ich bekenne naiv gewesen zu sein. in meinen jungen jahren dachte ich ernsthaft, dass das schreckliche, das unvorstellbare, das „gerade eben“ vor meiner zeit passiert war, uns dauerhaft verpflichtet. ein „nie wieder“ schien mir selbstverständlich. ja, da und dort waren ein paar „ewiggestrige“ über, aber die mehrheit, die ganz grosse, die – so dachte ich – hat verstanden, was das erbe der überlebenden und nachfolgenden generationen ist.
und ich dachte, dass die erklärung der menschenrechte so etwas wie der verbindliche standard einer verantwortlichen welt wäre. wir engagierten uns in amnesty gruppen um den fernen diktatoren mal so richtig per brief unsere meinung zu sagen, sie von ihrem wahnsinn abzuhalten. und ich dachte, dass in unseren gesellschaften ein weg in eine bessere gesellschaft beinahe zwingend logisch vorgezeichnet ist.
ja ich war naiv. sehr naiv. und ich bin vermutlich nicht der einzige. wenn wir heute die augen öffnen, was da und dort aufbricht, wer da und dort tabus als solche nicht mehr akzeptiert und welche aussagen manche unverhüllt treffen, dann muss uns so ein gedenktag anlass sein, alle naivität abzulegen.
vieles war nie wirklich weg, so manche haltungen wurden nur nicht laut gesagt und heute tauchen sie als brandaktuelle politpositionen wieder auf. unsere gesellschaft ist eben nicht auf einem gesicherten weg, sondern wieder in gefahr. mit krise, ausländerhass, rassismus und gegenseitiges ausspielen der schwachen und armen erleben wir ein spannungsfeld, das selbst das „nie wieder“ nicht mehr als selbstverständlich erkennen lässt.
wenn gedenken sinn haben soll, muss schluss mit jeder naivität sein.
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foto: corsi michele creative commons CC BY-NC-ND 2.0
flickr.com/photos/34560988@N08/
Wenn wir uns alle nicht gegeneinander aufhetzen lassen, benützen lassen und wir selber sind, dann kann es ganz langsam ein „nie wieder“ geben! Es sollte uns klar sein, dass wir politisch benützt werden!
„Menschen zu Mensch ist eine Brücke! Wir ziehen derzeit die Zugbrücken hoch! Ein Land verblödet, wenn keine Menschen von aussen herein kommen! Es muß immer ein Ein und ausatmen geben!“
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