2 minuten triggerwarnung zum weltflüchtlingstag

es ist vermutlich kein zufall, dass gerade in den tagen vor dem heutigen weltflüchtlingstag schreckliche stories den weg in die wichtigsten medien schaffen. schliesslich existiert immer ein „überangebot“ an nachrichten, die redaktionen müssen täglich, stündlich filtern, aber wenn wieder mal der 20.6. naht, dann gibt es plötzlich wieder mehr sendeplatz oder druckspalten für das, was in wirklichkeit grausamer alltag überall dort ist, wo menschen versuchen, sich, oder ihre familien, ihre kinder in sicherheit zu bringen.

vor einem jahr war es das grossverbrechen bei cutro und pylos in griechenland, das mediale aufmerksamkeit bekam. hier geht es zum blog aus dem vorjahr: https://bernhardjenny.blog/2023/06/18/7-fakten-und-1-frage-zu-cutro-und-pylos/

heuer alarmierte uns ein bericht der bbc:

„Mindestens 40 Menschen sollen laut „BBC“ in den letzten drei Jahren aufgrund von Aktionen der griechischen Küstenwache im Mittelmeer ums Leben gekommen sein. Dazu zählen auch neun Migranten, die Berichten zufolge von den Beamten absichtlich ins Wasser geworfen worden sein sollen.“
(focus, 17.6.2024)

ist das den politisch (un)verantwortlichen in griechenland und in der EU egal, was hier verbrochen wird? löst das nirgendwo mehr betroffenheit, bestürzung, entsetzen aus?

triggerwarnung!

nehmen wir uns 10 minuten zeit, nein 5, ok dann halt 2 minuten.

eine minute lang versetzen wir uns in die rolle desjenigen beamten, der einen hilflosen menschen mit kabelbinder fesselt:

lässt er es sich anmerken, was er mit dem armen vor hat, weil es eh schon egal ist, oder beteuert er vielleicht, dass das jetzt nur eine sicherheitsmassnahme sei?
bringt er ihn auf das boot der küstenwache unter einem vorwand? oder sagt er ihm zynisch auch noch, dass es jetzt ans sterben geht?
stellt er sich der panik, die er mit seinem handeln beim opfer auslöst, spürt er die verkrampfungen, das zittern, riecht er den angstschweiss?
handelt er auf eigeninitiative, die von den anderen geduldet wird oder ist es ein kollektives „werfen wir sie den fischen zum frass vor“?
was geht in diesem menschen, der gerade zum mörder wird, vor?
wie führt er den stoss aus, mit dem er den gefesselten ins meer hinab stürzt?
blickt er ihm nach? oder dreht er sich um und geht?

eine zweite minute lang versetzen wir uns in die rolle des hilflosen menschen, der gefesselt ins meer geworfen wird:

versteht er, was der beamte mit ihm vor hat? ahnt er, dass das jetzt das ende sein wird?
überkommt ihn panik, wut, schreit er?
versucht er sich loszureissen, die fesseln zu lösen oder ergibt er sich dem schicksal?
versucht er den beamten mit flehenden worten und gesten umzustimmen? reisst er die augen auf vor entsetzen? blickt er in die runde der anderen beamten um einen, einen einzigen menschen zu finden, der ihn retten könnte, der dem morden einhalt gebieten könnte?
denkt er an seine familie, von der er nicht einmal weiss, ob sie jemals erfahren werden, was hier mit ihm gerade geschieht?
was geht ihm in dem moment durch den kopf, wo er den letzten menschlichen körperkontakt, den stoss des beamten spürt und deshalb hilflos ins meer stürzt?
wie lange wird sein überlebenskampf dauern?

zwei minuten um uns ein bild herbeizuholen, das zum alltagsgeschäft zu gehören scheint.
mord als business as usual?

können wir verbrechen noch als solche erkennen und sie benennen, sie bekämpfen, gegen sie aufstehen, oder drehen wir uns weg?

2 minuten triggerwarnung zum weltflüchtlingstag

bild: iStock, bearb. b.jenny

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Autor: bernhardjenny

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