die kürzlich von integrationsministerin susanne raab vorgestellten pläne zur einführung einer „österreichischen leitkultur“ werfen zahlreiche fragen auf und stoßen auf erhebliche kritik. die vorstellung, dass es eine einheitliche kulturelle norm geben sollte, an die sich alle anpassen müssen, ist nicht nur problematisch, sondern widerspricht auch den grundsätzen einer pluralistischen gesellschaft. der fokus auf zuwander:innen als zielgruppe dieser kulturmaßnahmen, wie in der pressekonferenz betont, verkennt die tatsache, dass kulturelle vielfalt eine stärke und keine bedrohung darstellt.
eine zentrale kritik an raabs plänen ist der paternalistische ansatz, der impliziert, dass bestimmte kulturelle praktiken überlegener sind und übernommen werden müssen. die rede von „nulltoleranz“ gegenüber bestimmten verhaltensweisen von muslim:innen – wie dem verweigern des handschlags mit frauen oder der nichtteilnahme am schulischen schwimmunterricht – zielt einseitig auf spezifische kulturelle gruppen ab und fördert damit stereotype und diskriminierung. es ist besorgniserregend, dass diese diskussion von einer verengung auf kulturelle differenzen geprägt ist, anstatt eine inklusive debatte über gemeinsame werte und rechte zu fördern.
die vorgeschlagene verknüpfung von integrationsleistungen mit der kürzung von sozialhilfe ist ein weiteres beispiel für die problematische herangehensweise der ministerin. anstatt konstruktive maßnahmen zur förderung der integration zu ergreifen, setzt raab (die eigentlich für integration verantwortlich wäre) auf sanktionen und drohungen. dies zeigt eine fundamentale fehleinschätzung des integrationsprozesses: integration kann nicht durch zwang und druck erreicht werden, sondern erfordert eine ernsthafte auseinandersetzung mit den herausforderungen und bedürfnissen aller beteiligten.
statt eine starre und einseitige „leitkultur“ zu propagieren, sollte sich die österreichische gesellschaft auf die in der verfassung verankerten universellen menschenrechte als leitprinzip besinnen. menschenrechte bieten eine stabile grundlage für ein friedliches und gleichberechtigtes zusammenleben. sie garantieren die freiheit und würde aller menschen, unabhängig von ihrer kulturellen herkunft oder religion. eine gesellschaft, die sich auf menschenrechte stützt, fördert den respekt vor der vielfalt und schafft raum für unterschiedliche lebensentwürfe.
die diskussion um eine „österreichische leitkultur“ lenkt von den wirklichen herausforderungen ab, die in der sicherstellung der gleichberechtigung und der bekämpfung von diskriminierung bestehen. eine solche debatte kann leicht dazu führen, dass gesellschaftliche spaltungen vertieft und minderheiten marginalisiert werden. es ist daher dringend erforderlich, dass wir uns von konzepten verabschieden, die darauf abzielen, menschen in kulturelle schubladen zu stecken, und stattdessen eine kultur des respekts und der offenheit fördern. geschlechterdiskriminierung fand und findet in unserer gesellschaft leider immer noch überall statt, in allen schichten, nicht erst durch zuwanderung!
eine nachhaltige und gerechte gesellschaft kann nur durch die achtung und umsetzung der menschenrechte erreicht werden. diese rechte sind universell und unteilbar und sollten das fundament unseres zusammenlebens bilden. anstatt auf eine fragwürdige und exklusive „leitkultur“ zu setzen, sollten wir alle kräfte darauf konzentrieren, die verfassungsrechtlich geltenden menschenrechte zu stärken und ihre umsetzung in allen lebensbereichen zu gewährleisten. dies wäre der wahre fortschritt, den wir als gesellschaft anstreben sollten.
wir brauchen eine
leitkultur menschenrechte statt leidkultur der övp
_________
bild: pixabay
dieser blogpost ist in leicht veränderter form am 12.8.2024 auf derstandard.at erschienen