch einige stimmen aus verschiedenen politischen lagern, wonach diese der „usance“ entspreche, dass der nationalratspräsident aus den reihen der stimmenstärksten partei komme, zeigt eine alarmierende oberflächlichkeit. 

demokratie ist mehr als das befolgen formalistischer gepflogenheiten. gerade im höchsten amt des parlaments und zweithöchsten amt im staat sind nicht bloß parlamentarische traditionen zu respektieren, sondern werte wie menschenrechte, toleranz und das bekenntnis zur demokratie selbst zu verteidigen. die bloße tradition darf nie über den demokratischen grundkonsens gestellt werden, der österreich und seine institutionen schützt. eine tradition zu befolgen, ungeachtet der werte und der geschichte des jeweiligen kandidaten, ist fatal und stellt ein gefährliches signal für die zukunft dar. oder zählt rechtsextremismus für manche parlamentarier:innen zu den österreichischen gewohnheiten?

die wahl von rosenkranz zum nationalratspräsidenten kann auch als relativierung der ns-zeit gelesen werden und als ein schritt weg von der klaren abgrenzung gegen faschistische und nationalistische strömungen. sie lässt befürchten, dass die erosion demokratischer werte (vielleicht gar nicht mehr so) still und leise voranschreiten kann – solange sie mit formellen traditionen gerechtfertigt wird. mit seinen reszenten ausführungen über die angeblich wichtige rolle der burschenschaften für unsere gesellschaft verstärkt sich dieser eindruck. 

es ist daher nicht nur an der zeit, dass sich alle demokratisch gesinnten bürger:innen und politiker:innen gegen solche vorgänge aussprechen, sondern dass auch vehement gegen jene entwicklungen angekämpft wird, die langfristig die werte gefährden, auf denen die zweite republik gegründet wurde.

rechtsextremismus bleibt rechtsextremismus: „usancen“ können keine rechtfertigung sein.

bild: screenshot ORF 20241024 | bearb. b.j.

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Autor: bernhardjenny

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